Die Kielerin Susanne Lamprecht hat in der Malerei ihre Berufung gefunden. Auch wenn das Leben als freischaffende Künstlerin Herausforderungen birgt, ist es für sie der einzig richtige Weg. Chefredakteurin Kerstin Klostermann trifft die außergewöhnliche Künstlerin zum persönlichen Interview und gewinnt einzigartige Einblicke in das Leben und Schaffen von Susanne Lamprecht.
Vielleicht passiert ja noch ein kleines Wunder und ich kann hierbleiben“, sagt Susanne Lamprecht. Liebevoll lässt sie ihren Blick durch ihr Atelier im Haus 1 im Anscharpark gleiten. Ein Jahr lang hat sie hier als Zwischennutzerin ihrer Kreativität freien Lauf gelassen – Tür an Tür mit anderen Künstlern und Designern. Nun soll das historische Gebäude saniert werden, damit unter anderem eine Kindertagesstätte einziehen kann.
Ein neues, bezahlbares Atelier hat die Malerin noch nicht in Aussicht. „Aber irgendetwas wird sich schon ergeben“, sagt sie, und der Schalk blitzt aus ihren Augen. „Künstler sind Überlebenskünstler.“ Schon oft hat die 56-Jährige ihre Rechnungen in Bildern bezahlt. „Bisher habe ich immer alles hingekriegt“, sagt sie und wirkt dabei unbekümmert. Ihr flippiges Äußeres unterstreicht ihre positive Ausstrahlung: Zu einem Shirt mit Amerika-Flagge trägt sie eine Pünktchen-Strickjacke und einen schwarzen Filzhut. Das lange, grau-blonde Haar ist mit Haarklammern zu einem Zopf gebunden. „Ich habe ein fröhliches Kind in mir“, erklärt Susanne. „Ich habe aber noch eine tiefgründige und verletzliche Seite.“ Für dieses Jahr hat sie sich vorgenommen, auch diese Seite mehr zuzulassen. Sie sei als spiritueller Mensch auf die Welt gekommen, erzählt sie, und wolle das nun endlich offen zeigen.
„Durch das Malen komme ich mit der schöpferischen Inspiration in Kontakt und fühle gleichsam Demut und Gnade.“
Ihr Talent hat Susanne jedoch erst spät entdeckt. Sie arbeitete unter anderem als Lehrerin, Visagistin und Pressesprecherin. 1999 wachte sie eines Nachts auf und hatte plötzlich den inneren Drang zu malen. Seitdem sind mehr als 200 Bilder entstanden. Seit 2008 ist Susanne freischaffende Künstlerin, auch wenn es finanziell manchmal eng wird. „Ob man damit Geld verdient oder nicht, ist letztendlich nicht wichtig“, erklärt sie. „Es geht um den schöpferischen Moment.“ Den Prozess des Malens erlebt sie als „Flow“. Alles passiert intuitiv. Sie wird zum Kanal und lässt die Bilder durch sich hindurch auf Papier und Leinwand fließen. Das Ergebnis sind kleine und große, abstrakte und gegenständliche, rebellische und zarte Bilder. „Wenn aus meinem Spiel mit Farbe echte Werke werden, empfinde ich große Dankbarkeit“, sagt Susanne.
Besonders ihre sakralen Werke liegen ihr am Herzen. Bilder aus dem „Engelzyklus“ hat sie bereits in Kirchen gezeigt. Menschen waren durch den Anblick zum Teil so berührt, dass sie weinten. Für Susanne sind das wunderbare Momente und der größte Lohn ihrer Arbeit. „Dann weiß ich, dass es richtig ist, was ich tue“, sagt sie lächelnd und blickt durch das große Altbaufenster ihres Ateliers. Auch wenn für sie und ihre Künstlerkollegen die Zeit in Haus 1 zu Ende geht, schaut sie positiv nach vorn. Es ist sogar schon die erste gemeinsame Ausstellung geplant: Unter dem Titel „Zwischenkunst“ wird sie am 30. Januar um 18 Uhr bei Inlingua am Alten Markt eröffnet.
(kek)
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