Die Koloniale Frauenschule ist ein fast vergessenes Kapitel der deutschen Geschichte. Dass es über die Absolventinnen und ihre ambivalente Rolle aber viel zu erzählen gibt, zeigt jetzt die überaus sehenswerte Ausstellung „Von Rendsburg in die weite Welt. Die Koloniale Frauenschule“.
Wo heute das Nordkolleg residiert, stand zwischen 1927 und 1945 die Koloniale Frauenschule. Die Schule richtete sich an junge Frauen zwischen 18 und 25 Jahren, die ausgebildet wurden, um in den ehemaligen deutschen Kolonien einen landwirtschaftlichen Betrieb führen zu können. Unterrichtet wurden Hauswirtschaft und Handwerk: Tischlern, Metallbearbeitung, Polstern; dazu Agrartechnik und Tierhaltung, viel Sport, Schießen und Reiten, Sprachen, Hygiene. Eine ungewöhnliche Ausbildung für Frauen jener Zeit, jenseits der damaligen Rollenvorgaben. Und so bildete die Frauenschule Schülerinnen aus, die Abenteuer und Freiheit in Übersee sucn der Kolonialpolitik als gefügige Farmerinnen, Ehefrauen und Mütter weißer Kinder gedacht waren.
Gegründet wurde die Frauenschule von der Deutsche Kolonialgesellschaft und dem Reichsinnenministerium, um das sogenannte Deutschtum in der Welt zu vertreten.
Was kolonialrevisionistisch nach dem verlorenen Weltkrieg und dem Verlust der Kolonien begann, war offensichtlich rassistisch-expansionistisch und hatte auch Platz für faschistische, nationalsozialistische Ideen. Wie passt das zusammen: vermeintlich emanzipierte Frauen mit Abenteuerlust und Neugier auf die weite Welt – und das Gegenteil von Emanzipation, einem rassistisch-kolonialen, auf Unterdrückung gebauten Weltbild? Auch dieser Ambivalenz widmet sich die Ausstellung: Wer waren die Schülerinnen, was war ihre Motivation, wie passen sie zum Kolonialismus?
Die Kuratorin Joana Schröder legt mit dieser Ausstellung ihre Abschlussarbeit als Volontärin in den Rendsburger Museen vor. Dazu hat sie eine Vielzahl an Exponaten zusammengestellt, vom Kochbuch bis zum Rhönrad; sie beleuchtet das Thema Kolonialismus aber auch aus nicht-europäischer Perspektive. Ziel ist es nebenbei auch, einen kritischen Beitrag zu den aktuellen Debatten über das koloniale Erbe zu leisten.
bis 8. Oktober 2023
Museen im Kulturzentrum, Rendsburg