Etwas versteckt liegt es zwischen den riesigen, uralten Bäumen im Alten Botanischen Garten – das Literaturhaus Kiel. Um ganz korrekt zu sein: "Literaturhaus Schleswig-Holstein".
Der Verein nämlich, der das Haus trägt, fungiert zwar als Literaturhaus unserer Stadt, ist aber gleichzeitig auch literarisches Netzwerk und Literaturbüro für das gesamte Schleswig-Holstein. Und das schon seit beinahe zwei Jahrzehnten – Ende Oktober feiert der Trägerverein seinen zwanzigsten Geburtstag.
Die etwa 70 Veranstaltungen, die pro Jahr im Literaturhaus stattfinden, bieten ein breites Programm für Jung und Alt. Mit dem „Jungen Literaturhaus“ gibt es sogar einen Programmzweig, der sich speziell an Kinder und Jugendliche richtet. Dort werden zum Beispiel Vorlesenachmittage für die Kleinen (ab vier Jahren) und Schreibwerkstätten für die etwas Größeren (ab 14 Jahren) angeboten.
Für alle anderen Veranstaltungen gilt jedoch: Ein typisches Publikum gibt es eigentlich nicht. Lena Brixa, die seit Anfang dieses Jahres im Literaturhaus volontiert, erzählt: "Das Publikum ist jedes Mal bunt gemischt. Natürlich kommen häufig Leute im Alter von 40 plus, aber auch viele Studenten sind immer wieder mit dabei."
Literatur und Musik in der "Leselounge"
Mit der "Leselounge" gibt es zudem ein spezielles Angebot, das sich ausdrücklich an Studierende wendet. Die "Leselounge" kombiniert Literatur und Musik und lädt im Anschluss an die Lesung mit DJs und jungen Kieler Bands zum Weiterhören und Tanzen ein. Das Projekt entstand aus einer Zusammenarbeit von Geschäftsführer und Programmleiter Dr. Wolfgang Sandfuchs mit Studenten, die im Literaturhaus ein Praktikum machten. In den letzten Jahren jedoch versandete die Lounge. Anfang dieses Jahres wurde das Konzept dann wiederbelebt: "Die erste Leselounge, die im Februar dieses Jahres stattfand, haben die damalige Volontärin Wiebke Späth und ich noch alleine gestemmt", erzählt Lena Brixa. "Das Institut für Neuere Deutsche Literatur und Medien der Uni Kiel macht aber glücklicherweise auch mit und unterstützt uns sehr." Jeder Germanistikstudent wird wissen, wovon Brixa spricht. An Plakaten, die die Veranstaltungen ankündigen, kommt man fast nicht vorbei. Natürlich sind aber auch Studierende anderer Fachrichtungen herzlich willkommen.
Anfang November geht die Lounge in die dritte Runde. Mittlerweile wird sie eigenständig von Studenten des Kulturmanagements organisiert, die auch die Autoren für den 4. November ausgesucht haben: Susanne Heinrich wird aus "So, jetzt sind wir alle mal glücklich" lesen, Finn-Ole Heinrich aus "Gestern war auch schon ein Tag". Livemusik gibt es von "Spaceman Spiff", aufgelegt wird, fast schon traditionell, von Christoph Rauen.
Weitere Infos findet man auf der Homepage der "Leselounge" unter http://leselounge.jimdo.com/.
Biographisches und Skandinavisches
Neben der Lounge gibt es in den kommenden Wochen noch viele weitere anregende Veranstaltungen: Am 26. Oktober stellt der Kieler Literaturwissenschaftler Steffen Martus sein neues Buch "Die Brüder Grimm. Eine Biographie" vor.
Für alle Skandinavien-Liebhaber wird es am 3. November interessant: Die dänische Autorin Henriette E. Møller liest aus ihrem auf dem "Europäischen Festival des Debütromans 2008" vorgestellten Roman "Jelne", der vor Kurzem auf Deutsch erschien. Außerdem stellt die finnlandschwedische Autorin Monika Fagerholm ihren von Sigrid Engeler übersetzten Kriminalroman "Das amerikanische Mädchen" vor. Damit auch Nicht-Nordisten etwas verstehen, wird Sigrid Engeler Passagen aus beiden Romanen in der deutschen Übersetzung lesen.
Von Kritikern und Elchen
Am 16. November gibt es dann Lyrisches: F.W. Bernstein, der mit der Kieler Liliencrondozentur 2009 ausgezeichnet worden ist, durch seine humoristischen Gedichte und Zeichnungen "Titanic"-Lesern gut bekannt und mit dem Reim "Die größten Kritiker der Elche sind selber welche" fast sprichwörtlich geworden, liest Gedichte und zeichnet.
Die allein der Lyrik vorbehaltene Poetik-Dozentur wird gemeinsam vom Institut für Neuere Deutsche Literatur und Medien der Kieler Universität und dem Literaturhaus Schleswig-Holstein durchgeführt. Aus diesem Grund wird Bernstein am 17. November auch die Uni besuchen und im Hörsaal 3 in der Ohlshausenstraße 75 eine Vorlesung halten. Zum Abschluss der Dozentur stellt er am 19. November im Literaturhaus einen Wunschgast vor, den Berliner Kabarettisten, Denker und Dichter Martin Betz.
Wie gesagt, etwas versteckt liegt das Literaturhaus im Alten Botanischen Garten schon. Wer sich aber auf die Suche begibt, kann eine Menge entdecken. Denn - und das wusste schon Friedrich der Große: "Bücher sind kein geringer Teil des Glücks."
Weitere Informationen im Internet unter www.literaturhaus-sh.de
Franziska Falkenberg
Foto: Eckstein&Hagestedt