Ob Krabben fischen, Voltigieren oder Feuer spucken – Redakteur Thore Albertsen tut das, was Sie sich wünschen. Dieses Mal schwingt er die Lackierpistole beim Traditionsbetrieb Vanini. 5.30 Uhr morgens, der Wecker klingelt. Schlaftrunken schaue ich auf die roten Ziffern und wundere mich über die für mich ungewöhnliche Uhrzeit. Doch dann fällt es mir ein: Heute arbeite ich für einen Tag beim Kieler Traditionsbetrieb Vanini Lackierungen, und das trotz zweier linker Hände. Das kann ja was werden …
Um viertel vor sieben komme ich in der Rendsburger Landstraße an, wo mich Geschäftsführer Sven Vanini bereits erwartet. Er drückt mir meine Kleidung für heute in die Hand: Arbeitshose, Staubmaske, Lackierschutzmaske, Handschuhe. „Bei uns ist es sehr wichtig, extrem sauber und sorgfältig zu arbeiten“, erklärt er mir. Auch wenn Vanini viel in der Industrie- und Bootslackierung tätig ist, darf ich heute Autos lackieren. Betreuen wird mich Jan Hackradt. Er ist Kieler, 22, und im zweiten Lehrjahr. Momentan ist er für die Vorbereitung der Autos zuständig. Langsam erklärt er mir die Arbeitsschritte, die vor uns liegen: Erst muss das zu lackierende Teil geschliffen, dann gesäubert, wieder geglättet, grundiert und wieder geschliffen werden, bis es irgendwann lackiert werden kann. „Verdammt viel Arbeit“, denke ich, während Jan mir das Schleifpapier in die Hand drückt.
Auszubildener Jan Hackradt zeigt Thore die besten Kniffe.
Vor uns steht ein alter rostbrauner VW-Käfer, an dem die rechte Seite neu lackiert werden muss. „So einen hätte ich auch gern mal“, erzählt mein Ausbilder. Die Begeisterung für den kultigen Flitzer steht ihm ins Gesicht geschrieben. Ich beginne mit dem Schmirgeln. Zwar geht es bei mir nicht ganz so schnell wie beim Profi, aber ich stelle mich gar nicht so schlecht an, wie mir Jan versichert. Dann geht es ans Grundieren, worauf ich mich sehr freue. Als Jugendlicher war ich ein begeisterter Sprayer. Die Begabung ist also da – denke ich zumindest. Leider halte ich die Lackierpistole mit der gräulichen Grundierung zu dicht ans Auto, wodurch zu viel Material aufgetragen wird. Jan stoppt mich, entfernt alles wieder und grundiert neu. „Das kann doch jedem mal passieren“, sagt er und klopft mir aufmunternd auf die Schulter. Mit vollem Körpereinsatz schieben wir den Wagen in die Lackierhalle. Jan schaut auf die Uhr: Es ist Mittagspause. Im Pausenraum, der in fröhlichen, bunten Farben gestaltet ist, treffen wir die anderen Kollegen zum Essen. Gut gelaunt sprechen alle vom Job, dem was noch ansteht, aber auch vom kommeden Wochenende.
Redakteur Thore Albertsen beim grundieren des Autos.
Nach 30 Minuten geht es zurück in die Lackierhalle, wo der VW Käfer schon auf seinen neuen Anstrich wartet. Jan übergibt mich an den Lackierer Haluk Kurt. Seine Lackiermaske erinnert mich ein bisschen an Darth Vader. Ich muss schmunzeln. Gespannt schaue ich zu, wie Haluk in gleichmäßigen Bewegungen die Lackierpistole hin und her schwingt und sich ein rostbrauner Farbregen auf die Beifahrertür ergießt. Der 37-Jährige fragt mich, ob ich es auch mal versuchen möchte. Ich schüttle den Kopf. Die Arbeit überlasse ich lieber dem Profi. „Ich freue mich nach wie vor, die Sprühflasche in der Hand zu halten. Gerade wenn man so ein schönes altes Auto wieder fit machen kann“, erzählt er mir und wirkt mit seinen akribischen Handbewegungen wie Picasso.
Ich lasse ihn mit seiner Arbeit allein und wende mich wieder Jan zu. Er bringt mich in eine andere Halle, in der zwei riesige orangefarbene LKWs stehen. Sie sollen schwarz umlackiert werden und brauchen zunächst eine gründliche Säuberung: mein Einsatz! Mit Wasser und Schwamm bewaffnet, klettere ich die bereitgestellte Leiter hoch. In vier Metern Höhe beginne ich, die Fahrerkabine zu schrubben. Das geht ordentlich in die Knochen!
Schließlich erlöst mich Jan, und ich helfe ihm beim Polieren eines BMWs. Mit einem elektrischen Polierer bringe ich den schwarzen Lack in Windeseile auf Hochglanz. Jetzt gehöre ich zu den Lackierer-Jungs. Immerhin habe ich alles mal ausprobiert. Schluss für heute. Ich verabschiede mich von meinen Kollegen und begebe mich zum Chef, der mir prompt ein längerfristiges Praktikum anbietet. „Na ja …“, sage ich grinsend. „Ich freue mich ehrlich gesagt schon darauf, morgen wieder etwas länger zu schlafen.“
Thore mit Chef Sven Vanini