Der diesjährige Literatursommer mit dem Länderschwerpunkt „Bosnien und Herzegowina/Kroatien/Serbien“ präsentiert Werke, die von Flucht, Migration und Heimat erzählen und auf soziale Veränderungen bis in die heutige Zeit hinweisen
Mit Dževad Karahasan und Miljenko Jergovi sind zwei epochale und preisgekrönte Erzähler zu Gast. Am Rand der Gesellschaft bewegen sich mit ihren Antihelden jüngere literarische Gäste wie Barbi Markovi und Vladimir Kecmanovi. KIELerleben hat die wichtigsten Termine im Juli und August für sie zusammengestellt:
Mittwochs, 05. Juli bis 30.August, jeweils 15 Uhr – Kiel (verschiedene Orte)
Geschichten am Meer für Kinder ab 5 Jahren
Spannende und lustige Geschichten von stolzen Schiffen und gefährlichen Piraten, aber auch von mutigen Mädchen und wahren Freunden werden an unterschiedlichen Orten in Kiel vorgelesen – mal am Falckensteiner Strand, mal auf der Kieler Hansekogge, mal auf dem Dampfschiff „Bussard".
Eintritt frei
Mittwoch, 12. Juli, 19 Uhr - Literaturhaus S-H
Ausstellungseröffnung „Jugendengagement in Südosteuropa“
Die Organisation hinter dem Sozialen Tag, Schüler Helfen Leben, zeigt Eindrücke jugendlichen Engagements in Bosnien und Herzegowina und Serbien. Ausgestellt werden Fotos aus der täglichen Arbeit des Projektpartners GRUBB (Gypsy Roman Urban Balkan Beats) und des SHL-Büros in Sarajevo. Zur Ausstellungseröffnung hält Klaas Martens einen kurzen Vortrag.
Eintritt frei
Laufzeit der Ausstellung:12. Juli – 31. August, Mo–Do 10–12 Uhr und 14–17 Uhr
Dienstag, 25. Juli, 19 Uhr – Schleswig, Schloss Gottorf
Feierliche Eröffnung des Literatursommers mit Dževad Karahasan und Lojze Wieser
Zur Eröffnung des Literatursommers auf Schloss Gottorf in Schleswig geben der Schriftsteller Dževad Karahasan und Lojze Wieser (Wieser Verlag) einen Einblick in die literarische Vielfalt der drei Gastländer. Grußworte sprechen u.a. Dr. Christian Meyer-Heidemann (Landesbeauftragter für politische Bildung S-H), Eckhard Haeger (Bürgervorsteher Schleswig), Prof. Dr. Claus von Carnap-Bornheim (Stiftung Schloss Gottorf) und Uwe Döring (Minister a.D., Vorsitzender der Europa-Union S-H). Musik: Volker Linhardt an der Kjersgaard-Orgel
Eintritt frei, Anmeldung erforderlich bis zum 11. Juli unter Tel.: (0431) 579 68 40
Mittwoch, 26. Juli, Literaturhaus S-H
„Antworten aus der Asche des Seldschukenreichs" - Lesung und Gespräch mit Dževad Karahasan und Lojze Wieser
In seinem Roman „Der Trost des Nachthimmels" erzählt Dževad Karahasan die Geschichte des Hofastronoms Chayyam, der sich in Isfahan in Sukayana verliebt, die Tochter des Mannes, dessen rätselhaften Tod er aufklären soll. Chayyams akribische Recherchen erzeugen eine Atmosphäre obsessiver Verdächtigungen, die die aufkeimende Liebe zwischen den beiden ersticken könnte. Auch am Hof verdüstert sich der Horizont, wo Intrigen das Seldschukenreich von innen bedrohen, während ihm Kreuzritter und Mongolen von außen gefährlich werden... Mit epischer Kraft schildert Karahasan, wie der heraufziehende religiöse Fundamentalismus eine von geistige Vielfalt und Toleranz geprägte Epoche zerstört.
