In meiner Serie „Butenschön Backstage“ schnuppere ich in verschiedene Berufe herein, um dort einen Einblick in den Alltag zu bekommen. Heute bin ich backstage bei der Berufsfeuerwehr Kiel
„Wenn ich groß bin, werde ich Feuerwehrmann!“ Welches Kind wünscht sich das nicht? Doch mit dem Erwachsenwerden nimmt dieser Traum immer mehr ab. „Das liegt vor allem daran, dass die Belastungen im Job stark zugenommen haben und es eine wachsende Konkurrenz zur freien Wirtschaft gibt“, erklärt mir Heiko Strzylecki (46). Heiko ist seit 1999 bei der Berufsfeuerwehr Kiel angestellt. Er gibt mir heute einen sehr interessanten Einblick in die Ausbildung, die Anforderungen und den Alltag eines Berufsfeuerwehrmanns, und ich stelle schnell fest: Ich könnte ihm stundenlang zuhören. Denn eins ist gewiss, hier gleicht kein Tag dem anderen.
Wir nehmen in der Feuerwehr-Leitstelle an einem Schreibtisch vor fünf großen Bildschirmen Platz und ich erfahre nun, was eigentlich passiert, wenn irgendwo in Kiel, Rendsburg-Eckernförde oder Plön jemand die 112 wählt. In den seltensten Fällen brennt es übrigens. Technische Hilfeleistung, eine Ölspur, Wasserrohrbruch oder der Klassiker „die Katze auf dem Baum“, sind der Alltag. Alltag sind auch Anrufe psychisch auffälliger Menschen, die sich häufiger als nötig melden, um vielleicht einfach nur zu plaudern oder diejenigen, die sich Notfälle einfach ausdenken. Dennoch muss bei jedem Anruf entschieden werden, ob ein Rettungsdienst notwendig ist. Egal was am anderen Ende der Leitung passiert, es gilt eine Rettungs- und Hilfsfrist von 12 Minuten. Dann müssen die Einsatzkräfte vor Ort sein. Für Heiko am Telefon bleiben also nur ein paar Sekunden und dafür sind die vielen Bildschirme so nützlich. Während er wesentliche Infos erfasst, kann er auf den Nebenbildschirmen den Notruf orten und herausfinden, welcher Rettungswagen in der Nähe verfügbar ist. Ruhe zu bewahren ist enorm wichtig, denn die Anrufer sind oft aufgeregt und durcheinander. Manchmal bleibt Heiko dann auch in der Leitung, bis die Rettungskräfte eintreffen.
Zum Beispiel bei einer Telefon-Reanimation, oder wenn es keine Hoffnung mehr gibt als seelischer Beistand. Eine Telefon-Reanimation ist auch für erfahrene Feuerwehrmänner eine harte Erfahrung. Deswegen wird der Reanimationsablauf von einem Bildschirm abgelesen. Wenn es um Leben oder Tod geht, wird nichts dem Zufall überlassen. So hat Heiko vor einigen Jahren einem 18 Monate alten Jungen das Leben gerettet, der in den Gartenteich gefallen war und buchstäblich ertrank. Seine aufgelöste Mutter hat ihn unter Heikos Anleitung reanimiert. Ihr Sohn hat ohne bleibende Schäden überlebt. Dieser Notruf wird angehenden Feuerwehrleuten heute oft als Paradebeispiel für Extremsituationen vorgespielt.
Auch ich darf den Notruf heute hören und kann gar nicht glauben, dass real ist, was ich da höre. Nach all den spannenden, traurigen und lustigen Erzählungen will ich nun auch endlich mal selbst bei einem Notruf live am Telefon dabei sein, aber wie ich heute erfahre, passiert manchmal auch einfach nichts. Wir warten darauf, dass das Telefon klingelt, aber es klingelt nicht. Und wenn, dann haben sich die Anrufer verwählt oder es gab einen ahnungslosen Anruf aus irgendeiner Kieler Handtasche. Darüber darf man sich natürlich eigentlich nicht ärgern, kein Notruf, keine Not!