Die Zahl der registrierten Straftaten in der Kriminalstatistik der Landeshauptstadt ist erneut zurückgegangen. Die Anzahl der Straftaten ist im Vergleich zum Jahr 2009 um 1.911 Delikte auf 28.861 gesunken, das sind 6,2 Prozentpunkte. In Schleswig-Holstein ist die Zahl der Straftaten um 8,8 Prozentpunkte auf insgesamt 221.510 zurückgegangen. Der in den letzten Jahren zu beobachtende Abwärtstrend hat sich nach einer Steigerung im Jahresvergleich 2007/2008 in 2010 weiter fortgesetzt.
Mit insgesamt 28.861 Fällen liegt die Fallzahl deutlich unter dem Zehnjahresdurchschnittswert von 34.168 und ist die niedrigste seit zehn Jahren.
Kiels Polizeichef Thomas Bauchrowitz sagte bei der Vorstellung der Jahresstatistik: "Die stetige und im Jahr 2010 sogar verstärkte Reduzierung der Fallzahlen ist natürlich überaus erfreulich. Darin finden die Kieler Polizeibeamtinnen -und beamten für ihre harte tagtägliche Arbeit Bestätigung. Sorgen bereitet mir allerdings der steigende Anteil von Tatverdächtigen unter 21 Jahren bei den Raubdelikten. Hier verfolgen wir konsequent die gerade aktualisierten Leitlinien zwischen der Landeshauptstadt und der Polizei Kiel, um dieser Entwicklung entgegen zu wirken."
Die Gesamtzahl der Rohheitsdelikte (Raub/Körperverletzung pp.) ist in etwa gleich geblieben. Dennoch blickte Thomas Bauchrowitz besorgt auf die Entwicklung der Raubtaten: "Die vielfach jungen Täter zeigen sich zunehmend gewaltbereit. Sie traktieren ihre Opfer mit körperlicher Gewalt und benutzen oft Waffen wie Messer und Schusswaffen zur Ausführung dieses Verbrechens. Den Tätern ist teilweise gar nicht bewusst, welche schweren körperlichen aber auch psychischen Folgen sie bei den Opfern auslösen. In dieser Situation fühlen sich die Opfer hilflos und erleiden Todesängste." Sollten die Geschädigten durch die Tat nicht äußerlich verletzt worden sein, so verursachen diese Vorfälle oft noch lange nach der Tat Angstzustände und Vermeidungsverhalten. Das kann zum Beispiel bei Kassiererinnen oder Taxifahrern bis hin zur Berufsunfähigkeit führen. Die Polizei Kiel reagiert auf die Lage, indem die Beamten noch verstärkter in den Bereichen präsent sind, die durch das Kieler Lage- und Analysesystem (KLAS) aktuell als Schwerpunkte im Hinblick auf dieses Deliktsfeld erkannt wurden. Die Reduzierung dieser Verbrechenstatbestände ist daher oberstes Ziel aller Beamten in der Polizeidirektion Kiel. "Die bisherigen Festnahmen und die gestoppte Serie von Überfällen auf Gewerbebetriebe zeigt, dass die Polizei mit diesem Ansatz Erfolg hat. Die Beamten der Kriminalpolizei nehmen Vernehmungen vor und gehen jeder Spur nach, um den Beschuldigten letztendlich die Tat nach zu weisen", sagte Kiels Polizeichef.
Ein weiteres Deliktsfeld, das die Polizei Kiel beschäftigt, ist die Diebstahlskriminalität. Sie nahm auch im vergangen Jahr mit 46,7 Prozent wieder den größten Anteil an der Gesamtkriminalität ein, ist aber um rund drei Prozentpunkte gefallen. Im Deliktsbereich der registrierten Tageswohnungseinbrüche befindet sich Kiel weiterhin auf hohem Niveau. Trotz durchgeführter Sondereinsätze verzeichnet die Polizeiliche Kriminalstatistik einen Anstieg um 9,6 Prozent. Der Leiter der Kriminalpolizei Kiel, Kai Richter, sagt dazu: "Bei den Tätern handelt es sich oft um Alleintäter. Sie begehen die Taten in wenigen Minuten und verschwinden danach schnell wieder. Durch Festnahmen auf frischer Tat oder durch spätere Ermittlungen können Serien aufgeklärt werden, die zuvor die Statistik negativ beeinflusst haben." Dieser Schwerpunkt prägt seit Jahren die Kieler Polizeiarbeit, denn durch Eintritt Fremder in den privaten Wohnraum wird das Sicherheitsgefühl der Bürger erheblich beeinträchtigt. Durch das Kriminalitätslage -und Analysesystem nehmen die Beamten entsprechende Lageauswertung vor. So können Schwerpunkte erkannt und entsprechende polizeiliche Maßnahmen eingeleitet werden. Diese führen oft zu weiteren Ermittlungsansätzen und im Erfolgsfall auch zur Festnahme von Tatverdächtigen.
