Sieben Stunden endloser Dämmerung … Sabine Linse ruft Nebel und Frösche als Wächter der Schwelle auf. Das sieben Stunden dauernde Kunstvideo „Rites de passage II – The cave“ mutet dem Cineasten eine Atmosphäre nicht enden wollender Dämmerung zu – zunächst eingetaucht in ein sommerliches, dann in ein winterliches Szenario.
Hinterfangen wird der Film vom Rauschen des Eiskellerbaches, der - einst aufgestaut - winterliche Eisernten erlaubte, um im Sommer Lustbarkeiten zu konservieren. In bewegungsloser Kameraeinstellung auf den unbetretbaren Ort – den Eingang des Eiskellerbergs auf Gut Hemmelmark (Barkelsby, Schleswig-Holstein) – sensibilisiert die Künstlerin für Transformationsprozesse, Grenzfälle und magische Zwischenwelten. Der Titel der filmischen Metapher stellt Bezüge zur 1908 erschienenen Studie „Übergangsriten“ (Les rites de passage) des Ethnologen Arnold von Gennep her.
Das Filmprojekt wurde in Kooperation mit dem Kunstverein „Gesellschaft für zeitgenössische Konzepte e.V.“ realisiert und mit Hilfe der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein und der Filmwerkstatt Kiel produziert.
Biografie: Sabine Linse (*1966 in Eckernförde, lebt in Berlin) studierte Philosophie, Anthropologie, Germanistik und Kunst in Düsseldorf, Berlin und Barcelona und war Meisterschülerin von Rebecca Horn. Sie arbeitet im Bereich Kunstvideo, Inszenierte Fotografie, Zeichnung und Installation. Ihre Produktionen wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt, sowie durch diverse Stipendien u.a. das Else-Heiliger-Stipendium ermöglicht.
Filmografie (Auswahl):
Im Grünen, 2005
Hurlyburly, 2007 (Künstlergruppe TRISTAR)
Krähen, 2001/2007
Eklipse, 2006
Illusions and Deceptions I: Paradise, 2009
Illusions and Deceptions II: Da Trip, 2009
Illusions and Deceptions III: Garden Party, 2009
Übergangsriten: Die Künstlerin sagt selbst zur filmischen Umsetzung des Projekts, dessen Titel auf die Studie „Übergangsriten“ des Ethnologen Arnold von Gennep (1908) zurückgeht: „Die Blende ist so eingestellt, dass zu Beginn der Abenddämmerung die Landschaft ‚normal‘ hell zu sehen ist, im Laufe der Dämmerung wird sie immer dunkler. Einzige Konstante ist das farbige Licht, also der innere Bereich des Berges, der sich dem Auge entzieht und der Imagination damit freien Raum lässt. Bei beiden Videos (Winter wie Sommer) handelt es sich um jeweils eine Einstellung. Es entsteht somit eine Art Fotografie, der man die Zeit zurückgegeben hat. In beiden Sequenzen werden die Zeiten der Dämmerung bis zur absoluten Dunkelheit dokumentiert. Morgen- und Abenddämmerung werden direkt aneinander gehängt und als Loop geschnitten, so dass eine surreale Dokumentation des Ortes entsteht. In der Fokussierung auf die Lichtveränderungen gibt es weder Tag noch Nacht, sondern nur unterschiedliche Qualitäten der Dämmerung. Als Zeit des Übergangs ist sie auch eine Zeit zwischen den Welten und damit des Eintritts mythischer, magischer Vorgänge.“
Weitere Informationen zur Künstlerin: www.sabinelinse.de
Mit Künstlerinnen und Künstlern in historischen Eiskellern zu arbeiten, bedeutet neue Aktionsformen zu entwickeln, künstlerische Forschungsfreiräume zu schaffen und sich im „Wald der Fiktionen“ (Umberto Eco) zu verirren. Das Eiskellerprojekt ist ein kuratorisches Experiment, das auf der Grundlage veränderter künstlerischer Produktionsbedürfnisse entwickelt wurde. Es verlangt Künstlern, Kuratoren und dem Publikum eine engagierte Aneignung ab, die sich lohnt, denn der Nutzen ist offenkundig: Der geschäftigen Kunstmarktproduktion wird ein verlangsamter Arbeitsmodus entgegengesetzt.
