Am 16. März beehrte Bauchredner Jörg Jará das Hohe Arsenal in Rendsburg und bot sein neuestes Programm „Puppen-Therapie“ auf. Redakteur Markus Till hatte vorab die Gelegenheit, sich mit dem Künstler – und seiner wichtigsten Puppe, Herrn Jensen – zu unterhalten
KIELerleben: Sie sind schon in der Schulzeit zum Bauchrednern gekommen.
Hatten Sie damals ein Vorbild, dass Sie das so konnten?
Jörg Jará: Ich habe schon als Kind Kasperletheater vorgeführt. Gezaubert habe ich dann auch irgendwann. In der Schule habe ich Zauberauftritte gemacht und habe dann versucht, das Puppenspiel auf meine Ebene zu holen.
Es war eine Zeit ohne Internet. Wie konnten Sie es überhaupt erlernen?
Jörg Jará: Ich bin damals in die Buchhandlung gegangen. Damals gab es die noch überall. Aber es war schwierig, etwas Geeignetes zu finden. Aber im Fernsehen habe ich einen Bauchredner gesehen, Fred Roby aus der Schweiz. Den fand ich toll. Der war mein Vorbild.
Sie haben sich das Bauchrednern selbst beigebracht. Aber woher wussten Sie, wie das funktioniert?
Jörg Jará: Das wusste ich gar nicht. Ich dachte, es gäbe ein großes Geheimnis, bis ich merkte, dass man es einfach machen muss. Heißt: eine Stimme machen, die anders klingt. Zum Beispiel aus dem oberen Kehlkopf heraus. Ich habe einfach probiert. Try and error sozusagen.
Herr Jensen: Er weiß es bis heute nicht. Ohne mich wäre er doch gar nichts.
Woher bekommen Sie Ihre Figuren? Andersrum gefragt: Besteht erst die Figur und dann die Idee?
Jörg Jará: Erst die Idee, was das für ein Typ werden soll. Bei Herrn Jensen dachte ich an einen echten Norddeutschen, ein bisschen dröger. Und dann hat der Puppenbauer eine Zeichnung gemacht. Und wenn wir uns geeinigt haben, baut er den Prototypen. So ist die Grundidee.
Herr Jensen: Ich wurde nicht gebaut, mich hat es immer schon gegeben.
Wie alt ist Herr Jensen jetzt?
Jörg Jará: Ich sage immer, er ist 80 Jahre alt.
Herr Jensen: 81, ich werde auch älter.
Jörg Jará: Er altert langsamer, weil er schon 80 war, als wir angefangen haben.
Ist es nicht anstrengend für Herrn Jensen und Co., ihre gesamte Zeit mit Herrn Jará zusammen zu verbringen?
Jörg Jará: Ich finde es ganz angenehm. Ich bin nie allein.
Herr Jensen: Das wäre schön, wenn er uns auch mal einen Moment allein ließe. Ist ja nicht auszuhalten.
Wieviele Figuren haben Sie im Moment, Herr Jará?
Jörg Jará: Im Programm sind sieben Figuren. Aber es schlummern noch welche im Archiv. Aus alten Programmen.
Ihre Themen liegen wahrscheinlich auf der Straße, oder?
Jörg Jará: Ja. Für das Grundthema gibt es einen roten Faden. Das ist eine Therapie-Sitzung. Die Puppen sollen verschiedene Typen darstellen und Puppen haben auch Probleme. Das ist der grobe Faden.
Also auf Ihr Studium aufgebaut?
Jörg Jará: Genau. Auf mein Psychologie-Studium aufbauend.
Arbeiten Sie denn auch noch als Psychologe?
Jörg Jará: Ich habe nach dem wenig praxisbezogenen Studium eine neunjährige Weiterbildung zum Transaktions-Analytiker gemacht. Darin bin ich zertifiziert. Ich habe langjährige Klienten, die in meine Praxis kommen und sich Hilfe und Unterstützung holen. Das mache ich auch gern. So fließt auch immer mal was ein, aber ich trenne das schon sehr.
