Nach dem dunkelsten Winter seit 40 Jahren sehnen sich die Kieler nach Sonne. KIELerLEBEN sprach mit Meteorologe Meeno Schrader über das Aprilwetter, den Klimawandel und seine Liebe zu Kiel.KIELerLEBEN: Herr Schrader, Kiel ist nicht gerade für sein gutes Wetter bekannt. Liegt unsere schöne Landeshauptstadt in einer Schlechtwetterschneise?
Meeno Schrader: Das hängt davon ab, wie man schlechtes Wetter definiert. (lacht) Aus meteorologischer Sicht liegt Kiel in einer Gutwetterschneise, weil hier sehr viel passiert: Jeden Tag ändert sich das Wetter, und es ziehen viele Tiefdruckgebiete über uns hinweg. Wenn ich aber von mir privat ausgehe, dann wünsche ich mir auch manchmal, dass das Wetter öfters ein bisschen besser ist.
Was ist dran an dem Sprichwort „Der April, der macht, was er will“?
Der April ist ein wechselhafter Monat. Die Sonne steht schon sehr hoch und hat viel Kraft, doch auch die kalte Luft des Winters ist noch da. Aus diesen Kontrasten heraus entsteht sehr wechselhaftes Wetter, das Frühjahrswärme, aber auch den einen oder anderen Schneeschauer bringen kann. Es stimmt also: Der April, der macht, was er will.
Kann Kiel im April trotzdem in die Gartensaison starten?
So viel kann ich schon verraten: Der April bringt uns endlich den lange ersehnten Frühling. Die Temperaturen werden etwas gefälliger, sodass man im April auch mal im Garten sitzen kann. Also, holt die Gartenstühle raus!
Das wird nach dem langen Winter aber auch Zeit. Wie kann es sein, dass die Medien von Erderwärmung sprechen, die Winter in Kiel aber immer härter und dunkler werden?
Wir müssen hier über zwei unterschiedliche Dinge sprechen: Das eine ist Klima, das andere ist Wetter. Wetter, das ist zum Beispiel die tägliche Sonne, der tägliche Schnee, die Temperaturen dazu. Klima hingegen ist ein Durchschnittswert, bei dem die Temperaturen über Jahrzehnte gemittelt werden. Der Januar 2013 ist ein schönes Beispiel. Erst hatten wir plus 12 Grad, dann ging es runter auf minus 8 Grad und dann schossen die Temperaturen wieder hoch auf plus 10 Grad. Ein heftiges hoch und runter, dem wir täglich ausgesetzt waren und das den Kreislauf in Wallung brachte. Der Mittelwert lag bei plus 0,9 Grad, also wenig spektakulär, wenn auch um 0,6 Grad im Monatsmittelwert wärmer als normal. Zukünftig wird es aufgrund des Klimawandels alleine in den nächsten 50 Jahren im Durchschnitt deutlich mildere Winter geben – was nicht heißt, dass es keinen Schnee mehr gibt.
Und was hat das zur Folge?
Der Klimawandel ist eine riesige Herausforderung für die gesamte Menschheit mit vielen Risiken und weltweit negativen Folgen: Dürren, Überschwemmungen, Wirbelstürme. In Kiel ist es jetzt schon durchschnittlich um 0,9 Grad wärmer als zum Beispiel zwischen 1961 und 1990.
Gibt es noch eine Möglichkeit, diese Entwicklung aufzuhalten?
Leider nicht, wir stecken schon mitten drin – aber wir können sie vielleicht noch abmildern. Wir müssen umdenken! Ich bin heute Morgen zum Beispiel mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren. Natürlich fahre ich immer wieder auch mal mit dem Auto, aber ich versuche, es öfters stehen zu lassen. Es ist nur ein klitzekleines Beispiel, dass einen umdenken lässt. Sehr viele solcher kleinen Schritte von sehr vielen Menschen sind wichtig. Die Summe macht Macht, so viel, dass Politik und Wirtschaft mitziehen. Jeder einzelne Mensch muss seinen Teil dazu beitragen.
„Die Klimaerwärmung ist nicht mehr aufzuhalten!“
1999 haben Sie Ihre Firma WetterWelt gegründet. War es schon immer Ihr Wunsch, Meteorologe zu werden?
Ursprünglich wollte ich Fotodesign studieren, da ich als Jugendlicher gerne fotografiert habe. Das Wetter wurde ab meinem 14. Lebensjahr eher zu einem Hobby, das ich beruflich nicht in Erwägung zog. Ich bin leidenschaftlicher Segler und früher oft mit meinen Eltern gesegelt. Dabei war ich für die Seewetterberichte zuständig. Mit 19 Jahren stieß ich durch Zufall bei einem Besuch in Kiel auf das Institut für Meereskunde, und da hat es „Klick“ gemacht. Ich entschloss mich doch für die Meteorologie, denn damit konnte ich meine Leidenschaft fürs Wetter mit der fürs Segeln verknüpfen.
Sie besitzen eine eigene Yacht. Wie viel Zeit haben Sie noch zur Verfügung, um Ihrer Segelleidenschaft nachzukommen?
Das ist der Nachteil, wenn man sich selbstständig macht. (lacht) Das Zeitkontingent, wie ich es mir während des Studiums habe nehmen können und auch genommen habe – ich habe zum Beispiel viel im Winter studiert und bin im Sommer öfters als Regattasegler unterwegs gewesen –, habe ich natürlich nicht mehr. Gerade deshalb sind die seltenen Stunden, die ich auf dem Wasser verbringen kann, besonders schön. Hier kann ich richtig entspannen und Kraft tanken.
Sie waren schon in Australien, Südkorea, der Karibik und der Schweiz unterwegs, haben dort gelebt und gearbeitet. Was zog Sie letztendlich doch wieder nach Kiel?
Die Nähe zum Wasser, die Freundlichkeit der Menschen und gute Freunde aus dem Studium. Und dann kommt dazu, dass ich schon während meines Studiums den Wunsch hatte, mich selbstständig zu machen. Das ließ sich in Kiel gut realisieren, da ich hier aufgrund des Regattasegelns viele Kontakte hatte. Mittlerweile liebe ich Kiel und Schleswig-Holstein, weil es hier wie in einem großen Dorf ist. Wenn ich auf der Straße angesprochen werde und als „Meeno“ und nicht als „Herr Dr. Schrader“ begrüßt werde, finde ich das sehr schön. Hier gibt es eine gewisse Vertrautheit, man kennt sich einfach. Ich möchte nirgendwo anders leben.
Meeno Schrader als NDR Wettermoderator on Tour; Foto: NDR
Dr. Meeno Schrader …
… wurde 1961 in Leer in Ostfriesland geboren. Sein Studium zum Diplom-Meteorologen absolvierte er in Kiel, wo er auch promovierte. 1999 gründete der passionierte Segler die Firma WetterWelt GmbH. Gemeinsam mit seinen bis zu 20 Mitarbeitern berät er weltweit Regatta- und Freizeitwassersportler, viele wetterabhängige Unternehmen, erstellt Gutachten und vieles mehr. Seit über zehn Jahren moderiert Meeno Schrader das Wetter im NDR Fernsehen wie zum Beispiel beim Schleswig-Holstein-Magazin – zu sehen täglich ab 19.30 Uhr.