Geschult durch ihr eigenes Schicksal, helfen die „Kieler BrustkrebsSprotten“ jungen, erkrankten Frauen dabei, mit der lebensverändernden Situation zurechtzukommen.
„Es hat Spaß gemacht, als meine Kinder mir die Haare abrasiert haben“, erzählt Nina Hübner (38) mit einer Lockerheit, die manchem zunächst unangemessen erscheinen könnte. Doch die Schilderung dessen, wie sie den Brustkrebs als Teil ihres Lebens akzeptierte, lässt ihre Positivität immer deutlicher begreifen. Ebenso wie Bettina Schwanck (32) und Angeline Hamborg (34) besiegte die lebensfrohe Frau den Tumor. Um andere junge Patientinnen mit dieser Erfahrung zu unterstützen, gründeten sie die Selbsthilfegruppe „Kieler BrustkrebsSprotten“.
Für Sozialpädagogin Nina bedeutete die Erkrankung primär, das Heranwachsen ihrer zwei Kinder mit ganz anderen Augen zu sehen. „Seit der Diagnose nehme ich den wertvollen Alltag mit meinen Liebsten viel bewusster wahr. Doch natürlich war es auch anstrengend, für Heilung und Familie genug Kraft aufzuwenden“, erinnert sie sich. Ebenso wurde Angeline durch den Krebs in ihrer Rolle als dreifache Mutter ins Wanken gebracht: „Plötzlich ist da die Angst, den nächsten Kindergeburtstag nicht mehr erleben zu können.“ Als der Arzt ihren Krebs diagnostizierte, war sie gerade schwanger. Auch nach der Genesung ihre derzeitige Tätigkeit als Betriebswirtin weiterzuführen, bedeutete eine große Herausforderung. Regelmäßige Antikörper-Spritzen machen die 34-Jährige physisch noch immer eine Arbeitswoche pro Monat nahezu unbelastbar. Als Apothekerin Bettina von ihrem Schicksal erfuhr, hatte sie eigentlich gerade das Gefühl, auf ihrem Weg richtig durchzustarten. Den Doktortitel bereits erreicht, wäre für die ehrgeizige Frau die Gründung einer Familie vielleicht ein nächster Schritt gewesen. Der Brustkrebs zerstörte ihr diese Option vorerst. Denn um den hormonell bedingt wachsenden Tumor zu bekämpfen, wurde jede der Erkrankten künstlich in die Menopause versetzt. Bettina nahm immense Kosten auf sich, um vorsorglich eine Eizelle einzufrieren. Doch die nächsten zehn Jahre schließt ihre Medikation eine Schwangerschaft gänzlich aus. „Krebs ist immer schlimm. Aber als junge Frau wirst du von der Krankheit vollkommen von deinem Weg abgebracht“, erzählt Bettina tieftraurig. Die tröstenden Blicke und Gesten der anderen beiden „Sprotten“ verraten, wie sehr die Drei sich durch den gemeinsamen Kampf kennengelernt und verbunden haben. Während sie die beschwerliche Reise von der Diagnose zur Nachsorge Revue passieren lassen, bekommen Zweifel eine ganz neue Bedeutung. Aus diffuser Zukunftsangst, mit der wohl jeder junge Mensch zu kämpfen hat, macht der Brustkrebs eine konkrete Furcht – vor der aggressiven Chemotherapie, dem Verlust der eigenen Leistungsfähigkeit sowie dem erneuten Erkranken. „Der Blick auf die Zukunft verändert sich vollkommen. Schon wenn ich ein Stück Schokolade esse, mache ich mir Gedanken um meine Gesundheit“, erklärt Angeline. Jede der bemerkenswerten Frauen sprüht vor Ideen, mit denen sie anderen Betroffenen bei der Bewältigung solcher entwurzelnden Sorgen helfen. „Die Krankheit gehört zur Gesundheit wie der Tod zum Leben“, betont Bettina. Besonders der Weg zu dieser Einsicht ist es, auf dem die herzlichen „Sprotten“ andere begleiten.
Details zu den „Kieler BrustkrebsSprotten – Selbsthilfe für junge Patientinnen vor der Menopause“ unter www.facebook.com/brustkrebssprotten.