Mit ihrem Top-10-Album „Darum leben wir“ stürmt die ehemalige Glashaus-Sängerin Cassandra Steen momentan die Charts. KIELerLEBEN traf die 29-Jährige vor ihrem R.SH-Konzert auf dem Bauernhof Pahl und sprach mit ihr über ihre musikalische Entwicklung.
KIELerLEBEN: Man kennt dich als die Stimme von Glashaus und bringt dich nach wie vor mit der Band in Verbindung – und das obwohl du schon vor vier Jahren ausgestiegen bist. Nervt das?
Cassandra Steen: Eigentlich nicht. Es ist eher ein Kompliment, dass ich mit Glashaus so viel Eindruck hinterlassen habe und fast jeder das Stück „Wenn das Liebe ist“ kennt. Ich sehe den Erfolg mit Glashaus als Ansporn, auch unter meinem eigenen Namen Musik zu kreieren, die den Menschen lange in Erinnerung bleibt.
Es heißt, du habest Glashaus verlassen, weil die Texte nicht dein Innerstes reflektieren. Stimmt das?
Ja, das stimmt. Die Texte und die Musik waren mir zu traurig. Ich habe nichts gegen lebensnahe Texte und finde, man sollte auch traurige Themen ansprechen, aber Traurigkeit muss nicht immer so schwer sein. Es sollte auch einen Lichtblick in der Musik geben.
Du hast dich 2003 an deiner ersten Soloplatte „Seele Mit Herz“ versucht, die es in den Charts nur auf Platz 59 schaffte. Warst du enttäuscht?
Ich hatte gar nicht erwartet, dass das Album durch die Decke geht. Von daher war ich auch nicht enttäuscht. Die Platte war ein Experiment und etwas vollkommen anderes als Glashaus. Natürlich waren die Fans erstmal irritiert …
Danach hast du dich wieder auf Projekte mit anderen Künstlern, unter anderem mit Sabrina Setlur, Bushido, Xavier Naidoo und Adel Tawil von Ich + Ich, konzentriert. Warum ist deine Solokarriere in den Hintergrund gerückt?
Weil die Entstehung der ersten Platte sehr, sehr schwierig war und ich gemerkt habe, dass ich noch viel dazulernen muss. Ich wusste zwar, was ich nicht wollte, konnte aber noch nicht genau definieren, was ich wollte. Ich konnte es weder in Worte fassen noch in Musik umsetzen. Deshalb brauchte ich diese Lernphase mit anderen Künstlern. Sie war für mich eine Art Selbstfindungsprozess.
Wer hat dir bei deiner Weiterentwicklung am meisten geholfen?
Eine Person, die mich sehr beeindruckt hat, war Bushido. Von unserem gemeinsamen Lied „Hoffnung stirbt zuletzt“ habe ich zum ersten Mal einen Teil selbst geschrieben. Außerdem hat er mir den Kontakt zu Universal, meiner jetzigen Plattenfirma, vermittelt. Neben Bushido hat mich Xavier Naidoo – sein Gesang und seine Art zu schreiben – stark beeinflusst. Er war wie ein Lehrer für mich.
Und nach dieser langen Zeit fühltest du dich endlich bereit für dein zweites Album „Darum leben wir“ …
Ja. Eines Tages habe ich mich getraut, bin morgens aufgewacht und wusste, dass jetzt der richtige Zeitpunkt da ist. Ich hatte die finanziellen Mittel, um in aller Ruhe an dem Album zu feilen, und die richtigen Leute um mich herum. Universal hat mich toll unterstützt.
Wie zufrieden bist du mit dem Endergebnis?
Sehr zufrieden! Ich fühle mich mit dem Album und den Songs, die ich zum Teil selbst geschrieben habe, rundum wohl. Es geht um Themen, die mich berühren, und Situationen, die ich so oder ähnlich schon erlebt habe. Lebensnahe Lieder über Liebe und Abschied, glückliche und schwere Zeiten, die die Menschen begleiten, egal in welcher Stimmung sie sind. Und das Wichtigste, wodurch ich mich auch von Glashaus unterscheide: Auf dem Album sind, trotz einiger trauriger Themen, nur aufbauende Lieder.
Und das scheint diesmal anzukommen …
Ja! Die Platte ist ein Überraschungserfolg. Wir dachten, sie landet höchstens auf Platz 30 und verschwindet dann wieder. Es ist wirklich ein großes Lob für unsere Arbeit, dass das Album so gut ankommt.
Du bist zwar in Deutschland geboren und aufgewachsen, aber deine Eltern sind Amerikaner, und du wurdest zweisprachig erzogen. Warum singst du auf Deutsch?
Weil ich nur mit deutschsprachigen Künstlern zu tun habe. Außerdem lese ich viel deutsche Poesie, die mich inspiriert, am liebsten Hesse oder Goethe. Auf Deutsch zu singen, ist für mich eine Herausforderung und immer noch etwas Besonderes. Englischsprachige Künstler gibt es viele …
Also hast du nicht vor, auch in Amerika durchzustarten?!
Es gibt schon den ein oder anderen Künstler, mit dem ich gerne mal zusammenarbeiten würde, zum Beispiel Robin Thicke, Maxwell und R. Kelly. Aber ich möchte mich lieber auf Deutschland konzentrieren.
Hast du hierzulande schon einen neuen Duettpartner im Auge?
Gentleman oder Peter Fox, zwei tolle authentische Künstler, mit denen ich liebend gerne etwas machen würde. Peter Fox hat einfach diesen Sinn für Musik und den Einsatz von Instrumenten. Das finde ich ganz toll! Ich sage es in jedem Interview: PETER FOX! Ich hoffe, er erhört mich irgendwann (lacht).
Aber wir müssen nicht wieder sechs Jahre auf dein nächstes Soloalbum warten?!
Das weiß ich nicht. Die besten Dinge brauchen Zeit. Maxwell ist das beste Beispiel dafür. Er war acht Jahre nicht da und hat jetzt eine Platte mit nur neun Liedern herausgebracht, die alle unglaublich gut sind. Ich will nur ein Album veröffentlichen, mit dem ich auch 100-prozentig zufrieden bin.