Die nördlichste Landeshauptstadt Deutschlands ist weitaus mehr als nur Leben mit Werften und Meer. Unter dem Motto „Kiel Kurios – Kurioses aus Kiel“ wird in Zukunft regelmäßig der Blick auf all die kleinen unterhaltsamen und interessanten Kuriositäten unserer Stadt geworfen werden, die eher am Rande geschehen und dabei doch so sehr den Charme Kiels ausmachen.
Am Beginn dieser neuen Reihe steht ein eher kleines Kuriosum in der Nähe des Blücherplatzes: das Nadelöhr.
Dieser in der Gneisenaustraße gelegene Laden ist ein Fachgeschäft für Steiff-Tiere und Stickarbeiten, das fast alles rund um diese beiden Hobbys bereithält. Dieses kleine Unikum liegt mit seiner Lage eher jenseits der städtischen Einkaufs- und Bummelwege. Allein schon optisch ist es durch seine klassisch wirkende Holzverkleidung und die roten Backsteingiebel über den Fenstern, die es aus der umgebenden Häuserzeile hervorheben, ein Hingucker.
Betrieben wird das Nadelöhr seit mehr als 25 Jahren von Jean Hempelmann. Er war es eines Tages einfach leid, mit den weiblichen Familienangehörigen immer wieder extra nach Dänemark zu fahren, um dort die dänischen Stick-Materialien einzukaufen und begründete somit diesen Laden. „So wurde das Hobby um die Bären und Garne immer mehr zum Beruf, der mich bis heute ernährt“, wie er selbst dazu meint. Seinerzeit gab er seine sichere Existenz als Programmierer auf und verschrieb sich ganz und gar den Bären und Stickgarnen. Dies berichtet er jedoch mit leichter Wehmut in der Stimme, da durch die Krise auch er Einbußen zu erleiden hatte.
„So wurde das Hobby um die Bären und Garne immer mehr zum Beruf, der mich bis heute ernährt.“
Aber was macht diesen Laden so kurios? Es sind natürlich die unzähligen Steiff-Bären, -Giraffen, -Hunde und -Katzen, die niedlich im Schaufenster liegen. Dazu kommen noch die unzähligen Stickereien an den Wänden und die Regalwände voller Garne, die, wie Jean Hempelmann enthusiastisch betont, das „wahrscheinlich größte Stickgarnangebot Norddeutschlands“ darstellen.
Auch sei das Besondere an seinen Stickmaterialien, dass es sich um den „Dänischen Kreuzstich“ handele. „Bei dieser klassischen nordischen Art des Stickens muss man alle Stickmuster anhand der Vorlage abzählen“, erläutert er. Ganz im Gegensatz zu den modernen Stickmaterialien, wo man nur vorbedruckte Stoffe bekomme. „Und das ist ja nun wirklich nichts besonders Anspruchsvolles“, untermauert er seine kurze Ausführung nachträglich.
Zu all den niedlichen Steiff-Figuren kommen noch die rundköpfigen hölzernen Erzgebirgsfiguren von Wendt & Kühn, die viele vor allem aus der Weihnachtszeit kennen, wenn sie die Betrachter mit ihren runden Bäckchen und ihrem verhaltenen Grinsen anlächeln. Aber auch diese Bären und Tiere selbst sind schon etwas Besonderes, „da all unsere Steiff-Figuren ausschließlich Exklusivfiguren und Sondereditionen sind“, beschreibt Herr Hempelmann sein Angebot mit leichtem Stolz „und manche sind sogar Re-Importe aus den USA, so was gibt es sonst nirgends“.
Auf die Frage hin, wie gut man von der Niedlichkeit leben könne, erwidert er prompt: „Leben kann man schon, aber eben nicht mehr so gut wie noch vor einigen Jahren.“ Ja, man merke eben, oder vor allem bei Hobbyartikeln, die Auswirkungen der Wirtschaftskrise. Dann „sitzt die Geldbörse eben nicht mehr so locker wie früher“. Während er dies sagt, lässt er den Blick über all das Niedliche in seinem Lädchen wandern und schließt damit, dass „das schon werden wird. Wir sind schließlich der einzige Laden dieser Art in Kiel, der noch übrig ist“. Es bleibt zu hoffen, dass er damit Recht behält, damit unser Kiel nicht ein Stück wirklicher Kuriosität verliert.
Text: Christian Behme / Fotos: Sergej Preis