Heute Abend sind Element of Crime im MAX zu Gast. Wir haben uns mit Sänger Sven Regener (2. v. li.) über das Aussterben der Neuen Deutschen Welle, die Wiedergeburt der deutschsprachigen Musik und den Kreidestrich Gottes unterhalten.KIELerLEBEN: Element of Crime bestechen durch ihre ausgefallenen Texte. Sind es immer eigene Erfahrungen, die die Songs bestimmen?
Sven Regener: Wichtig ist, dass man von den Dingen, von denen man erzählt, etwas versteht. Es hat viel mit dem zu tun, was man erlebt hat oder sich vorstellen könnte zu erleben. Aber entscheidender, als nur von sich selbst zu erzählen, ist doch, dass sich der Hörer damit identifizieren kann.
Warum haben Sie sich damals nach fünf Jahren entschieden, von englischen Texten zu deutschen zu wechseln?
Am Anfang dachten wir, dass man die Art von Musik, die wir machen wollten, nicht mit deutschen Texten machen kann. Außerdem war es in der zweiten Hälfte der 80er auch so, dass die Neue Deutsche Welle gerade erst elendig gestorben war. Die anfangs tolle Musik hat sich am Ende in so einem Schlagerding selbst ersoffen. Damit wollte kein Musiker mehr etwas zu tun haben, auch wir nicht. Aber als wir merkten, dass man unsere Musik sehr wohl auf Deutsch machen konnte und es auch keine Verwechslungsgefahr gibt, gab es kein Halten mehr.
Was war die treffendste Kritik, die Sie je bekommen haben?
Das weiß ich noch genau, das war etwa ’86 in einer Rezension unserer ersten Platte „Basically Sad“. Der Rezensent schrieb: „Ich habe immer davon geträumt, einmal in einem gelben Taxi die ganze Nacht durch die Hochhausschluchten und Boulevards von New York chauffiert zu werden. Aber jetzt gibt es die Platte von Element of Crime, die kann ich mir in den Walkman legen, und dann ist es mit dem Mofa durch das Neubaugebiet genauso aufregend.“ Das war exakt die Beschreibung davon, was wir mit der Musik erreichen möchten: den Leuten das Leben aufregender und schöner machen und den alltäglichen Dingen neuen Glanz verleihen.
Im Dezember geht es dann für die Kieler live im MAX auf Entdeckungsreise. Was verbinden Sie mit unserer Stadt?
Ich habe in Kiel einmal den Kreidestrich Gottes auf einen Club-Parkplatz gezaubert (lacht). Ich wollte damals unseren 7,5-Tonner schnell umparken. Doch der ließ sich irgendwie schwer fahren, und komische Geräusche machte er auch. Nach etwa 30 Metern bin ich dann doch mal ausgestiegen – und da sah ich ihn, den Kreidestrich Gottes. Den hatte ich mit einem tonnenschweren Betonblock gezogen, den ich mal eben mit dem Tank des Wagens über den halben Parkplatz mitgenommen hatte. Das ist eine Erinnerung, die ich nie vergessen werde. Ansonsten ist Kiel eine von den Städten, in denen man einfach spielen muss. Das ist dann auch einer der letzten Termine für die nächste Zeit, da wir dann wieder neue Songs schreiben. Dafür ziehen wir uns immer ganz aus der Öffentlichkeit zurück. Also Kieler – letzte Chance! (lacht)
Das Interview führte Dana Wengert.
Sven Regener
Der am 1. Januar 1961 in Bremen geborene Sven Regener ist ein deutscher Musiker, Schriftsteller und Drehbuchautor. Bekannt wurde er durch die von ihm 1985 gegründete Band Element of Crime und seinen Roman „Herr Lehmann“ und das Drehbuch zum gleichnamigen Film sowie seine Romane „Neue Vahr Süd“ und „Der kleine Bruder“.