Gedichte müssen nicht langweilig sein! Das beweist Poetry-Slammerin Julia Engelmann mit ihren Texten. Am 11. Juni ab 20 Uhr steht sie im MAX Nachttheater auf der Bühne. KIELerLEBEN sprach mit der Wortakrobatin über Musik, Mut und Müsli.
KIELerLEBEN: Dein YouTube-Video vom 5. Bielefelder Hörsaal Slam 2014 hat knapp acht Millionen Klicks. Du bist wahrscheinlich die bekannteste Poetry-Slammerin Deutschlands.
Julia Engelmann: Dabei habe ich auf dem Poetry-Slam mit meinem Text „One Day / Reckoning Text“, der dazu aufrufen soll, die Zeit sinnvoll zu nutzen, nur mittelmäßig abgeschnitten. Der Hype entstand nach einem halben Jahr, als Blogger Kai Thrun auf das YouTube-Video hinwies.
Wie hat sich dein Leben verändert?
Anfangs war Ausnahmezustand. Ich habe nicht mehr ruhig geschlafen, unzählige Mails beantwortet. Das war verrückt. Ich dachte, dass bald alles vorbei sei. Aber mein Leben hat sich nachhaltig verändert. Ich war auf Literaturfestivals und hatte Fernsehinterviews. Das Tollste ist, dass ich meine Texte als Buch veröffentlichen konnte.
Dein Buch „Eines Tages, Baby“ ist voller Gedichte, die auffordern, das Leben zu genießen und mutig zu sein. Was ist für dich mutig?
Mut ist relativ. Mir kommt es so vor, dass mutig sein mit Handlungen wie „Ich wandere aus“ oder „Ich lasse mich scheiden“ gleichgesetzt wird. Aber mutig kann auch sein, ein anderes Müsli als sonst zu kaufen. Ich versuche oft, mich so zu verhalten.
Aber Gewohnheiten geben doch auch Sicherheit.
Es geht nicht darum, sich und andere jeden Tag zu überraschen. Ich versuche zu hinterfragen, ob das, was ich mache, Dinge sind, die ich machen möchte. Oder ob ich sie mache, weil andere sagen: „Das ist cool!“ Ich habe in der RTL-Serie „Alles was zählt“ mitgespielt und viele Leute getroffen, die gerne meinen Job gehabt hätten. Aber ich wollte irgendwann studieren und habe mich gegen die Serie entschieden. Auf sich selbst zu hören, ist mutig!
Deine Gedichte basieren auf Songtexten. Was muss ein Song haben, damit er dich inspiriert?
Er muss ein Lebensgefühl transportieren. Wenn ich ein Lied mag, google ich den Text und summe ihn vor mich hin, bis ich ihn kann. Aber ich höre auch Musik, deren Texte ich nicht verstehe, wie französischen Reggae. Für mich kommt es nicht immer auf den Text an.
Eine interessante Einstellung für jemanden, der mit Sprache arbeitet. Sind Worte denn nicht wichtig?
Doch, absolut! Aber es gibt auch instrumentale Musik, die schön ist. Und eine Sprache, die ich nicht verstehe, ist wie ein Instrumentalstück. Sprache ist natürlich ein Medium. Aber es schließt nicht aus, dass andere Sachen auch Botschaften oder Gefühle transportieren.
Du gehst auf Tour. Am 11. Juni wirst du im MAX Nachttheater auftreten.
Ja, ich werde Gedichte aus dem Buch vortragen. Auch ein neues Gedicht, an dem ich gerade schreibe. Vielleicht singe ich auch und spiele Gitarre.
Das Interview führte Kerstin Kristahl
Julia Engelmann
… wurde 1992 in Bremen geboren. Von 2010 bis 2012 stand sie als Franziska Steinkamp in der RTL-Serie „Alles was zählt“ vor der Kamera. 2010 entdeckte sie auch ihre Liebe zum Slammen. Sie gewann diverse Poetry-Slams, unter anderem zwei Mal das Bremer Slammer-Filet. Sie studiert an der Universität Bremen Psychologie.
Was ist ein Poetry-Slam?
Bei einem Poetry-Slam tragen Teilnehmer, sogenannte Slammer, ihre selbstgeschriebenen Texte einem Publikum während einer festgelegten Zeit vor. Selbstinszenierung und Bühnenperformance sind ausdrücklich erlaubt. Das Publikum kürt den Sieger.
Julia Engelmann live!
Am 11. Juni ab 20 Uhr im MAX Nachttheater. Karten unter www.eventim.de und bei der Konzertkasse Streiber.
Übrigens, unter diesem Link findet ihr das Video zu Julias Erfolgsvideo: www.youtube.com/watch?v=DoxqZWvt7g8. Reinschauen lohnt sich!