Der THW Kiel hat am vergangenen Mittwoch vor heimischem Publikum eine erneut starke Saison mit dem Erhalt der „Meisterschale“ gekrönt und durfte sich bereits zum 18. Mal über den Titel freuen.
Bereits vor einigen Wochen hatten die „Zebras“ die Meisterschaft klar gemacht und wollten sich beim letzten Heimspiel der Saison ordentlich von ihren Fans verabschieden. Nach dem trostlosen Champions-League-Wochenende, aus dem die Kieler mit gänzlich leeren Händen zurückgekehrt waren, schien das Unterfangen allerdings nicht ganz einfach. Man merkte den müden Zebras zunächst deutlich an, dass die beiden Niederlagen des Wochenendes noch in den Köpfen steckten, die Körpersprache des sonst so selbstbewussten Rekordmeisters hatte merklich gelitten. Zwar führten die Kieler recht schnell sehr deutlich, jedoch war das Spiel während der gesamten 60 Minuten stark von Einzelaktionen seitens der Kieler geprägt. Welthandballer Daniel Narcisse wollte manches Mal zu viel und warf zahlreiche Bälle deutlich am Tor vorbei. Seine misslungenen Aktionen machte der scheidende Franzose, der im nächsten Jahr für den neuen „Retortenclub“ Paris St.Germain auflaufen wird, aber auch mit etlichen „Air-France“-würdigen Aktionen wieder wett und untermauerte noch einmal, wieso er in den letzten Jahren so wichtig für den Club war.
Kiel deckte von Beginn an mit einer 6:0 Abwehr, die zunächst für die Wetzlarer eine unüberwindbare Mauer darstellte. Nach 12 Minuten schien trotz mäßiger Leistung der Hausherren alles auf einen Kieler Kantersieg zum Saison-Kehraus hinzudeuten, 9:1 stand es zu diesem Zeitpunkt für den THW.
Nachdem Wetzlar-Coach Kai Wandscheineider auf dem Parkett einige Veränderungen vorgenommen hatte, kam der Express des Tabellenachten allmählich ins Rollen. Der THW konnte die Konzentration in der Abwehr nicht mehr konstant hoch halten und musste bis zum Pausenpfiff mit ansehen, wie Wetzlar den Rückstand deutlich drei Tore verkürzte. Mit 15:18 ging es in die Kabinen.
Auch die zweite Halbzeit begann mit munterem Handball-Pingpong, beide Mannschaften hatten sich defensiv noch nicht gefunden und luden den Gegner zum munteren Toreschießen ein – mit etwas glücklicherem Ausgang für die Gäste, die sich eine Viertelstunde vor Schluss auf ein Tor herangekämpft hatten. THW-Coach Gislason stellte nun den Abwehrverband auf eine 3:2:1-Abwehr um und fand damit den Schlüssel zum Erfolg. Zwar bleib Wetzlar zunächst dran, einige entschärfte Bälle von Torwart-Titan Omeyer und weiterhin sehenswerte THW-Einzelaktionen rissen das Ruder rum und brachten den THW letztlich ungefährdet auf die Siegerstraße. Mit 37:31 entschieden die Hausherren das Match für sich - auch dank eines „Siebenmeters“, den Kapitän Marcus Ahlm ohne Gegenwehr des Wetzlarer Schlussmannes verwandelte. Der Publikumsliebling ließ es sich trotz einer Oberschenkelverletzung nicht nehmen, in den letzten drei Minuten noch einmal das Parkett zu entern und 10.250 Fans zu frenetischem Jubel zu veranlassen.
Der anschließende Jubel des Kieler Publikums, das nahezu vollzählig in der Halle geblieben war, galt nach Abpfiff aber vor allen Dingen der Meisterschale und den scheideneden Spielern Ilic, Narcisse und Omeyer. In einer bewegenden Zeremonie wurden der Serbe und die beiden Franzosen verabschiedet. Vor allem für „Titi“ Omeyer ein sehr emotionaler Moment. Zur Überraschung der Fans und vor allem auch zu seiner eigenen, wurde dem Torwartstar eine ganz besondere Ehre zu Teil: Als erfolgreichster Spieler, der jemals für den THW Kiel gespielt hat (42 Titel sprechen für sich!), bekam er ein Transparent im Oberrang der „Ostseehalle“, um auch künftig auf „seinen“ THW aufpassen zu können. Das Kriterium, dass ein Spieler mindestens zehn Jahre für den Verein gespielt haben muss, wurde für ihn kurzerhand außer Kraft gesetzt. Für den Franzosen, der während eines Spiels zwischen den Pfosten auch gerne mal wie ein Vulkan brodelte, ganz sicher einer der emotionalsten Momente seiner Karriere – gemeinsam mit seiner Frau und den beiden Kindern in der Mitte der Halle stehend, zeigte er sich sichtlich gerührt und überrascht, nun mit Größen wie Wislander und Lövgren in einer Reihe zu stehen. „Wir sind echte Kieler geworden und werden das auch immer bleiben“, sagte er mit brüchiger Stimme und mehr als einer Träne im Knopfloch. Und auch die Fans dankten ihm mit stehenden Ovationen und lautstarken „TITI!“-Rufen. Ob er nochmal wiederkommen wolle? „Das würde mir sehr, sehr schwer fallen, hier gegen Euch zu spielen“.
Nur eine Verabschiedung hätte diesen großen Moment noch in den Schatten stellen können. Die des Kapitäns Marcus Ahlm! Der Schwede, der nach dieser Saison seine Karriere beendet, wird am 16.08. jedoch ein eigenes Abschiedsspiel bekommen, um sich gebührend aus der Handballhauptstadt verabschieden zu können.