Das Match mit den Vorzeichen „Tabellenführer gegen Schlusslicht“ war für den THW nicht mehr und nicht weniger als eine erwartungsgemäße „Pflichtaufgabe“, die Gäste aus Essen verdienten sich bei ihrer 23:33-Niederlage in der Kieler Arena dennoch mehr als nur ein Fleißpünktchen.
Dass die Kieler jeden Gegner ernst nehmen, bewiesen sie von der ersten Minute an und zogen von Beginn an ihr charakteristisches „Tempospiel“ auf. Die junge Essener Truppe, die überwiegend aus Spielern jenseits des Geburtsjahrgangs 1990 besteht, schien von der Kieler Kulisse zunächst überwältigt und konnte dem Kieler Angriffswirbel nicht viel entgegen setzen. Obwohl auch die Hausherren ihre Treffsicherheit noch oftmals vermissen ließen, schafften sie es, gegen überfordert wirkende Essener bis zur 15. Minuten einen deutlichen 12:4-Vorsprung herauszuspielen. Auf der Gegenseite fanden die Gäste ihre Meister entweder in der kompakten 6:0-Abwehr der Kieler oder strandeten oftmals beim stark parierenden Keeper Andreas Palicka im Kieler Gehäuse, der erneut den Vorzug vor seinem Kollegen Omeyer erhalten hatte.
TUSEM-Coach Christian Prokop warf angesichts der drohenden Mega-Niederlage bereits in der 8. Minute die grüne Karte, fand aber scheinbar erst im der kurz darauf folgenden zweiten Timeout (16.) die richtigen Worte. In der 19. Spielminute sorgte Aron Palmarsson bereits für den vierten Holztreffer auf Kieler Seite, Essen holte Tor um Tor auf und pirschte sich in der 23. Minute beim Stand von 14:11 das erste Mal wieder auf Schlagdistanz heran.
Mit einem lange noch nicht beruhigenden Polster ging es mit dem Pausenstand von 16:12 aus Sicht der „Zebras“ in die Kabinen.
Die zweite Halbzeit brachte eine Taktikumstellung in der Kieler Abwehr mit sich. Der THW verteidigte nun offensiver mit einer 3:2:1-Formation, Kapitän Marcus Ahlm, der die erste Halbzeit auf der Bank verbracht hatte, durfte nun am Kreis ran.
Der Plan von Coach Gislason ging nun auf. Essen kämpfte weiterhin mit Mann und Maus gegen die Kieler Abwehr, dennoch fanden die Kieler mit schönen Einzelleistungen, etwa durch Palmarsson immer wieder Lücken im Abwehrverband der „Ruhrpott'ler“ oder überwanden Torhüter Kulhanek mit brachialen Würfen aus dem Rückraum.
Selbst Gislason, der zuvor wild gestikulierend an der Seitenlinie auf und ab marschiert war, nahm beim 28:18 (53.) Platz auf der Bank und verlebte die verbleibenden Minuten scheinbar in aller Seelenruhe und der Gewissheit, weitere zwei Zähler auf seinem Punktekonto gutschreiben zu können.
Alles in allem eine THW-Leistung, die das Publikum im wahrsten Sinne des Wortes nicht von den Hockern riss, die eigentlich schon obligatorischen „standing ovations“ oder Laola-Wellen blieben aus. Außer Dominik Klein, der mit neun Treffern auftrumpfte und "Palle", der stark hielt, tat sich kein Kieler Spieler hervor. Die bessere Stimmung schien bei den mitgereisten Essener Fans zu herrschen, die ihr Team 60 Minuten lang anfeuerten – zu Recht, eine Niederlage in der Deutlichkeit erscheint auf dem Papier angesichts der engagierten Leistung der engagierten Truppe fast ein wenig ungerecht. Wie ein Absteiger hat man sich in Kiel wahrlich nicht präsentiert.
Am kommenden Sonnabend wird das Kieler Publikum aber ganz sicher ein anderes Gesicht zeigen. Der Lokalrivale aus Hamburg wird um 15 Uhr zu Gast in Kiel sein, ein Sieg gegen die Hanseaten wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Deutschen Meisterschaft!