Derzeit leben rund 45.000 Menschen mit Migrationshintergrund in Kiel. Die Mitarbeiterinnen der Kieler Beratungsstelle „TIO – Treff und Informationsort für Migrantinnen e.V.“ unterstützen Frauen und Mädchen bei familiären, sozialen und aufenthaltsrechtlichen Problemen.
Nurcan Kurun wuchs im türkischen Teil Kurdistans auf. Als erste Frau in ihrer Gemeinde übte sie den Beruf der Standesbeamtin aus. 1981 musste sie aufgrund ihres politischen Engagements gegen die bestehende Regierung ihre Heimat, Familie und Freunde verlassen und lebt jetzt seit 31 Jahren in ihrer zweiten Heimat Kiel. „Die ersten Jahre waren schwer für mich“, erinnert sich die heute 52-jährige Kurdin.
Gemeinsam mit anderen Migrantinnen, alle getrieben von den eigenen negativen Erfahrungen, gründete sie 1984 den gemeinnützigen Verein „Treff und Informationsort für Frauen aus der Türkei“, der 1994 in „TIO – Treff und Informationsort für Migrantinnen“ umbenannt wurde. „Unser Ziel ist es, die Frauen so weit zu unterstützen, dass sie aus den eigenen vier Wänden ausbrechen, sich als aktive Mitglieder der Gesellschaft wahrnehmen und Verantwortung übernehmen können“, sagt die heutige TIO-Geschäftsführerin Nurcan Kurun, die seit 2011 durch die Sozialpädagogin Iwona Butz unterstützt wird. Die 38-jährige Polin kam 2001 nach Kiel. „Frauen und Mädchen, die aus ihrer Heimat nach Deutschland kommen, stoßen nicht nur auf Sprachbarrieren. Sie haben auch aufenthaltsrechtliche, finanzielle, schulische und berufliche Probleme und kämpfen oft mit häuslicher Gewalt und Zwangsverheiratung. TIO ist eine Anlaufstelle, bei der diese Frauen praktische Lebenshilfe erhalten“, sagt Nurcan Kurun.
Die Unterstützung wird durch die angebotenen Deutschkurse mit gleichzeitiger Kinderbetreuung ergänzt. In diesen sogenannten Frauenintegrationskursen werden Sprachgrundlagen vermittelt. Anschließend können die neuen Deutschkenntnisse in Konversationskursen und beim sogenannten Frauenfrühstück erweitert werden. „Der Deutschunterricht kann bei uns Mittel zum Zweck sein“, erklärt Nurcan Kurun. „Erstens werden die Frauen sprachlich unabhängig und können zum Beispiel alleine zum Arzt gehen, Behördengänge selbständig bewältigen, sich selbst über ihre Rechte informieren und ihre Kinder in schulischen Angelegenheiten unterstützen. Zweitens können sie nebenbei das Beratungsangebot nutzen.“
Das interkulturelle Team berät bei psycho-sozialen, familiären und aufenthaltsrechtlichen Problemen sowie bei der beruflichen Orientierung. „Viele Migrantinnen besitzen keine Nachweise über Tätigkeiten, die sie in ihrer Heimat ausgeübt haben. Wir arbeiten eng mit den verschiedenen Institutionen zusammen, damit diese Frauen eine Anstellung finden und eine neue Lebensperspektive erhalten“, erklärt Sozialpädagogin Iwona Butz. Das Sprach- und Beratungsangebot wird jährlich von etwa 200 bis 240 Frauen aus rund 36 verschiedenen Ländern in Anspruch genommen.
„Wir sind oft mit schweren Lebensgeschichten konfrontiert“, sagt Nurcan Kurun. „Aber was unsere Arbeit so besonders macht, sind die Momente, in denen die Frauen nicht nur ihr Leid, sondern auch ihre Freude mit uns teilen. Zum Beispiel, wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben oder eine Ausbildungsstelle bekommen. Es ist ein tolles Gefühl, zu wissen, dass wir diesen Frauen und Mädchen bei ihrem Integrationsprozess unterstützt haben.“
Wie kann ich helfen?
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Bankleitzahl: Förde Sparkasse – 210 501 70
TIO – Treff und Informationsort für Migrantinnen
Mehr Informationen unter www.tio-kiel.de.