Dass kleine Independent-Filme weiterhin eine besondere Ausstrahlungskraft besitzen, beweist Clark Gregg mit seiner unkonventionellen Selbstfindungs-Tragikomödie „Choke“.
Spätestens seit „Little Miss Sunshine“ oder „Juno“ ist der Independent-Film auch in Deutschland endgültig im Mainstream angekommen, was an sich nichts Schlechtes bedeuten muss, da diese beide Filme es beispielsweise wahrlich verdient haben, von einem größeren Publikum wahrgenommen zu werden.
Was jedoch stört, ist die zunehmende Etikettierung eines jeden kleineren Films der großen amerikanischen Filmstudios mit dem Attribut Independent aus Gründen der Vermarktung. Nur die wenigsten Independent-Filme sind heutzutage auch wirklich welche. Ein aktueller Film, welcher den ursprünglichen Independent-Geist voll und ganz verkörpert, ist „Choke“.
Erzählt wird die komische und zugleich tragische Geschichte von Victor „Choke“ Mancini, einem sexsüchtigen Simulanten. Streng nach dem Motto „Was würde Jesus nicht tun“, schläft er sich durch die Alltagswelt und besucht nebenbei Treffen einer Selbsthilfegruppe für Sexsüchtige. Seine weitaus größere Marotte ist allerdings das ständige Simulieren eines Erstickungstodes. Während der theatralischen Täuschung in verschiedenen Restaurants bestiehlt er allerdings seinen Lebensretter, bis er schließlich jedes Mal aufs Neue in den Armen seiner Retter unter Tränen zusammenbricht. Sein bisheriges Weltbild gerät dann entscheidend ins Wanken, da sich der Gesundheitszustand seiner Mutter verschlechtert und sich Victor darum bemüht, herauszufinden, wer sein eigentlicher Vater ist.
Zutiefst skurrile, aber dabei äußerst liebevolle und sympathische Figuren machen den Film zu einem echten Geheimtipp. Man lacht und leidet gleichermaßen mit den Figuren. Seine unkonventionelle und freche, teils sehr vulgäre Machart trägt seinen Teil dazu bei, dass urkomische Szenen zustande kommen. Insgesamt erinnert „Choke“ stark an die Filme von Wes Anderson. Dabei steht der Film ebenfalls in der Tradition von klassischen Initiationsgeschichten. Das Schauspielerensemble macht durchweg einen sehr guten Job, allen voran der Hauptdarsteller Sam Rockwell, welcher hierzulande eher durch Nebenrollen wie in „Per Anhalter durch die Galaxis“ oder „The Assassination of Jesse James by the Coward John Ford“ bekannt sein dürfte.
Nach „Fight Club“ ist „Choke“ die zweite Verfilmung einer Romanvorlage vom amerikanischen Autor Chuck Palahniuk, welcher sich diesmal auch als Co-Drehbuchautor betätigte. Parallelen, was die schrägen und teilweise pathologischen Figuren angeht, sind unverkennbar. Allerdings kommt Choke eher subtil und unaufgeregt daher - und darin liegt seine besondere Stärke. Auch wird „Choke“ wohl eher einem kleinen Publikum vorbehalten sein, denn schließlich ist er ein Independent-Film.
Fazit: Herzerwärmende und äußerst witzige Tragikomödie, perfekt geeignet für einen beschaulichen Filmabend zuhause.
Jonas Kirstein
Plakat: filmstarts.de