Verraten Sie uns etwas zu Ihrem neuen Programm?
Jörg Jará: Da gibt es eine neue Figur, Herrn Niemann. Der ist Hypochonder. Dem geht es ganz schlecht. Der hat alles und ist ein Drehtür-Patient, sagt man in der Psychiatrie. Die sind gerade draußen, da kommen sie schon wieder rein und fragen: Können Sie mir sagen, was mir fehlt?
Herr Jensen (kommt aus der Kiste): Was soll ihm fehlen? Der hat doch schon alles!
Jörg Jará: Der Professor, der Bruder von Herrn Jensen, ist der Schlaumeier in der Familie. Hilde Sommer ist Paarberaterin. Das ist Dr. Sommer aus der Bravo. Die hat damals diese Fragen beantwortet. Und jetzt macht sie live im Publikum eine Paartherapie mit zweien, die sich gar nicht kennen. Lutz Maria ist ein Grobian. Der erzählt schlechte Witze im Programm.
Was denken die Puppen über Herrn Jara?
Herr Jensen: Wollt ihr das wirklich wissen? Aaalso ...
Jörg Jará: Nein, Herr Jensen. Das wollen wir jetzt nicht wissen.
Was machen die Puppen in der Freizeit, gibt es Hobbys?
Herr Jensen: Gucken Sie mal in meine Kiste. Da ist kein Platz. Hobbys? Nüsse zählen.
Wie kommt Ihr Programm bei den Menschen an?
Jörg Jará: Das kommt super an. Die meisten wissen, was sie erwartet. Es sei denn, sie werden mitgeschleppt. Aber hinterher habe ich bisher immer gehört, dass sie sich voll darauf eingelassen haben.
Ist es schwierig für Sie, sich jedes Mal wieder in die Rolle hineinzuversetzen?
Jörg Jará: Wenn ich die Puppe nehme, bin ich sofort drin. Dann ist der Charakter da und dann kann es sofort losgehen.
Welche Figur hat das Sagen?
Jörg Jará: : Ich habe natürlich das Sagen.
Herr Jensen: Das denkt er doch nur.
Welche Musik mögen ihre Figuren am liebsten?
Jörg Jará: Herr Jensen hat bei den Fischerchören gesungen. Volksdümmliche Musik im Mutantenstadl.
Wieviele Bauchredner gibt es in Deutschland?
Jörg Jará: Profis, die gut gebucht sind, 10 bis 20. Aber es gibt bestimmt 1.000, die den Beruf nebenbei ausüben.
Ist denn Kontakt untereinander da?
Jörg Jará: Man besucht sich mal in einer Show. Wenn zum Beispiel Sascha Grammel in Kiel ist, besuche ich ihn und wir fachsimpeln. Aber wir Bauchredner sind ja selten in der selben Stadt.
Welche Puppe kommt beim Publikum an?
Jörg Jará: Viele mögen schrägere Typen, der Lutz Maria, der Knacki ist gewollt. Aber der Herr Jensen ist schon der Taktgeber.
Geben die Puppen auch Autogramme? Gibt es Fans?
Jörg Jará: Die geben keine Autogramme. Die haben ja so knubbelige Hände.
Herr Jensen: Gucken Sie sich mal meine Hände an. Glauben Sie, die können schreiben?
Wer hat das größere Lampenfieber? Jörg Jará oder die Puppen?
Jörg Jará: Auf jeden Fall ich. Herr Jensen und alle anderen sind ganz cool. Die haben nichts mehr zu verlieren.
Womit verdienen die Puppen ihr Geld? Üben sie einen weiteren Beruf aus?
Jörg Jará: Herr Jensen hat noch eine Hüpfburg. (Herr Jensen nickt)
Wie halten die Puppen sich fit, Herr Jensen?
Herr Jensen: Wenn der Jará seine Hand aus mir nimmt, falle ich ja in mich zusammen. Da muss ich gegensteuern und ein bisschen Fitness machen.
Wie haben die Puppen sich überhaupt kennengelernt?
Herr Jensen: Wieso andere? Gibt es noch andere neben mir?