Ausgehend von der Romanparabel gibt es im Anschluss an die Lesung ein von Michael Schmunck (Botschafter a.D.) moderiertes Gespräch mit Dževad Karahasan und Lojze Wieser (Wieser Verlag), welches über das Gehörte hinaus auch auf das Bosnien der Gegenwart weist. Im Wieser-Verlag sind die ganz frühen Werke von Karahasan erschienen. Bereits seit 30 Jahren verlegt Lojze Wieser Literatur aus dem europäischen Osten. Bekannt ist v. a. die mehrteilige „Europa Erlesen-Reihe“, welche die Vielfalt der Literatur verschiedenster Regionen präsentiert.
Eintritt frei, Anmeldung erforderlich unter Tel.: (0431) 579 68 40
Freitag, 04. August, 19 Uhr – Alter Botanischer Garten Kiel / bei Regen: Literaturhaus S-H
„Von Schurken und Superheldinnen“ - Literaturfest im Alten Botanischen Garten mit Lesungen von Barbi Marković und Vladimir Kecmanović. Musik: Ostangeliter Orientexpress
An diesem Abend kommen zwei unterschiedliche serbische Stimmen zu Wort, die von nicht ganz so braven Mädchen und bösen Jungs erzählen. In dem Roman „Superheldinnen“ beleuchtet Barbi Marković drei Migrantinnen, die über dunkle und chaotische Kräfte verfügen, mit denen sie in den Wiener Vorstädten für Gerechtigkeit sorgen, aber selbst ein Dasein unter prekären Verhältnissen fristen. Auch die Helden von Vladimir Kecmanović bewegen sich am Rande der Gesellschaft. Der Autor verfolgt in seinem Thriller „Sibirien“ die Liebesgeschichte des ausgekochten Ganoven Miki und der Tochter eines mächtigen serbischen Mafiabosses, die auf der Flucht vor dem Gesetz im balkanischen Nirgendwo landen. Auch von der musikalischen Seite wird die Stimmung der beiden Romane eingefangen. Die Spannbreite der Stücke der Band „Ostangeliter Orientexpress“ reicht von afghanischen Volksliedern, allerlei tanzbaren Balkanstücken mit krummen Taktarten und melancholischen persischen Balladen bis hin zu Eigenkompositionen. Durch die spezielle Kombination von östlichen und westlichen Instrumenten entstehen ganz besondere Klangfarben. Umrahmt wird die Veranstaltung durch einen thematischen Lyrikparcours sowie durch ein buntes kulinarisches Angebot des Freundeskreises, das dazu einlädt, den Abend bei einem Glas Wein und kleinen Gaumenfreuden ausklingen zu lassen. Im Literaturhaus ist die Ausstellung „Jugendengagement in Südosteuropa“ zu sehen.
Eintritt: 10/ 8 Euro
Donnerstag, 10. August, 20 Uhr – Literaturhaus S-H
Murat Baltić liest aus seinem Roman „Verlorene Söhne“
Gegensätzlicher könnten die Figuren in diesem mitreißenden Epos „Verlorene Söhne“ von Murat Baltić gar nicht sein: Der kosovarische Rom Sulejman Selmani kommt mit seiner Familie nach Deutschland. Als schwieriger Fall landet er bei der Ausländerbehörde ausgerechnet bei dem pflichtbewussten Reinhard Krieger, der das Wichtigste am Leben einfach an sich vorbeiziehen lässt. Erst als er seinen Sohn als KFOR-Soldat im Kosovo-Krieg verliert, gerät sein beharrliches Beamtentum ins Wanken. Und es ist ausgerechnet Sulejman, der ihm zeigt, dass man einen Traum auch immer anders träumen kann und dass dieser zum Auftakt von etwas Unglaublichen werden kann. Murat Baltić hat eine moderne Saga über Flucht und Migration geschrieben, die harte und berührende Momente ebenso wenig scheut wie Humor. Er lässt uns über das prekäre Schicksal der Roma in Europa nachdenken. Baltić 1952 im Sandschak geboren, flüchtete als Kritiker des Milošević-Regimes nach Deutschland. Er hat kritische Essays, Romane, Erzählungen und Gedichtbände veröffentlicht.
