Die Kieler Initiative „Rockzipfel“ könnte freiberuflichen Müttern und Vätern dank kinderfreundlichem CoWork-Prinzip ganz neue Perspektiven bieten
Drei Frauen, ein Ziel: Ein CoWorking-Space für Eltern in Kiel. Während Ann-Katrin Gnutzmann Anfang des Jahres über soziale Medien nach Leuten suchte, die daran interessiert sein könnten, stellten Sabrina Theophil und Gina Jaschik zeitgleich erste Überlegungen in den Aufbau eines Rockzipfel-Projektes an. Bei einem Treffen im März fiel dann der Beschluss, den gemeinsamen Traum auch gemeinsam verwirklichen zu wollen.
Doch woher kam die Motivation der drei Frauen? Die 28-jährige Ann-Katrin Gnutzmann ist seit fünf Jahren staatlich examinierte Hebamme, ihre Kinder kamen 2016 und 2018 zur Welt: „Freiberuflich habe ich schon seit dem Ende meiner Ausbildung gearbeitet, doch in den letzten zwei Jahren begann ich, die Art meiner Arbeit zu verändern. Ich liebe meine Kinder und möchte für sie da sein. Doch habe ich mich intellektuell unterfordert gefühlt und wollte unbedingt wieder arbeiten, ohne meine Kinder dafür abgeben zu müssen. Daher habe ich angefangen, Online-Hebammenkurse zu kreieren, die ich auf www.foerdematz.de anbiete.“
Gina Jaschik (24) ist Mutter eines zweijährigen Sohnes. Die Freiberuflerin arbeitet als pädagogisch-psychologische Eltern- und Familienberaterin und „Kinder besser verstehen“-Kursleiterin. Zudem ist sie Schauspielerin und Inhaberin der Schauspielschule „Act to Grow“. Die Dritte im Bunde, Sabrina Theophil, arbeitet seit 2016 als freiberufliche Webdesignerin. „Als meine Tochter im November 2017 auf die Welt kam, beschloss ich, aus meiner nebenberuflichen Tätigkeit eine hauptberufliche zu machen, damit ich von zu Hause aus arbeiten kann und mein Kind nicht abgeben muss. Doch je älter sie wurde, desto schwieriger ließ sich das umsetzen. So kam die Idee für das Rockzipfel-Büro", so die 37-Jährige.
KIELerleben: Wo liegen Eurer Meinung nach die Vorteile in einer Kombination aus Betreuungs- und Arbeitsort?
Ein Vorteil eines Eltern-Kind-Büros ist die räumliche Nähe des Kindes zu den Eltern. So kann das Kind jederzeit zum Elternteil, zum Beispiel zum Trösten, Stillen oder Kuscheln. Es muss nicht den klassischen Trennungsschmerz durchlaufen – gerade, wenn es noch so klein ist. Solange das eigene Kind noch nicht spricht und somit auch nicht sagen kann, wenn etwas nicht schön war in der Betreuung oder ähnliches, fühlt es sich für viele Eltern nicht gut an, ihr Kind in eine klassische Betreuung wie eine KiTa abzugeben. Im Rockzipfel verbringen Eltern und Kinder gemeinsam den Tag. Nicht unmittelbar zusammen, aber jederzeit erreichbar. Wir bilden eine soziale Struktur nach, die dem Dorf- bzw. Clanleben am nächsten und somit in der Natur des Menschen verankert ist. Das Rockzipfel Kiel ist sozusagen die moderne Antwort auf das ursprüngliche Clanleben im Dorf.
KIELerleben: Was ist bisher konkret passiert, um das Projekt zu starten und was sind die nächsten Schritte?
Wir haben bereits die passenden Räumlichkeiten im 1.OG der Esmarchstraße 44 gefunden. Diese werden zur Zeit noch saniert und können voraussichtlich am 1. August bezogen werden. Die Eintragung in das Vereinsregister Kiel läuft, die Gemeinnützigkeit wird anerkannt. Wir haben bereits mehrere interessierte Mütter gefunden. Als nächstes müssen wir die Einrichtung anschaffen. Dafür sind wir noch weiterhin auf der Suche nach Spenden. Weitere Spendengelder (beim Kieler Spendenparlament) sind beantragt. Auch freie Schreibtischplätze haben wir noch und freuen uns über weitere interessierte Mütter und Väter.
KIELerleben: Die „Community“ soll die Kinderbetreuung abwechselnd übernehmen. Wie genau kann man sich das vorstellen?
Für ein leichteres Verständnis dieses Prinzips nehmen wir an, dass fünf Elternteile (zur Vereinfachung fünf Mütter) mit je einem Kind das Rockzipfel-Büro nutzen. Dann übernimmt am Montag Mutter 1 die Betreuung der 5 Kinder im Spielzimmer oder Garten und die anderen 4 Mütter können im Büroraum ihrer Arbeit nachgehen. Am Dienstag übernimmt dann Mutter 2 die Betreuung – und so weiter …
KIELerleben: Wie kann man bei Euch teilnehmen?
Wir werden zwei Schnupperwochen zu einem vergünstigten Preis anbieten, in dem die interessierte Familie testen kann, ob ihr das Prinzip zusagt. Zudem soll dabei von beiden Seiten geschaut werden, ob die Familie zum Rest der bestehenden Gruppe passt und sich alle wohlfühlen. Die Eröffnung findet am 1. September als Tag der offenen Tür statt, alle Interessierten sind herzlich eingeladen!
Weitere Informationen unter www.rockzipfel-kiel.de sowie bei Facebook und Instagram unter Rockzipfel.Kiel.
Katharina Troch