Die einzelnen Deliktsfelder:
Diebstahl
Die Diebstahlskriminalität nimmt den größten Teil der Gesamtkriminalität ein. Der Anteil der einfachen Diebstähle ist aber um 7,6 Prozentpunkte gefallen, der des besonderen oder unter erschwerenden Umständen verübten Diebstahls um 14 Prozentpunkte.
- Diebstahl an Kfz. + 10,8 Prozent
- Diebstahl aus PKW - 28,1 Prozent
- ED Wohnräume + 2,8 Prozent
- Tageswohnungs-ED + 9,6 Prozent
- Fahrraddiebstahl - 0,5 Prozent
- Taschendiebstahl - 7,4 Prozent
- Ladendiebstahl - 11,6 Prozent
Bei den Diebstählen aus Personenkraftwagen hat sich die Situation weiter entspannt, hier sind die Taten im Vergleich zu den Vorjahren deutlich zurückgegangen. Die Zahl der bekannt gewordenen Fälle im Deliktsfeld Einbruchsdiebstahl in/ aus Wohnungen ist gestiegen, sie liegt weiterhin deutlich über dem Durchschnitt der letzten Jahre. Auch der Tageswohnungseinbruch nimmt zu. Der Fahrraddiebstahl ist gegenüber 2009 weiter rückläufig und deutlich unter den Zahlen vom Beginn des Jahrzehnts. Taschendiebstahl und Ladendiebstahl sind gegenüber 2009 wieder deutlich zurückgegangen und sind bei Betrachtung des gesamten Beobachtungszeitraums insgesamt rückläufig.
Vermögens- und Fälschungsdelikte
Der Bereich der Vermögens- und Fälschungsdelikte ist im Vergleich 2009 zu 2010 um 20,7 Prozent gestiegen. Die Fälle des Waren- und Kreditbetruges sind um 11 Prozent gestiegen.
Rohheitsdelikte
Die Gesamtzahl der Rohheitsdelikte (Raub/Körperverletzung pp.) ist im Gegensatz zur Gesamtkriminalität zurückgegangen. Auch die Anzahl schwerer und gefährlicher Körperverletzungen ist im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Die Raubtaten sind gegenüber 2009 statistisch gesehen gestiegen, dennoch kann nicht von einem Anstieg der Taten gesprochen werden, da die im letzten Quartal 2009 verübten Taten in die Statistik für 2010 eingeflossen sind. Die Bekämpfung der Rohheitsdelikte, insbesondere der schweren Raubtaten, ist ein Aufgabenschwerpunkt von Polizei, Staatsanwaltschaft und das Amt für Familie und Soziales. Diese Vereinbarung ist weiterhin aktuell und wird konsequent durchgeführt. Dies dürfte sich aber bestenfalls mittelfristig in der PKS niederschlagen.
Rauschgiftdelikte
Die Gesamtzahl der Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz ist im Wesentlichen ein Ergebnis der polizeilichen Aktivitäten. Die Zahlen lassen nur bedingte Aussagen zur tatsächlichen Situation zu. Sie zeigen aber einerseits, dass Betäubungsmittel nahezu überall verfügbar sind und andererseits, dass es entsprechend dem Rauschgiftbekämpfungskonzept der Kieler Polizei nachhaltig gelingt, eine Vielzahl von Straftaten in diesem Bereich aufzudecken. Kai Richter, Leiter der Kriminalpolizeistelle Kiel: "Die deutlichen Rückgänge der Fallzahlen sind vor allem im Bereich der so genannten "User-Delikte" zu verzeichnen, bei der Bekämpfung von Handel und Schmuggel wurde der hohe Standard des Vorjahres gehalten." Nach wie vor wird die Situation durch einen hohen Anteil von Cannabisdelikten geprägt. Die Zahl der Drogentoten ist mit sieben Verstorbenen im Vergleich zum Vorjahr (neun) weiter zurückgegangen.
