Stuttgart ist eine Stadt mit vielen Gesichtern: In der grünen Landeshauptstadt – im doppelten Wortsinn – treffen historische Wahrzeichen auf modernen Autobau. Nicht nur deshalb ist die Metropole am Neckar für Besucher immer eine Reise wert: Sie hat deutlich mehr zu bieten als nur „Stuttgart21“.
Stuttgart ist die Metropole des deutschen Autobaus. Mehr als 75.000 Menschen arbeiten in den Daimler-Benz-Werken. Hier schufen Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach durch die Erfindung des schnelllaufenden Benzinmotors die Grundlage für den Siegeszug des Automobils. Und in Zuffenhausen werden PS-starke Wünsche erfüllt: Im Porsche-Werk arbeiten noch einmal mehrere tausend Menschen an den Träumen auf vier Rädern. „Wenn der Daimler huschtet, isch’s Ländle krank“: Dieses geflügelte Wort beschreibt am ehesten, wie viel Einfluss der Automobilbau in einer der stärksten Wirtschaftsregionen Deutschlands hat. Doch wer nun auf die Idee kommen könnte, Stuttgart sei am besten mit dem Auto zu erkunden, der ist auf dem Irrweg: Die Kessel- und Hanglage der 600.000-Einwohner-Stadt sowie zigtausende Pendler machen das Autofahren in Stuttgart zu einer Geduldsprobe – zumal wichtige Hauptstraßen oftmals nicht viel breiter als Kieler Fahrradstraßen sind. Deshalb der gute Rat: Auto abstellen und die Stadt mit dem hervorragend ausgebauten und günstigen Öffentlichen Personennahverkehr erkunden.
Natürlich geht das auch zu Fuß – dann sollte man allerdings eine gute Kondition mitbringen. Denn die Berg- und Talwanderung im Stadtgebiet fordert die Muskulatur. Gut für Bauch, Beine und Po sind die rund 400 „Stäffele“. Das sind Treppenanlagen, die einst als Wege der Weinbauern zu ihren Reben genutzt wurden. Als dann die Hänge bewohnt wurden, ersetzten Betontreppen die Trampelpfade und helfen den Stuttgartern, die bis zu 350 Höhenmeter innerhalb der Stadtgrenzen zu überwinden.
Die Johanniskirche liegt im Feuersee in Stuttgart-West. Ihr Turm mit der fehlenden Spitze gilt als Mahnmal gegen den Krieg
Warum Stuttgart bei den Umfragen zur Lebensqualität immer auf den vorderen Rängen landet, erschließt sich dem Besucher schnell: Die Landeshauptstadt ist tatsächlich grün – und das nicht nur politisch. Viele Waldflächen lassen Erholung auch mitten im Zentrum zu. Der einzige zoologisch-botanische Garten Deutschlands, die „Wilhelma“, ist eines der beliebtesten Wahrzeichen der Stadt. Der Schlossgarten ist die grüne Lunge Stuttgarts – auch deshalb hat der Streit um dortige Baumfällungen im Rahmen des umstrittenen Bahnprojekts „Stuttgart21“ für die Bewohner der Stadt eine hohe emotionale Qualität. Die Proteste gegen den Bau des unterirdischen Durchgangsbahnhofs haben der Stadt aber auch neue touristische Attraktionen geschaffen: So ist der mit unzähligen Protest-Botschaften versehene Bauzaun am Bahnhof genauso begehrtes Fotomotiv wie die Zelte der „Parkschützer“ im Schlossgarten.
