Kann ein Tierheim schön sein? Dieser Frage ging Redakteurin Kerstin Klostermann bei ihrem Besuch im Tierheim Uhlenkrog nach und stellte fest: Es kann!
Schon von fern höre ich lautes Gekläffe und bekomme ein ungutes Gefühl. Was wird mich bei meinem Besuch im Tierheim Uhlenkrog erwarten? Mir geistern Horrorszenarien von verwahrlosten Tieren in dreckigen Käfigen durch den Kopf. Von großen, traurigen Augen hinter dicken Gitterstäben und aggressiven, zähnefletschenden Kampfhunden.
Schon beim Betreten des Geländes bin ich positiv überrascht: Die Anlage sieht eher wie ein Tierpark als ein Tierheim aus. Inmitten von Rasenflächen und Bäumen stehen freundlich wirkende weiße Häuser. In der Mitte befindet sich ein kleiner Teich, und auf umliegenden Weiden grasen Schafe und Ponys. Einige Hunde schauen mich aus ihren Außengehegen, die jede Menge Spielgelegenheiten bieten, neugierig an. Freundlich lächelnd kommt mir die Auszubildende Jannika Pfister entgegen. Zuerst führt sie mich in den Fundraum, der für Polizei und Feuerwehr jederzeit frei zugänglich ist.
Ein beißender Uringeruch steigt mir in die Nase. „Daran gewöhnt man sich schnell“, versichert mir Jannika. In der vergangenen Nacht wurde nicht nur der Staffordshire Terrier Odin abgegeben, auch 14 riesige Stallhasen wurden aus schlechter Haltung gerettet. Alle Tiere, die neu ankommen, müssen circa zwei Wochen in der angrenzenden Quarantänestation verbringen, wo sie beobachtet und schließlich entwurmt, entfloht, geimpft, gechipt, tätowiert und kastriert werden. Danach können sie zur Vermittlung in die anderen Häuser umziehen.
„Ich wollte schon immer Tierpflegerin werden“, erzählt die 20-Jährige, während wir zur Krankenstation hinübergehen. Dass das tägliche Putzen einen Großteil der Arbeit ausmacht, habe sie von Vornherein gewusst. „Damit habe ich kein Problem“, sagt sie und öffnet die Tür zur Krankenstation. Mit einem freundlichen Bellen empfängt uns die neunjährige Edda, die ihr Quartier in der Stationsküche bezogen hat. Die liebenswerte Hundedame kann ihre Hinterbeine nicht mehr bewegen, weshalb extra für sie ein Hunderollwagen angefertigt wurde, mit dem sie sich fortbewegen kann.
Ansonsten wird die Krankenstation von Katzen bevölkert, die unter Schnupfen oder Allergien leiden. Jannika schnappt sich Putzeimer, Schrubber und Sauger und beginnt, die Käfige gründlich zu reinigen, die Näpfe aufzufüllen und die Tiere mit Medikamenten zu versorgen. Von scheu bis zutraulich ist jeder Katzencharakter vertreten. „Man lernt, die Körpersprache der Tiere zu deuten“, erklärt die junge Frau.
Nach dem Putzen übergibt mich Jannika an die 31-jährige Tierpflegerin Christine Craetzer, die für das Alte Hundehaus, das Katzenhaus und die Volieren zuständig ist. Im Alten Hundehaus sind die „Listenhunde“ untergebracht – Hunde, die rassebedingt als gefährlich aufgeführt werden, etwa Pitbulls. „Diese Hunde sind fast unmöglich zu vermitteln, weil so viele Auflagen erfüllt werden müssen“, berichtet Christine. So auch bei der einjährigen Staffordshire-Hündin Luna: „Obwohl sie einen sehr lieben Charakter hat, wird sie es schwer haben, einen neuen Besitzer zu finden.“
Als ich einen Blick in das angrenzende Neue Hundehaus werfe, empfängt mich ein ohrenbetäubendes Gebelle. Die Vierbeiner, die laut Christine eine bessere Chance auf Vermittlung haben, buhlen an den Gitterstäben um meine Aufmerksamkeit. Schnell „rette“ ich mich in den Kleintier-Bereich, wo überwiegend Ratten und Kaninchen auf ein neues Zuhause warten.
„Nach meiner Ausbildung zur Arzthelferin habe ich ein Pädagogik-Studium begonnen und schließlich meine Ausbildung zur Tierpflegerin gemacht“, beschreibt Christine ihren Werdegang. Hier habe sie ihr Hobby zum Beruf gemacht. Auf der Führung durchs Katzenhaus stellt sie mir die siebenjährige Europäisch Kurzhaar Raffaela vor, die leider nierenkrank ist und deshalb bisher nicht vermittelt werden konnte.
„Am Tierheim Uhlenkrog gefällt mir, dass es relativ klein ist und man so jedes Tier kennenlernen kann“, sagt Christine und bringt mich zu den Volieren der Krähen, Enten und Gänse. In den Sommerboxen stoße ich nicht nur auf den niedlichen Jack-Russel-Mix Kalle, sondern auch auf quirlige, fünf Wochen alte Katzenbabys, die als Fundtiere ins Tierheim gekommen sind.
Pünktlich um 15 Uhr versammeln sich mehrere Kinder und Erwachsene vorm Eingangstor. Gassigehzeit. Der Besucherstrom bewegt sich zielstrebig in Richtung Hundehäuser. Ich komme mit Ursel und Burkhard Schmidt ins Gespräch, die sich seit 2002 als ehrenamtliche Gassigeher für das Tierheim Uhlenkrog engagieren. „Wir lieben Hunde“, erzählt das Rentner-Ehepaar, das in einer nahegelegenen Etagenwohnung lebt, „aber für ein eigenes Tier haben wir keinen Platz.“
Das Tierheim biete ihnen die Möglichkeit, ein gutes Werk zu tun und gleichzeitig an die frische Luft zu kommen. Die Schmidts ziehen mit ihren beiden Lieblingshunden, Bullmastiff-Mischling Herrmann und Labrador-Mischling Wilber, los. Mein letzter Abstecher gilt dem Katzenhaus, wo inzwischen die „Katzenstreichler“ eingetroffen sind.
Unter ihnen Helga Körfer, die sich zweimal pro Woche vor allem um die scheuen, alten und kranken Katzen kümmert. „Die Tiere sollen den Kontakt und das Vertrauen zu Menschen nicht verlieren“, erklärt die ältere Dame, die gerade liebevoll die Europäisch Kurzhaar Queeny krault, die die Augen schließt und genussvoll schnurrt.
Ein Tierheim kann tatsächlich schön sein. Natürlich soll es für die tierischen Bewohner nur ein Zuhause auf Zeit sein, aber diese Zeit wird ihnen im Tierheim Uhlenkrog so angenehm wie möglich gestaltet. Dazu tragen nicht nur die engagierten Mitarbeiter, sondern auch die ehrenamtlichen Helfer bei – und ich beschließe, demnächst ein Gassigeher-Seminar zu belegen.
Das Tierheim in Zahlen
Fläche: 15.000 qm
Mitarbeiter: 22
Hunde: 53
Katzen: 82
Kleintiere: 55
Kontakt
Tierheim Uhlenkrog
Uhlenkrog 190, Kiel
Tel.: (0431) 52 54 64
www.tierheim-kiel.de
Spendenkonten
Förde Sparkasse – BLZ 210 501 70 – KTO 111 666
Kieler Volksbank eG – BLZ 210 900 07 – KTO 62 53 53 07
HypoVereinsbank – BLZ 200 300 00 – KTO 613 620 335