Es entsteht Zeit für Reflexion und Verdichtung. Besonders fasziniert die Künstler und das Publikum die Schönheit, Ruhe und Verlassenheit der Eiskellerberge, denn stets befindet sich das ehemalige Kühlhaus unter schattenspenden Bäumen, in der Nähe von Gewässern und im verwachsenen Gehölz.
So zeigt sich: „Kunst im ländlichen Raum ist nicht länger die vereinzelte Platzierung von Land Art an Orten außerhalb der Stadt, kein Standortnachteil für künstlerische Produktion“, wie Gerrit Gohlke anlässlich der Katalogpräsentation, 2014 formulierte, vielmehr wird der Eiskeller zu einem Reflexionsraum, der Metadaten über die historischen Klimaschwankungen im Ostseeraum liefert und somit wie ein historisches Klima-Thermometer funktioniert.
Der Kunstverein: Die Gesellschaft für zeitgenössische Konzepte e.V. arbeitet seit 2012 mit internationalen Künstlerinnen und Künstlern in Eiskellern Schleswig-Holsteins. In der ersten Projektphase (2012-2014) entwickelten Hans Hs Winkler (Berlin/ NY) als Künstler und künstlerischer Kurator, Till Krause (Hamburg), Dan Peterman (Chicago), Ulrike Mohr (Berlin) Kunstprojekte in ehemaligen Eiskellern und in der durch die Eiszeit geprägte Landschaft Schleswig-Holsteins. Initiatorin und Kuratorin des Projekts ist die in Kiel lebende Kunsthistorikerin Verena Voigt M.A.
2014 erschien das Projektbuch „Eiskeller und Himmelslöcher. Interventionen, Erkundungen, Rekonstruktionen und Kartierungen in Schleswig-Holstein“, das über den Kunstverein erworben werden kann.
Am 19. März findet für Pressevertreter eine Eiskeller-Exkursionen in Schleswig-Holstein statt. Um Anmeldung wird gebeten.
Anmeldung zur Eiskeller-Tour: kontakt@verena-voigt-pr.de
Weitere Informationen zum Projekt: www.facebook.com/eiskellerforschungen
Das 20. Filmfest Schleswig-Holstein
Das Filmfest Schleswig-Holstein wird seit 1993 von der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein zusammen mit dem Kommunalen Kino Kiel in der Pumpe in Kiel ausgerichtet. Veranstalter ist seit 2008 die Filmwerkstatt Kiel zusammen mit dem Kino in der Pumpe und der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein. Vom 17. - 20. März 2016 werden Produktionen von Filmschaffenden aus dem Norden sowie geförderte Filme gezeigt. Daneben finden Werkstattgespräche statt, die sich besonderen Themen der Filmbranche im Norden widmen.
Weitere Filme des Filmfestivals (Auswahl):
Viola Rusche, A Shape of Time, Über den japanischen Komponisten Jo Kondo
Hauke Lorenz, Viacrucis Migrante – Kreuzweg der Migrant_innen
Daria Khlestkina, Die letzte Limousine
Samuel Collardey, Tempete
Weitere Informationen zum 20. Filmfest Schleswig-Holstein: http://www.ffhsh.de/de/news/2016/2016_01_05_Filmfest_Schleswig-Holstein.php
Premierenfeier: 18. März 2016 während des 20. Filmfests Schleswig-Holstein
Veranstaltungsort: Die Pumpe, Haßstraße 22, Kiel
Werkstattgespräch mit Prof. Dr. Susanne Düchting: 19 Uhr, Vorführungsraum
Filmbeginn: 14 Uhr im Vorführungsraum