Jugendkriminalität
Im Januar erneuerten die Landeshauptstadt und die Polizeidirektion Kiel die Vereinbarung von Leitlinien für die Zusammenarbeit von Polizei und Sozialarbeit, um der Jugendkriminalität erfolgreich entgegen zu treten. Das Erfolgsmodell wird dem zu Folge fortgeschrieben und der veränderten gesellschaftlichen Ausgangslage angepasst. Die Erwachsenen über 21 Jahren stellen mit 72,3 Prozent (7.049 Personen) den größten Anteil der Tatverdächtigen (2009: 72,3 Prozent).
Gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil sind Jugendliche (14 bis unter 18 Jahre) mit 10,3 Prozent (2009: 12,6 Prozent) und Heranwachsende (18 bis unter 21 Jahre) mit 11,3 Prozent (2009: 10,8 Prozent) bei den Tatverdächtigen aber deutlich überrepräsentiert. Dies ist nach kriminologischen Erkenntnissen allerdings durchaus als "normal" anzusehen. Besorgniserregend ist weiterhin der hohe Anteil Tatverdächtiger unter 21 Jahren im Bereich der Rohheitsdelikte. Bei den Raubtaten stellen sie mit rund 67,1 Prozent den größten Teil, bei den gefährlichen und schweren Körperverletzungen sind es 37,3 Prozent. Dies verdeutlicht, dass die Anpassung der Leitlinien an die gesellschaftlichen Veränderungen dringend notwendig war. Gewaltprävention im Kinder- und Jugendbereich wird natürlich auch künftig eine zentrale Rolle in der polizeilichen Arbeit einnehmen.
Straftaten gegen das Leben
Die Zahl der Straftaten gegen das Leben beläuft sich im Jahr 2010 auf 20.
Fazit
Nach fünf Jahren Rückgang und einem Anstieg in 2008, hat sich die schon für 2009 zu verzeichnende Reduzierung der Fallzahlen auch 2010 fortgesetzt. Aktuell entwickelt sich die bekannt gewordene Kriminalität in der Landeshauptstadt mit dem Landestrend. Einerseits ist Thomas Bauchrowitz mit der Reduzierung der Kriminalität natürlich zufrieden, andererseits trübt die Entwicklung der Raubtaten, überwiegend durch Täter unter 21 Jahren begangen, die Zufriedenheit.
Entsprechende Maßnahmen hat der Polizeichef daher schon eingeleitet und hebt die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft hervor: "Wir bekämpfen dieses Deliktfeld mit großem personellem und zeitlichem Einsatz. Durch Präsenzstreifen und offensive Personenkontrollen potentieller Täter im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten, durch fortwährende Aus- und Bewertung der dadurch gewonnenen Personenkenntnisse und durch täterorientierte Ermittlungsarbeit mit dem Ziel der zeitnahen Inhaftierung von Wiederholungstätern sowie ständiger Überprüfung unserer Maßnahmen, wollen wir der Täter habhaft werden und der Justiz zuführen. Dies geschieht natürlich in enger Abstimmung und Kooperation mit der Staatsanwaltschaft Kiel. Die Zusammenarbeit verläuft reibungslos und im Sinne der Sache erfolgreich." Nicht nur die Polizeidirektion Kiel ist von dieser Problematik betroffen. die Bekämpfung der schweren Gewaltdelikte sowie der schweren Diebstähle sind Landesschwerpunkte und werden die polizeiliche Arbeit im Jahr 2011 prägen. Hier gilt es, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung durch die Steigerung der Aufklärungsquote nachhaltig zu stärken.
Die Gesamtkriminalitätsbelastung der Landeshauptstadt Kiel liegt, wie in den Vorjahren, deutlich über dem Landesdurchschnitt, dies ist aber für urbane Bereiche durchaus typisch. Im Vergleich der Häufigkeitszahl der kreisfreien Städte nimmt Kiel nach Neumünster und Lübeck den dritten Platz ein. Weiterhin gilt, dass die Kriminalität in der Landeshauptstadt Kiel wesentlich auch durch die "Magnetwirkung" einer Landeshauptstadt geprägt ist.
Die vollständige Kriminalstatistik der PD Kiel ist im Internet unter www.polizei-kiel.de als Download abrufbar.