Glamour, Glanz und Gloria Er ist Moderator, Komiker, Drehbuchautor, Regisseur – und seit neuestem auch noch Autor. KIELerLEBEN traf das Multitalent Thomas Hermanns im Radiozentrum und sprach mit ihm über sein Buch und den Quatsch Comedy Club. KIELerLEBEN: Im Februar ist Ihr erstes Buch "Für immer D.i.s.c.o." erschienen. Was erwartet den Leser? Thomas Hermanns: Eine wilde Mischung: "Für immer D.i.s.c.o." ist halb Biografie, halb Musikbuch.
Ich habe meine ganze pickelige Pubertät verarbeitet und dabei festgestellt, dass Discomusik in meinem Leben wichtiger ist, als ich dachte. Deshalb habe ich ihr den nötigen Raum gegeben. Man erfährt viel über mich, aber eben auch über Discomusik, wo sie herkommt, wo sie hinging, was sie ausmacht … Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Buch zu schreiben? Das wollte ich schon länger, hatte aber das Gefühl, ich brauche einen richtigen Grund. Ich wollte kein klassisches Comedy-Buch schreiben. Erst bei der Idee, meine Biografie mit Musik zu verbinden, dachte ich, das könnte was Neues sein. Für das Buch haben Sie auch Ihre Heldinnen interviewt … Genau, unter anderem Gloria Gaynor, Sister Sledge, Marianne Rosenberg und Penny McLeane. Das war sehr aufregend! Ich hatte Angst, dass das Aufnahmegerät streikt, und wusste nicht, was ich anziehen soll. Bei Gloria Gaynor war ich besonders nervös, weil sie so eine "Ladyausstrahlung" hat. Da muss man sich benehmen und darf nichts Falsches sagen. Aber ich habe auch Leute hinter den Kulissen interviewt, zum Beispiel die Kostümbildnerin von Boney M., um das Bild abzurunden. Wer hat Sie am meisten begeistert? Sister Sledge waren sehr lustig. Alle haben durcheinander geredet, und es war spannend, wie unterschiedlich die Schwestern sind. Als es zum Beispiel um die Sexualität in den 70ern ging, hielten sich zwei recht bedeckt, und die eine sagte einfach nur: "We’ve seen it all" (lacht). Aber auch Gloria Gaynor hat eine interessante Geschichte erzählt: Als sie "I will survive" aufgenommen hat, hatte sie kurz vorher einen Bühnenunfall und war von der Hüfte abwärts eingegipst. Das heißt, als sie gesungen hat "At first I was afraid, I was petrified" („Zuerst hatte ich Angst, ich war wie gelähmt“, Anm. d. Redaktion), stand sie da im Gips. Außerdem sollte das Lied nur auf die B-Seite, und alle haben ihr eingeredet, ihre Karriere sei sowieso vorbei. Das muss man sich mal vorstellen: Heute ist "I will survive" eine der meistverkauften Singles der Musikgeschichte! Was ist das Besondere an Discomusik? Das habe ich die Sängerinnen auch gefragt. Alle haben geantwortet, Discomusik sei "uplifting" – sie hebt einen aus dem Alltag hoch und gibt einem sofort ein positives Grundgefühl. Deshalb wird auf Partys auch immer Discomusik aufgelegt, damit sich die Tanzfläche füllt. Heute ist die Popmusik leider oft sehr melancholisch. Da ist Disco genau das Gegenteil: Sie glitzert und macht fröhlich! Auch Ihre große Leidenschaft, die Comedy, macht Menschen fröhlich: Warum ist der Quatsch Comedy Club seit so vielen Jahren erfolgreich? Das Geheimrezept ist ein eingebauter Verjüngungseffekt. Wir zeigen immer neue Künstler mit neuen Nummern – dadurch bleibt das Format frisch. Das zweite Geheimnis ist die Qualitätskontrolle. Ins Fernsehen kommen nur die, die das, was sie tun, auch können. Wir stellen niemanden vor eine Kamera und sagen "Sei mal lustig" – wer in den Fernsehshows ist, hat sich in den Live-Clubs bewährt. Drittens lassen wir den Künstlern genug Zeit, um zu wachsen. Die Leute werden heute viel zu früh vor die Kamera geschubst. Mit dem Quatsch Comedy Club auf der Hamburger Reeperbahn haben Sie sich einen Traum erfüllt. Warum sollten die Kieler dem Club einen Besuch abstatten? Der Hauptanreiz ist, dass wir jede Woche ein neues Programm mit unterschiedlichen Künstlern aus ganz Deutschland haben – ob exotischer Schwabe, Münchner oder Franke. Wer im Quatsch Comedy Club war, weiß, was in der nationalen Comedy-Szene los ist. Und Künstler live zu erleben, ist sowieso viel besser als vor dem Fernseher zu sitzen … Im Quatsch Comedy Club gibt es die "Talentschmiede": Wer ist Ihr Geheimtipp? Mit Namen bin ich eher vorsichtig, auch um die Künstler nicht unter Druck zu setzen. Ich glaube aber, dass es in den nächsten Jahren auf jeden Fall mehr weibliche Comedians geben wird. Außerdem wird die Alltags-Comedy von den Surrealisten abgelöst werden, bei denen man sich fragt "Von welchem Planeten kommen die denn?". Beispiel: Johann König. Also sterben Künstler wie Mario Barth mit seinen Männer-Frauen-Geschichten aus? Nein, der stirbt nicht aus. Auch das Thema nicht. Männer und Frauen haben anscheinend so viel miteinander zu besprechen, dass es immer noch genug Futter gibt. Trotzdem glaube ich, dass die etwas wirreren Leute in der Helge-Schneider-Tradition in Zukunft die Bühnen erobern werden. Wie zum Beispiel Olaf Schubert, der Ende Mai in Kiel war? Den liebe ich total! Olaf ist ganz toll! Er hat letztes Jahr den Nachwuchspreis beim Comedy-Preis gewonnen, und da wird noch mehr kommen. Ich weiß zwar nicht, von welchem Planeten er gefallen ist, aber den würde ich furchtbar gerne mal besuchen … Sie hatten im Quatsch Comedy Club schon so gut wie jeden deutschen Comedian zu Gast. Wen bewundern Sie? Michael Mittermeyer ist unser Eddie Murphy (lacht). Er ist einfach gut, weil er immer neue Themen und einen sehr hohen Wärmegrad hat. Er ist nie zynisch geworden und auf dem Boden geblieben. Obwohl er die Popstar-Kultur in der Comedy – also die Auftritte in den richtig großen Hallen – ja quasi erfunden hat. Das Interview führten Sinje Rathjen und Kerstin Klostermann