In ihrer monatlichen Kolumne äußert sich Hanne Pries – Sängerin der Kultband Tiffany und Grundschullehrerin – zu aktuellen Themen. Mal witzig, mal nachdenklich, aber immer mit ihrer persönlichen Note
Ja, ich gehöre noch immer zu denjenigen, die bei einer Begrüßung dieses sinnlose „Alles gut?“ ausstoßen. Das seit Jahren bestehende Zweiwortsignal für „und wenn nicht, lass mich bitte damit in Ruhe“. Gibt es ein „Alles gut“-Tourette-Syndrom? Und selbst, wenn es so ist. Ich will das nicht haben. Ich mag mich selber nicht für diese Worthülsen. Ich suche jetzt aktiv nach Alternativ-Phrasen. Wörter, die nett und freundlich, aber nicht oberflächlich klingen. Die empathisch wirken, aber keine lange Antwort herausfordern. Die locker, aber nicht unhöflich wirken.
Was bitte sag ich denn? Einfach nur „Guten Tag …“ – und dann womöglich die folgende Stille aushalten? Kann ich nicht. Ich habe es ausprobiert. Nach „Guten Tag“ und der Pause danach mach ich es immer noch schlimmer und sage: „Naaa? Und sonst?“ Ehrlich. Ich bin doch sonst nicht so hilflos.
Ein saloppes „Was macht die Kunst?“ – och nö. Ganz grauenhaft klingt das unberechtigt Souveränität sendende „Ich grüße Sie!“ Uuuuh. Das ist doch Vertrieb und Versicherung. „Wie stehen die Aktien?“ Auch blöd. „Alles frisch?“ Nein. Es wird immer schlimmer.
Dieses „Alles gut“ versaut nicht nur als Begrüßung die ehrlich gemeinte, Schwächen und Sorgen zulassende Kommunikation. Ich kriege von Menschen ihre schlimmsten Lebensdramen berichtet. Und danach kommt: ein: „Aber alles gut!“ Ist klar.
Ich werde einfach in Zukunft die gut gemeinte, aktive, nach vorn gewandte Phrase „Wie schön, Sie zu sehen“ anwenden. „Wie schön, Sie zu sehen“ Punkt. Das isses doch. Aussage. Keine Erwartung. Keine Enttäuschung. Perfekt. Man könnte fast sagen: Alles gut.