„Ich habe hier alles, was ich brauche: Meine Familie, die Natur und einen Glasfaseranschluss“, erklärt Bloggerin Julia Nissen.
Julia Nissen aus Bargum bloggt auf „www.Deichdeern.com“ mit viel Witz und Charme über ihr vielseitiges Landleben im Herzen Nordfrieslands. Ihre Vision: die moderne Landwirtschaft wieder in die Mitte der Gesellschaft zu rücken
KIELerleben: Wie bist du zum Bloggen gekommen?
Deichdeern: Vor meinem Job in Berlin war ich Redakteurin bei einem landwirtschaftlichen Wochenblatt. Ich durfte viele Menschen im ländlichen Raum besuchen und interviewen. Alle waren so stolz auf ihr Leben auf dem Dorf, dass ich das Gefühl nicht loswurde, dass mehr Menschen darüber erfahren sollten. Als ich dann letztes Jahr im Februar in die Elternzeit ging und mir die Decke auf den Kopf fiel, habe ich einfach angefangen zu schreiben.
Wer sind deine Leser?
Über 70 Prozent meiner Leser sind weiblich und zwischen 24 und 40 Jahre alt. Meist sind es junge Mamas, die den Austausch und die Inspiration suchen. Die Hälfte meiner Leser kommt aus dem urbanen Raum, wie Kiel, Flensburg, Berlin, Hamburg und Köln. Die andere Hälfte lebt auf dem Land und schätzt das Leben dort auch sehr.
Welche Themen findet der Leser auf deinem Blog?
Angefangen habe ich mit den drei K’s: Kind, Küche, Kuhstall. Ein paar Geschichten aus Muddihausen, ein paar Stories aus der Hauswirtschaft und ein paar Beiträge aus dem Leben auf dem Bauernhof. Ein Blog spiegelt auch immer ein Teil der Persönlichkeit wider. Wenn ich mich weiterentwickle oder mich neuen Themen, wie zum Beispiel dem Ausbau einer Ferienwohnung, widme, findet man das auch auf dem Blog wieder. Oder, ein anderes Beispiel: Ich habe mich mit der plattdeutschen Sprache auseinandergesetzt und ärgere mich, dass ich es zuhause nicht mehr spreche. Also habe ich kurzum entschlossen, meine Insta-Stories immer freitags auf Plattdeutsch zu erzählen. Das Feedback darauf ist enorm positiv, weil insbesondere „Exil-Schleswig-Holsteiner“ so wieder ein Stück Heimat ins Ohr bekommen.
Bist du mit der Landwirtschaft groß geworden?
Ja. Meine Großeltern hatten einen Milchviehbetrieb bis 1998 mit 30 Kühen. Die Tiere waren angebunden und es war dunkel im Stall. Kein Vergleich zu heute. Da können sie sich frei bewegen, haben ausreichend Luft und Platz und müssen nicht immer den selben neben sich „sitzen“ haben. Meine Eltern haben einen Landhandel. Das bedeutet nicht, dass meine Eltern mit Land handeln, sondern, dass wir Futter herstellen für die Tiere. Die Bauern bringen ihr geerntetes Getreide im Sommer zu uns, wir mahlen es und veredeln es mit weiteren Komponenten und fahren es wieder per LKW zu den Landwirten. Dann als sogenanntes Misch- oder Kraftfutter.
Was fasziniert dich am Landleben?
Die Menschen. Wir pflegen einen guten Kontakt zu unseren Nachbarn und den anderen Dorfbewohnern. Wenn mal einer Hilfe braucht, packen alle mit an. Wenn ich beruflich unterwegs bin, schauen sie bei uns nach dem Rechten und auch um unseren Sohn kümmern sich alle herzlichst. Ich habe mehrere Jahre in Kiel und Berlin-Kreuzberg gewohnt, aber mein Herz schlägt für das Land. Ich habe hier alles, was ich brauche: Meine Familie, die Natur und einen Glasfaseranschluss.
Mit welchen Vorurteilen wirst du am häufigsten konfrontiert und wie entgegnest du diesen?
Meine Hamburger Freundinnen fragten anfangs, ob ich in Nordfriesland nicht vereinsame und was mich dort überhaupt hält. Ich habe sie eingeladen und sie wollten gar nicht mehr gehen. Die Erfahrung machen wir mit dem gesamten Freundes- und Familienkreis aus den Städten. Deshalb haben wir uns auch entschlossen, 65 unseres 300 Quadratmeter großen, reetgedeckten Hauses als Ferienwohnung auszubauen.
Wie sieht ein typischer Tag bei dir aus?
Ich stehe um 7.30 Uhr mit meinem Sohn auf, wir frühstücken und mein Mann oder ich fahren ihn zur Kita. Anschließend geht es für mich an den Schreibtisch. Ich habe das große Glück, aus dem Homeoffice arbeiten zu dürfen. Um 16.30 Uhr holen wir ihn wieder ab, dann ist Familienzeit bis er ins Bett geht. Die verbringen wir meistens draußen, sei es mit einer Radtour oder in der Sandkiste. Unsere ganz private After-Work-Beachclub-Party – nur ohne Cocktails mit Schirmchen. Später, wenn der kleine Mann im Bett ist, geht es dann mit dem Tablet aufs Sofa zu meinem Mann. Er schaut Fußball, ich lasse mich ein wenig auf Pinterest inspirieren oder pflege meinen Blog.
Kannst du uns andere Blogs oder Plattformen empfehlen, die sich ebenfalls mit landwirtschaftlichen Themen beschäftigen?
Ich kann das Online-Magazin „www.moderne-landwirtschaft.de“ sehr empfehlen. Im regelmäßig wechselnden Turnus werden dort landwirtschaftliche Themen so aufbereitet, dass sie jeder versteht. Im November dreht sich zum Beispiel alles um das Thema Wein. Es gibt dann auf der Seite unter anderem einen Wein-o-mat, der mir verrät, welcher Wein zu mir und meinem Gericht passt. Analog zum Wahl-o-mat. Nebenbei, ganz spielerisch, erfährt man auch noch etwas über moderne Landwirtschaft. Ich finde das klasse.