Nach dem 1:1-Remis gegen den Tabellenvorletzten und unmittelbaren Konkurrenten Wuppertaler SV ist bei Holstein Kiel Gewissheit eingekehrt. Gewissheit, dass es in dieser Saison wohl nicht für den Klassenerhalt in der 3. Liga reichen wird. Am Mittwoch um 19 Uhr geht es gegen den VfB Stuttgart II in das erste der vorerst letzten zehn Drittliga-Spiele, außer Christian Wück gelingt noch der tiefe und erfolgreiche Griff in die Trickkiste.
Retter oder Feuerwehrmann – es gibt Trainer im Profifußballgeschäft, welchen dieser Ruf vorauseilt.
Jörg Berger rettete einst Eintracht Frankfurt, dem FC Schalke 04 und dem 1. FC Köln den Bundesliga-Klassenerhalt. Oder Hans Meyer: Er leistete beim 1. FC Nürnberg und bei Borussia Mönchengladbach ganze Arbeit und verhinderte den Abstieg seiner Mannschaften. Wenn es also tatsächlich einen personalisierten Last-Minute-Nichtabstiegsschleudersitz gibt, zeichnet diesen eine große Erfahrung im Trainer-Business, eine außergewöhnliche Motivations-Rhetorik und vor allem eine optimale Kombination aus richtigem Bauchgefühl und glücklichem Händchen aus. Zusammengefasst, die Eigenschaft aus einer bereits als ligauntauglich abgestempelten Mannschaft dennoch das Maximum herauszuholen. Sollte Mirko Slomka in Hannover, Friedhelm Funkel in Berlin oder Christian Wück in Kiel dieses in dieser Saison noch gelingen, würden sie sich wohl in den Reigen der Feuerwehrmänner einreihen können.
Wück wohl eher kein Typ „Retter“
Gleicht man die drei eben aufgezeigten Attribute mit dem aktuellen Trainer der KSV Holstein ab, findet man leider keine Übereinstimmung. Christian Wück ist erst in seinem vierten Jahr als Profitrainer. Aussagen „Wir müssen Kämpfen bis zum Umfallen“ hat jeder Fußballer bereits in seinen frühen Jugendjahren von Freizeittrainern in Ehrenamtspositionen erfahren und auch ein glückliches Händchen in puncto System, Aufstellung oder Auswechslungen ist dem ehrgeizigen Franken leider nicht anzuheften. Zugegeben: Zuletzt waren ihm hier durch Verletzungen und Erkrankungen die Hände gebunden. Warum wir uns dieser Analyse überhaupt widmen? Ein Feuerwehrmann wäre der letzte Hoffnungsträger für einen Verbleib in Liga Drei für die KSV Holstein gewesen. Die Mannschaft konnte am vergangenen Sonntag zum wiederholten Male gegen einen der wohl schwächsten Konkurrenten der Liga nicht belegen, besser zu sein und vor allem zählbare Belege zu erarbeiten, die auf Tore- und Punktekonto Besserung zeigen. Das 1:1 gegen Wuppertal öffnete viele Augen.
VfB II auf dem Weg ins sichere Tabellenmittelfeld
So ging es für die Störche am Dienstag nach Stuttgart. Dort wartet am Mittwoch-Abend in der GAZI-Arena die Reserve des VfB Stuttgart. Die junge Mannschaft von Trainer Jürgen Seeberger hat das erreicht, was Holstein für das Jahr 2010 angestrebt hatte: Nach der Hinserie mit 22 Zählern dicht an den Abstiegsrängen (Holstein hatte zu diesem Zeitpunkt 19) holten die Schwaben zuletzt aus sieben Partien 13 Punkte und verschaffte sich etwas Luft nach unten. Nach Siegen gegen gegen den SV Sandhausen und bei Borussia Dortmund II soll nun der dritte Dreier in Folge gegen Holstein Kiel eingefahren werden. „Das wird eine ganz schwere Aufgabe. Wir dürfen gegen Kiel nicht nachlässig werden und müssen Konstanz zeigen“, so Seeberger, der seine komplette Mannschaft zur Verfügung hat.
Magen-Darm-Virus und Auswärtsspiel verleihen negative Vorzeichen
Anders Holstein-Coach Christian Wück, der sogar zuletzt Francky Sembolo, nach der Winterpause in die U23 verbannt, reaktivierte, da der Magen-Darm-Virus nun auch Massimo Cannizzaro niedergestreckt hat und sich wie Maskottchen „Stolle“ in der Mannschaft heimisch fühlt, Spieler um Spieler „abklatscht“. Immerhin kehren Abwehrspieler Sven Boy und Christopher Lamprecht nach abgesessener Sperren zurück ins Team. Ein weiteres schlechte Vorzeichen: Auswärts konnte Holstein zuletzt noch weniger überzeugen als Zuhause: Vier Auswärtspleiten bei 1:13 Toren in Folge geben weiter wenig Anlass zur Hoffnung, dass ausgerechnet jetzt der Knoten platzen könnte. Immerhin: Frei nach dem Motto „Ist der Ruf erst ruiniert lebt es sich ganz ungeniert“ können die Holstein-Profis frei aufspielen. Der Glaube, die fünf Punkte bis zum Nichtabstiegsplatz selbst bei noch 30 zu erreichenden Zählern einzufahren, sind anlässlich der zuletzt gezeigten spielerischen Leistungen, bei allem vorhandenen Kampf und Wille, auf einen Nullpunkt gesunken. Jetzt bleibt nur noch der Mut der Verzweiflung, sonst lebt es sich künftig isoliert.
Voraussichtliche Aufstellung:
Frech – Lamprecht, Müller, Boy, Jürgensen – Jerat, Schulz – Heider, Holt, Meyer – Wulff.
Anstoß ist um 19 Uhr in der GAZI-Arena