Durch den Treue-Test sind die Schwestern Fiordiligi und Dorabella knallhart durchgefallen. Ihre Verlobten Guglielmo und Ferrando hatten nach einer Wette beschlossen, die Standhaftigkeit ihrer Geliebten auf die Probe zu stellen. Was sie nicht zu glauben wagten: nach anfänglichem Zögern werden die Frauen tatsächlich schwach. Doch der Titel der Mozart'schen Oper von 1790 ahnt ja bereits: 'Così fan tutte' - 'So machen es alle Frauen'.
Am Samstagabend feierte das Stück im Kieler Opernhaus eine glanzvolle Premiere unter der Regie von Sigfried Bühr.
"Eine tollere Komödie sah man noch zu keiner Zeit", singen Don Alfonso (Kyung-Sik Woo) und seine rechte Hand, das Hausmädchen Despina (Şen Acar). Die beiden haben auch gut lachen, sind sie es doch, die das wunderbare Verwirrspiel um die zwei verlobten Paare eingefädelt haben. Der erfahrene Alfonso will seinen beiden Freunden Guglielmo (Tomohiro Takada) und Ferrando (Yooki Baek) nämlich beweisen, dass ihre Auserwählten keineswegs treue Engel, sondern ganz normale Frauen sind, die einer reizvollen Versuchung nicht widerstehen können. Es kommt zur Wette. Die Männer täuschen vor, in den Krieg zu ziehen, kehren jedoch verkleidet zurück und versuchen, jeweils die Frau des Freundes zu verführen.
Zunächst glauben sie sich der Liebe ihrer Verlobten und somit dem Gewinn der Wetter sicher. Ein vorgetäuscher Selbstmordversuch der beiden weckt jedoch das Mitgefühl von Fiordiligi (Susan Gouthro) und Dorabella (Amira Elmadfa), die allmählich schwach werden. Schließlich ist es die gerissene Despina, die die beiden Schwestern mit ihren offenherzigen Vorstellungen von der Liebe dazu ermutigt, sich der Ablenkung durch die fremden Männer hinzugeben. Das herrliche Doppelspiel nimmt seinen Lauf, doch am Ende sind alle sprichwörtlich ent-täuscht.
Sigfried Bühr gelingt in seiner Inszenierung eine grandiose Transformation des Stoffes in die Gegenwart. So spielt die Geschichte nicht im Neapel des 18. Jahrhunderts, sondern im Kiel von heute. Im legeren Sport-Dress (Kostüme: Ursina Zürcher) düsen die Mädels auf Inlinern durch ihren puristischen Bungalow (Bühne: Thomas Dreissigacker) und himmeln Teenie-Idol Robert Pattinson und Konsorten an, deren Bilder über den obligatorischen Flachbild-Fernseher an der Wand flimmern. Guglielmos und Ferrandos Abschied in Marine-Uniform wirkt so vertraut, dass man meinen könnte, die Gorch Fock stehe schon draußen bereit und warte nur auf die beiden. Und als sie in fragwürdigem Italo-Chick mit Gelfrisur und Polyester-Hemd verkleidet zurück kehren, sind die Lacher ganz klar auf ihrer Seite.
Sowieso bescherten Sänger und Orchester unter der Leitung von Johannes Willig dem Premierenpublikum einen heiteren Abend. Das Orchester spielte frisch und lebendig und wie vom Frühlingswetter beflügelt. Alle sechs Sänger machten ihre Sache großartig, sangen und spielten mit viel Lust, Gefühl und fantastischer (Selbst-)Ironie. Als Attraktion des Abends stacht Şen Acar heraus. Die zierliche Frau begeisterte mit viel Charme, Stimmgewalt und einem riesigen, komischen Schauspiel-Talent, das sie nicht nur in ihrer Rolle als Despina, sondern auch in Verkleidung als Arzt (urkomisch) und Notar (schön schrullig) unter Beweis stellen konnte. Zu Recht wurde sie dafür mit dem lautesten Applaus belohnt. Und zuletzt ist klar: Am Spruch "Così fan tutte" - So machen es alle Frauen - mag etwas Wahres dran sein, doch es sind bei weitem nicht immer nur die Frauen, die es manchmal einfach ein wenig zu bunt treiben.
Nächste Termine: 22. und 27. April um 20 Uhr im Opernhaus Kiel. Karten: Telefon 0431 – 90 19 01 oder im Internet unter www.theater-kiel.de.
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