Gesundes Lachen mit Niveau – so könnte das Motto von Dr. Eckart von Hirschhausen lauten. Er ist einer der populärsten Kabarettisten Deutschlands, seine Programme sind ausverkauft, seine Bücher machten ihn 2008 und 2009 zum erfolgreichsten deutschen Sachbuchautor. Im KIELerLEBEN-Interview spricht der studierte Mediziner über Liebe, Urlaub und Entspannung.
KIELerLEBEN: Herr Dr. von Hirschhausen, momentan touren Sie mit Ihrem Bühnenprogramm „Liebesbeweise“. Was ist für Sie das größte Kompliment der Zuschauer?
Dr. Eckart von Hirschhausen: Wenn sie sagen: „Ich hätte nie für möglich gehalten, dass ich mich über zwei Stunden amüsiere und lache, ohne dass jemand bloßgestellt wird.“ Ich mache ja eine Form von Humor, die es so noch nicht gab. Ich versuche, wissenschaftliche und therapeutische Inhalte zu nehmen, die einen Hintergrund haben. Man muss sie aber erstens verstehen und zweitens drüber lachen können, weil man erkennt, dass das etwas mit einem selber zu tun hat.
Mit anderen Worten: Sie haben ein neues Genre erfunden.
Ja, durchaus. Ich mache weder wie die klassischen Kabarettisten Kanzlerinnenwitze noch wie viele Comedians Boulevardthemen. Das hat lange gedauert, bis jemand daran geglaubt hat. Ich habe oft von Unterhaltungsredaktionen gehört, das sei zu inhaltlich, und den Wissenschaftsredaktionen war es nicht seriös genug! 15 Jahre und dreieinhalb Millionen Bücher später kann keiner mehr was sagen, dass es an dieser Form kein Interesse gäbe. Ich bin sehr glücklich, dass sich mein langer Atem ausgezahlt hat.
In Ihrem Programm „Liebesbeweise“ gehen Sie genauer auf die Liebe ein. Was ist für Sie ein echter Liebesbeweis?
(lacht) Mit Liebesbeweisen ist es kompliziert, weil in dem Moment, wo man sie fordert, eigentlich schon was im Argen liegt. Letzten Endes kann man Liebe nicht beweisen, denn wenn die Liebe schon gestört ist, kann alles, was man tut, ins Gegenteil umschlagen. Beispielsweise, wenn man den Namen der Geliebten in den Himmel schreibt, fühlt sie sich möglicherweise nicht gewertschätzt, sondern findet es eher peinlich.
Es gibt ja auch kleinere Liebesbeweise, die große Wirkung zeigen können.
Genau so ist es. Doch Männer denken gerne sehr dramatisch bei Liebesbeweisen und liegen damit ziemlich daneben. Männer denken, hundert Rosen sind hundertmal besser als eine Rose. Sie denken, wenn sie eine große Geste geleistet haben, muss das auch lange anhalten. Frei nach dem Motto: Ich habe dir doch schon vor einem halben Jahr den Pelz geschenkt, warum bist du nicht mehr glücklich?
Was halten Sie von der Ehe als Liebesbeweis?
Viele Ehen würden länger halten, wenn man gleich den zweiten Partner heiraten würde.
Warum?
Ich glaube, man lernt im optimalen Fall dazu. Über sich selbst und was man gerne mit anderen teilt. Die Statistik spricht leider dagegen. Die zweiten Ehen sind nicht stabiler als die ersten. Ich glaube, dass diese „Optimierer-Mentalität“, dieser romantische Gedanke, es gäbe irgendwo DEN perfekten Partner, die Menschen unterm Strich sehr unglücklich macht. Viele denken, da kommt noch etwas Besseres und sind so nie richtig bei der Sache, eher auf der Suche.
In Ihrem Programm unterscheiden Sie zwischen „Romantiker“ und „Realist“. Was sind Sie?