Ausruhen kann man sich dort in einem der größten Biergärten der Stadt – rund 1.800 Menschen finden hier Platz. Tipp für Kostensparer: Dort kann man auch mitgebrachte Dinge verzehren, die eigene Brotzeit ist ausdrücklich erwünscht. Kulinarisch hat die Stadt viel zu bieten – und das im Vergleich zum Norden für günstiges Geld. Wohl auch deshalb sind die vielen Restaurants an nahezu allen Tagen der Woche gut gefüllt, eine telefonische Reservierung empfiehlt sich daher. Im „Ländle“ liebt man das gemeinsame Speisen. Ein Tipp für alle, die gute schwäbische Küche genießen möchten, ist das „Stäffele“ in der Nähe des Feuersees (Buschlestr. 2, Tel.: (0711) 61 72 76). Käsespätzle, Rostbraten, Maultaschen und auch für norddeutsche Gaumen eher gewöhnungsbedürftige Spezialitäten wie „saure Nierle“ oder „Kutteln“ gibt es hier in einem typisch schwäbisch-gemütlichen Ambiente.
Neue Touristenattraktion: der mit Protest-Botschaften „tapezierte“ Bauzaun an der Stuttgart21-Baustelle
Wer hingegen eines der berühmten Schweineschnitzel in der nicht weniger bekannten „Weinstube Fröhlich“ (Leonhardstr. 5, Tel.: (0711) 24 24 71) genießen möchte, muss sich in das Rotlichtviertel – auch das gibt es im „Ländle“ – bewegen: Eingerahmt von den halbseidenen Etablissements steht dort die mit dunklem Holz vertäfelte Gaststube, die als Anlaufstelle für Journalisten, Künstler und Geschäftsleute weit über die Grenzen der Stadt bekannt ist. Ein Muss für Stuttgart-Besucher: die sogenannte Besenwirtschaft. Wenn bei den „Besenwirten“ zweimal im Jahr und insgesamt maximal vier Monate ein Reisigbesen vor der Tür steht, wird es gemütlich. In der guten Stube, einem Extra-Raum oder einem Schuppen wird von den Weingärtnern ausschließlich der eigene Wein ausgeschenkt. Dazu gibt’s deftige Hausmannskost (www.besenwirtschaften.de).
Das Leben pulsiert in den warmen Sommermonaten auch in der Innenstadt: Der Schlossplatz vor dem Alten und Neuen Schloss mit seinen Brunnen und Baumreihen ist beliebte Liegewiese und Tummelplatz für alle Generationen. In den umliegenden Cafés genießt man die Wärme, oder man begibt sich auf Erkundungstour: Vom Schlossplatz aus kann man in wenigen Minuten viele Wahrzeichen Stuttgarts besuchen: Den Schillerplatz mit der Stiftskirche, die wegen ihrer beiden unterschiedlichen Türme berühmt wurde, das Württembergische Staatstheater (für die Vorstellungen rechtzeitig um Karten bemühen!), Kunstmuseum und Staatsgalerie – hier ballt sich die Geschichte der Stadt. In der angrenzenden Königsstraße wechseln sich Boutiquen und Geschäfte angesagter Szenelabels ab. Ein Einkaufszentrum der besonderen Art ist der Königsbau: Hinter der beeindruckenden Säulenfassade kann man auf rund 25.000 Quadratmetern nach Herzenslust shoppen. Und wenn man dann noch Luft hat, geht es rauf zum Fernseh- oder zum Killesbergturm: das Panorama genießen.
Natürlich sollte man Stuttgart nicht verlassen, ohne einmal bei den Automobilbauern vorbeizuschauen: Im futuristischen Porsche-Museum (Porscheplatz 1) wartet die PS-trächtige Geschichte der Nobel-Sportwagen auf die Besucher, im noch größeren Mercedes-Benz-Museum (gleich neben der Mercedes-Benz-Arena des VfB Stuttgart im Neckarpark) kann man anhand vieler Schätze, wie zum Beispiel dem Benz-Patent-Motorwagen, dem Flügeltürer 300 SL Coupé von 1954 oder auch dem ersten „Papamobil“ des Papstes, auf gut 16.000 Quadratmetern die Entwicklung des Automobils in den vergangenen Jahrhunderten nachvollziehen – und damit auch ein gutes Stück Stuttgarter Stadtgeschichte.
Höhepunkt für Autofreunde ist der Besuch des Mercedes-Benz-Museums im Neckarpark
Service:
Telefonische Hotelreservierung: (0711) 222 81 00
www.stuttgart-tourist.de