In ihrer monatlichen Kolumne äußert sich Hanne Pries – Sängerin der Kultband Tiffany und Grundschullehrerin – zu aktuellen Themen. Mal witzig, mal nachdenklich, aber immer mit ihrer persönlichen Note.
Machen wir uns nichts vor. Es gibt Wonnemonate und Jammermonate. Der November ist nun mal ein Monat, den man auch hätte weglassen können. Es sei denn, man hat da Geburtstag oder kann kinder- und sorglos in den Süden fliegen.
Jammern tut manchmal wirklich gut und reinigt die Seele. Aber es nervt auch. Wie viele Leute kennen Sie, die nicht jammern? Wir sind uns einig. Einen Grund haben wir alle. Es zwackt im Körper, es gibt nichts im Fernsehen, das Benzin ist teuer, es regnet, November, die Lage der Welt, das Altern, die Anderen, man selber.
Menschen, die nicht jammern, sind selten und fast schon beunruhigend. Haben die denn keine Gefühle? Ich habe da eine Mutter, die jammert nicht. Wenn sie mit ihrer nahezu gleichaltrigen Freundin mal ausnahmsweise lamentiert, sagen sie: „Wir sind ja auch keine 80 mehr!“ und lächeln sich wissend an. Meine Schwester, die halbseitengelähmt durchs Leben humpelt, hat den Tipp: „Du musst 25 Mal sagen, das Leben ist schön. Beim 26. Mal glaubst du es.“ Und sie hat eine Sorgenskala von 1 bis 10, in die sie Kummer und Körper-Aua einsortiert. 1 ist harmlos, 10 doll.
Das habe ich in meiner Klasse übernommen und wir ordnen ein, wo ein verschwundenes Radiergummi, Streit mit der Freundin oder ein erkranktes Kaninchen auf der Skala stehen. Das können die Kinder prima. Neulich kam ein Mädel in die Klasse. Sie war tropfnass, das schöne Spitzenkleid voll mit Matsch. Sie war in die Pfütze geflogen. Unter Tränen schluchzte sie: „Ehrlich, auf meiner Skala steht so was bei 2. Aber bei Mama auf 8!“
In diesem Sinne – es gibt viele Wege zum Glück. Einer ist aufhören zu jammern. Außer, es ist wirklich mal nötig. Gerade im November …