Noch drei weitere Aufführungen wird die Salonoperette Aschenputtel in Kiel erfahren, die vor ausdauernd applaudierendem Publikum im Foyer des Opernhauses Premiere hatte. Ein für Ohrenschmaus und Schaueslust unterhaltsames Erlebnis, für dessen nächsten Termin am 25. April vielleicht noch Karten zu haben sind. Wer sich überraschen lassen möchte, sollte jetzt nicht weiterlesen.
Allen anderen sei bereits verraten, dass es sich um eine etwa einstündige Kammeroper in französischer Sprache mit eingedeutschten Sprechpassagen handelt. Die Schöpferin dieses Werks, Pauline Viardot, kann als rare Blume unter den Komponistinnen des 19. Jahrhunderts gelten. Sie sang, komponierte und bildete Schülerinnen aus. Obschon sie bekannten Figuren der Zeit vertraut war und etwa mit Turgenjew zusammenarbeitete, strebte sie nicht an die Öffentlichkeit. Ihre Arbeiten und ihr hochgeschätztes Talent blieben daher einem breiten Publikum unbekannt.
Den gesanglichen Teil der Kieler Aufführung bestritten Studierende der Hamburger Hochschule unter der musikalischen Leitung von Bettina Rohrbeck. Die eine, der eine oder andere Sängerin wie Sänger stachen durch unter anderem artikulatorische Klarheit, energetische Stimme und klingende Höhen hervor. Es sei jedoch die Gesamtleistung gewürdigt und betont, dass die jungen Sängerinnen und Sänger ein insgesamt beeindruckendes Können hören ließen und dem Publikum einen musikalisch höchst genussvollen Abend bereiteten.
Puppentheater von Gesang umrahmt
Spielort war das Foyer im ersten Geschoss, „Milchstraße“ genannt. Die Beleuchtung durch unzählige kleine Deckenlämpchen erweckt dort nämlich den Eindruck, unter einer Milchstraße zu sitzen. Das verhältnismäßig junge Publikum, etwas über siebzig Zuschauer, belegte fast alle Plätze dieser besonderen Spielstätte. Durch die angenehme Nähe zu den Akteuren, befördert durch Sessel mit kleinen Tischchen und Teppichfußboden, entstand eine gewisse Wohnzimmeratmosphäre, nicht unpassend für eine Salonoperette. In der Mitte des Bühnenbereichs stand das erhöht aufgebaute Puppentheater, dem links und rechts die Sängerinnen und Sänger postiert waren. Die instrumentale Begleitung fand sich zwischen Bühne und Publikum.
Die Inszenierung verantwortete Nele Tippelmann, die auch als Puppenspielerin direkt beteiligt war. Es gab ein engagiertes, lebhaftes und ausdrucksstarkes Puppenspiel zu sehen, das hier und da ins Hanswurstige überging. Dies wurde sogleich offenbar, als Aschenputtel laut prustend lossächselte und das Sächsische konsequent beibehielt. Manch derber Sprachgebrauch, so hieß es dreimal „das verfickte Aschenputtel“, wirkte etwas platt und ergab jenseits von übersteigerter Derbheit wenig Sinn. Mit der Zeit indes entwickelte das klamottig Grobspaßige doch noch einen gewissen Charme. Die farbintensiven Glubschaugenpuppen harmonierten jedenfalls prächtig mit der grobkörnigen Inszenierung.
Die nächste Vorstellung findet am 25. April um 20 Uhr im Foyer des Kieler Opernhauses statt. Weitere Vorstellungen sind auf der Website des Theater Kiel zu finden.
Fotos: Olaf Struck/struck-foto