14 Jahre lang war Anett Sattler als Sportmoderatorin im deutschen Fernsehen aktiv. Im Interview spricht die 34-Jährige über ihren Werdegang, die Liebe zum Handball – und Bierduschen feiernder Sportler
KIELerleben: Wie bist du zum Handball gekommen?
Anett Sattler: Ich bin in Rangsdorf in Brandenburg groß geworden, wo man an Handball nicht vorbeikommt. Der Verein betreibt dort eine enorme Jugendarbeit und schaut bereits im Kindergarten, wer einigermaßen geradeaus laufen kann. Ich gehörte dazu und habe im Alter von vier Jahren angefangen – und bin dann dabei geblieben.
Auf welchem Niveau hast du dann gespielt?
Im Jugendbereich im höchsten Bereich, sprich in der Oberliga, wobei ich zugeben muss, dass ich nicht zu den Granaten auf dem Feld gehört habe (lacht). Das war aber auch okay, weil ich so meinen Platz in der Handballwelt gefunden und zum Beispiel schon früh Spielberichte geschrieben habe. Das hat mir die Grundlage für meinen weiteren Lebensweg geebnet.
2009 hast du aufgehört, selbst Handball zu spielen. Warum?
Dafür gab es mehrere Gründe: Die beruflichen Verpflichtungen wurden immer mehr, ich hatte eine Verletzung im Training und unsere Mannschaft wurde aufgelöst. Das alles zusammen hat dazu geführt, dass ich aufgehört habe. Doch auch das hatte wieder sein Gutes: Zwei Monate später hat Sport1 die Handballrechte bekommen.
Inwieweit hat dir deine Zeit als Handballspielerin und -trainerin in deinem Beruf als Sportmoderatorin geholfen?
Es ist etwas Anderes, wenn man den Sport selber betrieben hat, weil man sich in bestimmte Situationen komplett reindenken kann. Man hat ein gutes Gefühl für den Umgang miteinander in dieser Sportart. Zudem hat es sich herumgesprochen, dass ich selber Handball gespielt habe. Das hat mir auch geholfen.
Ein kurzer Blick zurück: Wie kam es dazu, dass es dich in den Journalismus gezogen hat?
Ich habe zwei Praktika beim DSF gemacht und dort parallel zu meinem Studium als MAZ-Redakteurin bei der Sendung „Hattrick“ gearbeitet. Ich war Bindeglied zwischen Kommentator und Cutter. Es war ein rein redaktioneller Job, aber das war auch gut so, weil die Verantwortung von Jahr zu Jahr größer wurde.
Was folgte als nächstes?
Danach habe ich für „Bundesliga aktuell“ auch tagesaktuelle Drehs gemacht, bis ich als Field Reporterin die Interviews nach dem Spiel geführt habe. Dass einem anderen Redakteur mein Interview mit dem Torwart Tim Wiese gefiel, führte dazu, dass ich anschließend erstmals beim Boxen eine Livemoderation gemacht habe. Dadurch wiederum wurde mir zugetraut, Handballübertragungen zu moderieren.
Du hast sowohl Fuß- als auch Handballübertragungen moderiert. Inwieweit unterscheidet sich die Berichterstattung beider Sportarten?
Der wesentliche Unterschied sind die äußeren Umstände. Fußball ist medial unheimlich frequentiert. Da stehen nach einem Spiel 20 Kamerateams in der Mixed Zone. Dementsprechend gestaltet sich auch der Umgang mit den Medien. Beim Handball ist man als Reporter näher dran und kann sich inhaltlich mehr austoben. Alles ist noch nicht so professionalisiert, sondern natürlich, authentisch und bodenständig.
Was war deine Präferenz?
Es gab irgendwann den Punkt, an dem ich gefragt wurde: Willst du als Moderatorin ein Fußball- oder ein Handballgesicht sein? Da habe ich mich direkt für den Handball entschieden, weil das meine Sportart und meine große Leidenschaft ist.
Wie geht es für dich weiter?
Ich werde weiterhin im Sport arbeiten, vor und hinter den Kulissen. Für Telekom Sport moderiere ich seit Sommer die 3. Liga im Fußball. Auch in meiner Medienproduktionsfirma dreht sich das meiste um den Sport. Meine Event-Moderationen führen mich immer mal wieder in andere Bereiche, aber auch hier endet es häufig mit dem fliegenden oder rollenden Ball. Im Dezember werde ich zum Beispiel das Halbfinale und Finale der Handball-WM der Frauen in Hamburg moderieren, worauf ich mich riesig freue.
Welcher Moment ist dir aus 14 Jahren Sportberichterstattung in Erinnerung geblieben?
Die Moderation im deutschen Haus bei den Olympischen Spielen im letzten Sommer war ein echtes Highlight. Das fühlt sich immer noch wie ein Traum an. Auch die Welt- und Europameisterschaften für Sport1 im Handball, die ich zusammen mit Stefan Kretzschmar moderiert habe, sind unvergesslich.
Und welcher war besonders kurios?
In meinen 14 Jahren als Sportmoderatorin habe ich exakt eine Bierdusche verpasst bekommen – und zwar vom THW Kiel. Das war in meiner ersten Saison als Handballmoderatorin im Jahr 2010, als der THW in Großwallstadt Meister wurde. Tobias Reichmann, den ich selbst noch trainiert habe, hat mir mit Daniel Narcisse von hinten die voll gefüllte Meisterschale über den Kopf gekippt. Danach habe ich das Anti-Bierduschen-System perfektioniert (lacht).
Das Interview führte Bastian Karkossa