Jupiter Jones waren am 24. Juni auf der NDR-Bühne zu Gast. Mit KIELerLEBEN-Redakteur Jan Lohmann sprachen sie über ihre neue Bandbesetzung, das Ansprechen politischer Themen in der Musik und den Reiz des Nordens.
KIELerLEBEN: Sänger Nicholas Müller hat die Band 2014 verlassen, Sven Lauer hat seinen Platz eingenommen. Ist diese neue Situation für euch ein Weitermachen oder ein Neuanfang?
Marco: Es ist eine Kombi aus beidem. Es ist ein Weitermachen, weil wir nicht einsehen, etwas aufzugeben, das wir uns zwölf Jahre aufgebaut haben. Wir hatten nur die eine Option mit Sven, wir hätten kein Sänger-Casting gemacht, dafür steht die Band nicht. Es muss schon ein Freundschaftsding sein. Und mit Sven zusammen fühlt es sich wie ein Neuanfang an, das hört man auch an der musikalischen Ausrichtung des neuen Albums.
In einem Interview habt ihr gesagt: „Dass wir ein paar von den Hausmütterchen-Fans verlieren werden, die wir damals mit ,Still‘ dazugewonnen hatten, war uns bewusst“. Gibt es Fans, die nicht zu euch passen?
Marco: Ich finde es herrscht oft ein elitäres Denken vor, wenn Leute ein bestimmtes Aussehen nicht erfüllen, wird sich gefragt: ,Was wollen die denn jetzt hier auf dem Konzert?‘ Ich finde das total schlimm. Ich finde, dass jeder das Recht hat, die Musik zu hören – ob das jetzt ein 50-jähriges Hausmütterchen ist oder ein 16-jähriger Punkrocker. Man kann den von dir zitierten Satz falsch verstehen, aber so ist er auf gar keinen Fall gemeint.
Sven: Man darf den Satz nicht isoliert betrachten. Das hat etwas sehr Negatives, das so nicht gemeint ist. In dem Moment, in dem eine Band einen Hit hat, im Mainstream stattfindet, ist sie in der Mitte angekommen – und dort sind eben eine Menge Leute. Wir machen die Musik, um Menschen zu erreichen.
Marco: In erster Linie macht man Musik für sich selbst, aber man will natürlich so viele Leute wie möglich erreichen. Wie sind froh, wenn wir ein breitgefächertes Publikum haben, wir haben auf unseren Konzerten schon ganze Familien zu Gast gehabt, die zusammen gefeiert haben.
Mit dem neuen Album erreicht ihr vermutlich dennoch eher andere Leute?
Sven: Wir schrecken erst mal sicherlich eine Menge Leute ab.
Marco: Genau, wir haben uns für den denkbar schwersten Weg entschieden, weil sich jetzt viele Mainstream-Hörer abgewendet haben. Und andere, für die die Musik interessant sein könnte, für die sind wir nicht cool genug.
Sven: Die haben die Band abgespeichert und dem Begriff Pop und machen sich dann auch gar nicht mehr die Mühe, sich damit zu befassen. Und das kann ich verstehen, ich bin genau so. Wenn ich eine Band irgendwann mal abgespeichert habe, kann sie es schwer haben, nochmal ins positive Licht zu rücken.
Ist die neue Situation für euch künstlerisch befreiend?
Sven: Ja, die Freiheit haben wir uns genommen.
Marco: Wir haben uns einfach treiben lassen und das gemacht, was wir machen wollten. Das haben wir zwar schon immer gemacht, sind aber dabei schon ein Stück weit poppiger geworden. Jetzt ist es deutlich roher geworden, als das, was wir die Jahre zuvor gemacht haben.
Textlich seid ihr politischer geworden. Ist das der Zeit geschuldet oder auch der Umstellung in der Band?
Marco: Das ist der Zeit geschuldet, da wir in einer Zeit leben, die politisch hochbrisant und gefährlich ist. Es zieht so eine Tendenz durch Europa, die uns gar nicht gefällt.
Sven: Und leider auch durch Amerika.
Marco: Eigentlich kann man sogar sagen weltweit. Respekt und Toleranz scheinen keine großen Werte mehr zu sein, und das finde ich ganz schlimm.
Es gibt viele Bands, die sich aus politischen Themen komplett raushalten. Euch ist aber danach, die Dinge anzusprechen?
Marco: Wenn jemand sich da raushalten will, ist das auch in Ordnung. Aber wir diskutieren gerne, auch politische Themen. Und es ist wichtig, dass es eine Diskussion gibt und keine plakative Beurteilung von Situationen. Man kommt immer nur über einen Dialog weiter. Auch mit Leuten aus dem rechten Spektrum muss man sich an einen Tisch setzen, anstatt sie pauschal abzuwatschen. Alles hat ja irgendwo seinen Ursprung, mir fehlt ein bisschen die Suche nach den Wurzeln. Offensichtlich gibt es ja viele Dinge, die die Leute dazu veranlassen, eine Partei wie die AfD zu wählen.
Sven: Sehr viele Leute, die vorher die Linkspartei gewählt haben, wählen jetzt die AfD. Da geht es offenbar nicht um eine politische Ausrichtung aus Überzeugung, sondern um eine Protestwahl, da für die Leute das vorhandene System nicht mehr passt und alles in Frage gestellt wird. Das Schwierige ist, dass es bei jeder Form von Extremismus schnell auch um Menschenleben gehen kann. Dann wird eine Meinung irgendwann zu einer Tat – und dann wird es gefährlich.
Ein anderes Thema: Ihr wohnt alle in Hamburg?
Marco: Ich nicht, ich bin in der Eifel geblieben. Ich bin auch kein Stadtmensch, ich verstehe, warum man in der Stadt wohnen will, aber ich würde dort eingehen, wie eine Blume, die man nicht gießt.
Und wo liegt für dich, Sven, der Reiz am Norden?
Sven: Es gibt eine entscheidende Sache, die der Norden hat und die Eifel nicht: Das ist das Meer. Deswegen lebe ich im Norden. Ich habe auch ein paar ein paar Jahre in Kiel studiert.
Zum Schluss noch ein paar Entweder-oder-Fragen zur Kieler Woche:
Bratwurst oder Fischbrötchen?
Sven: Fischbrötchen.
Marco: Keins von beidem, ich bin Vegetarier. Ich würde den Fisch runternehmen und das Brötchen essen.
Bier oder Mango-Lassi?
Sven: Mango-Lassi.
Marco: Bier. Dieses ganze neumodische Gefitschel da, das ist nichts.
Sven: Gerade hast du gesagt, du bist Vegetarier. Das ist der Drink für dich: Der macht satt, ist lecker und gesund.
Marco: Bier macht auch satt, ist lecker und ist ein isotonisches Getränk. (lacht)
Riesenrad oder Freefall-Tower?
Sven: Freefall, nee, Höhenangst.
Marco: Auch nichts. Ich würde bei beidem große Panik kriegen.
Danko Jones oder Mark Forster?
Sven: Danko Jones, keine Frage.
Marco: Ganz klar, im Zweifel immer für den Härteren.
Sven: Also, wir reden jetzt von der Musik. Ich kenne Danko Jones nicht persönlich. Mark ist ein netter Typ, aber mit seiner Musik kann ich nichts anfangen, deswegen Danko Jones.
Das Interview führte Jan Lohmann
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