Eintritt frei, Anmeldung erbeten unter Tel.: (0431) 579 68 40
Freitag, 11. August, 19 Uhr – Steinpark Warder
„Ein Ausflug für alle Sinne“ - Murat Baltić und Anja Ross bieten Einblicke in ihr poetisches Schaffen
Der Steinpark Warder von Bildhauer Ben Siebenrock am Warder See ist ein idealer Ort für Groß-Skulpturen. Mit dieser Veranstaltung soll die Begegnung von Skulptur, Landschaft und Literatur ermöglicht werden. Dazu werden die schleswig-holsteinische Autorin Anja Ross und der serbische Schriftsteller Murat Baltić im lyrischen Zwiegespräch ihre neueren und älteren Gedichte vortragen. Dabei lässt sich mit dem einen oder anderen Gedicht auch auf die Skulpturen von Ben Siebenrock Bezug nehmen, wenn sich z. B. der Dichter in einem Vers von Murat Baltić in eine „steinerne Skulptur" verwandelt, die auf den poetischen Einfall wartet.
Murat Baltić musste als Kritiker des Milošević-Regimes nach Deutschland flüchten. Er hat kritische Essays, Romane, Erzählungen und Gedichtbände veröffentlicht. Auf Deutsch sind bereits fünf Romane und ein Gedichtband („Des Tages letzte Stunde“) erschienen. Anja Ross (*1963 in Kiel) veröffentlicht seit 1993 Lyrik, Prosa, journalistische und wissenschaftliche Texte in Zeitungen, Zeitschriften und Anthologien. Im Juli 2017 folgt die Uraufführung ihres Dokumentarfilms „Wege am Wasser" über ihre Malereltern, der auch Interviews mit Ben Siebenrock enthält.
Eintritt: 10,- €
Montag, 14.08.2017, 20 Uhr – Kunsthalle Kiel
„Die unerhörte Geschichte meiner Familie“ - Lesung und Gespräch mit Miljenko Jergović und Miroslav Nemec
Der Schriftsteller Miljenko Jergović (*1966 in Sarajevo) stellt mit dem Schauspieler Miroslav Nemec sein epochales Werk im diesjährigen Literatursommer vor. Darin begibt er sich auf die Spuren seiner aus den unterschiedlichsten Kulturen zusammengewürfelten Familie und ergründet in einem Erzählstrom voller unerhörter Begebenheiten, was das Menschsein ausmacht. Miroslav Nemec (*1954 in Zagreb), Schauspieler, Musiker und Autor, ist einem breiten Publikum durch viele Fernsehfilme und v. a. als Kriminalhauptkommissar Ivo Batic im Münchener Tatort bekannt. Im Literatursommer leiht er dem großen Erzähler Jergović seine deutsche Lesestimme. Im Gespräch mit Wolfgang Griep erfährt das Publikum, was das Leben in einem Vielvölkerstaat wie Jugoslawien für den Einzelnen bedeutet hat, vor allem wenn man sich selbst zu den „Anderen zählte“.Das Gefühl von Fremdheit ist geblieben, auch wenn Jergović sich an den Konflikten der Gegenwart auf seine Weise reibt. Die Übersetzung übernimmt Renata Steindorff.
Eintritt: Vorverkauf 16,50 Euro / Abenkasse: 18 Euro
Dienstag, 22. August, 20 Uhr – Literaturhaus S-H
Slavenka Drakulić liest aus „Dora Maar und der Minotaurus". Deutsche Texte: Jutta Hagemann
Slavenka Drakulić erzählt vom Leben Dora Maars, einer gefeierten Fotografin und schillernden Figur der Pariser Avantgarde um André Breton und Man Ray. Und von ihrem von Liebe und Leid bestimmten Verhältnis zu Pablo Picasso, der ihre rätselhafte Ausstrahlung in einer Reihe von Porträts festhielt, wie in „Dora und der Minotaurus“. Die Autorin lässt diese ungewöhnliche Frau selbst zu Wort kommen. Ein Roman über das ewige Rätsel der Liebe – und über diejenige Geliebte Picassos, die ihn am meisten inspiriert und dafür den höchsten Preis gezahlt hat. Die deutschen Texte liest Jutta Hagemann, die Übersetzung übernimmt Martina Klarić.
Slavenka Drakulić (*1949 in Kroatien) ist eine der bekanntesten Schriftstellerinnen ihres Landes. Für ihr Werk „Keiner war dabei“, das sich mit den Kriegsverbrechen auf dem Balkan beschäftigt, erhielt sie 2005 den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung.
Eintritt: 8 / 5 Euro
Weitere Infos finden Sie unter www.literaturhaus-sh.de