Ich plädiere für mehr Realismus in der Beziehung, ja. Ich glaube, dass das letzten Endes die Romantik retten kann. Ich bin der Romantik nicht abgeneigt, sie sollte aber auch kein Qualitätsmerkmal sein. Es ist menschlich, dass Menschen ambivalente Gefühle haben, dass sie hin- und hergerissen sind. Jemanden gleichzeitig umarmen und würgen zu wollen – denn die Menschen, die uns am nächsten sind, gehen uns auch am meisten auf die Nerven. Diese gemischten Gefühle auszuhalten, das ist die Liebeskunst.
Demnach ist es gar nicht richtig, sich nur auf sein Gefühl zu verlassen?
Es wird immer gesagt: Folge deinem Bauch, folge deinem Herzen. Dabei verkennen wir, dass das Begehren in weiten Teilen auf Biologie beruht und das Zusammenleben- und Zusammenbleiben-Können vielmehr mit gemeinsamen Werten, Zielen und kulturellem Hintergrund zu tun haben.
Was ist der sicherste Faktor, um zusammen glücklich zu werden?
Gemeinsamkeiten. Das, was Menschen generell an Gegensätzlichkeiten mitbringen, reicht in der Regel voll aus. Da braucht man nicht noch jemanden aus einem völlig anderen Kontext, um glücklich zu werden. Das hat die Forschung eindeutig belegt. Man darf natürlich auch das Verliebtsein nicht verwechseln mit Liebe.
Wie ist das Verliebtsein zu verstehen?
Verliebtsein hat durchaus wahnhafte Züge und ist unheimlich energieaufwändig. Man isst nicht, man schläft nicht, man denkt an niemanden sonst als an das Objekt der Begierde. Auf Dauer wäre das mit dem Leben nicht vereinbar. Verliebtsein ist als Initialzündung zu verstehen – wer es zum Fundament erklärt, liegt fundamental
daneben.
Sie sind das ganze Jahr über auf Tour. Wie wichtig ist Ihnen Urlaub?
Die Definition von Stress ist ja das, was dich selber belastet jeden Tag. Wenn ich das, was ich tue, gerne tue, brenne ich auch nicht so schnell aus. So gesehen kann ich Urlaub sehr wohl genießen, aber die Vorstellung, es ginge einem besser, wenn man drei Wochen in einer Wellness-Oase massiert würde, ist naiv.
Wie lange würden Sie das aushalten?
Nicht länger als zwei Tage. Spätestens nach einer Woche würde ich den Masseur anschreien und sagen: Hau ab mit dem Öl, ich kann’s nicht mehr riechen. Entspannung ist dann gut, wenn man vorher etwas Spannendes gemacht hat.
Können Sie Urlaub denn so richtig genießen?
Ja, ich kann das sehr genießen. Ich nehme zwar immer viel zu viele Bücher mit, fahre dann aber erholt mit dem ganzen ungelesenen Übergepäck wieder nach Hause. Ich bin gerne am Meer. Ich finde Meeresrauschen sehr entspannend! Da wird mein Gehirn quasi durchgespült und feucht durchgewischt für neue Inspiration. Ein Großteil meiner Bücher ist auf Sylt entstanden.
Gibt es einen Gute-Laune-Tipp von Ihnen?
Fotos können helfen. Wenn man mal schlechte Laune hat, hilft es, auf Fotos zu schauen, die man in einer guten Stimmung geschossen hat. Unser Gedächtnis ist ja situativ, und wenn ich gestresst bin, fallen mir aus der Vergangenheit lauter Momente ein, wo ich gestresst war. Und umgekehrt. Wir haben über die Emotionalität den Zugang zu den Veränderungen. Ich empfehle, ein Foto von sich in guter Laune ins Portemonnaie zu tun.
Sie haben ein Foto von sich im Portemonnaie?
Ich habe kein Portemonnaie, aber auf meinem Telefon lacht mich als Hintergrund ein Foto an, mit anderen. Glück kommt selten allein. Wenn ich total genervt bin, erinnert es mich, dass ich oft auch gute Laune habe. Und automatisch nehme ich die akute Situation nicht mehr so ernst. Ich hab’ das Foto sogar als Bildschirmschoner auf meinem Computer. Sozusagen als Seelenschoner.
Das Interview führte Tina Muffert