Ob Krabbenfischen, Feuerspucken oder Synchronschwimmen, Redakteur Thore Albertsen tut das, was Sie sich wünschen. Dieses Mal lernt er, wo der Honig herkommt.
Spätestens seitdem ich als Fünfjähriger die erste Folge von Biene Maya gesehen hatte, war mir klar: Bienen machen Honig. Doch dann entschied sich das pummelige, schwarz-gelb gestreifte Insekt für ein Leben in freier Wildbahn anstatt im Bienenstock und mir blieben alle Hintergründe der Honig-Herstellung verwehrt. So stehe ich morgens um 10 Uhr ein wenig unvorbereitet vor dem roten Backsteinhaus der Öko-Imkerei Bielenberg und weiß nicht, was mich hier erwartet.
Freundlich lächelnd kommt Hobby-Imker Helmut Bielenberg aus der kleinen Holztür des Hauses. Mit seinem weißen Bart und seiner ruhigen Art ist er genauso, wie ich mir einen klassischen Imker vorgestellt habe – so ein bisschen der Typ Peter Lustig. Gemütlich trinken wir erst mal eine dampfende Tasse Kaffee in der alten, mit Holz verkleideten Küche. „Wir sind ja nicht auf der Flucht”, sagt er schmunzelnd zu mir.
Dann geht es los. Ich bekomme weiße Arbeitskleidung und einen Hut, an dem rundherum ein Netz befestigt ist. In dieser Kluft sehe ich ein bisschen aus wie ein Astronaut, der auf Safari gehen möchte.
Helmut Bielenberg bleibt, wie er ist. „An mich sind die Bienen sowieso gewöhnt”, sagt er mit ruhiger Stimme. Bewaffnet mit dem Smoker, einer Art rauchendem grauen Blasebalg, machen wir uns auf den Weg in den großen, grünen Garten hinter dem Haus. Ein geschäftiges Summen kommt uns entgehen. Hier leben die zwei Bienenvölker in eckigen, grünen Kästen, die nicht ansatzweise so aussehen, wie der Heimat-Bienenstock meiner Kindheitsheldin Maya. „Die klassischen korbförmigen Bienenstöcke sind bereits seit dem Zweiten Weltkrieg überholt”, erklärt mir der Imker. Fleißig fliegen hier die braunen Bienen ein und aus und geben den gesammelten Nektar an die Arbeiterbienen innerhalb des Stockes weiter, die damit die rautenförmigen Waben füllen. Arbeitsteilung wird hier anscheinend groß geschrieben.
„Erst einmal müssen wir sie beruhigen”, erklärt mir der pensionierte Maler, während er den Deckel des Kastens abnimmt. Dafür nehmen wir den Smoker und pusten weißen Rauch in den Bienenstock. Doch anstatt dass die kleinen braunen Bienen benebelt à la Bob Marley in den Waben liegen, wie ich es erwartet hätte, flüchten sie aus dem Bienenstock. „Durch den Rauch denken sie, dass es brennt. Wer würde da nicht aus dem Haus rennen”, erklärt mir der Imker. Nun können wir die silbernen Platten rausnehmen, in deren kleinen rautenförmigen Löchern die Bienen den Honig abgelegt und mit einer wachsartigen Substanz verschlossen haben. „Diese Flüssigkeit produzieren sie selbst, indem sie ihre Zuckerzufuhr erhöhen”, erklärt mir der Imker. Wir nehmen die Platte raus und stellen eine neue rein, damit den Bienen nicht die Arbeitsgrundlage entzogen wird. Dann begeben wir uns in die Imker-Werkstatt.
Unzählige große, metallfarbene Maschinen, deren Zweck für mich auf den ersten Blick nicht erkennbar ist, stehen hier. In der Luft liegt der Duft von Bienenwachs. Während ich nach der Maschine suche, in die wir die silbernen Platten legen können, drückt mir Helmut Bielenberg eine kupferfarbene Gabel mit unzähligen Zinken in die Hand. „Jetzt müssen wir die Wachsdeckel von den Waben entfernen, um an den Honig ranzukommen”, sagt mir mein Ausbilder.
Diese Arbeit des Entdeckens, wie es im Fachjargon genannt wird, ist zwar nicht besonders schwer, zerrt jedoch an meinen Nerven. Denn man braucht schon ein gewisses Geschick, um die winzig kleinen Wachsdeckel zu entfernen, die die Bienen mit Liebe zum Detail verklebt haben. Nach gefühlten drei Stunden habe ich es dann auch tatsächlich geschafft und präsentiere Bielenberg meine Waben wie einen neu gewonnenen Pokal. Nun müssen sie geschleudert werden, und dafür gibt es – der industriellen Revolution sei Dank – eine Maschine. Ich stelle die Platte in eine Art Zentrifuge. Durch die Drehung wird der Honig hinausgeschleudert und kann dann klassisch mit einem Zapfhahn abgefüllt werden. Eine große Milchkanne dient als Behältnis. „Nun muss er noch vier, fünf Tage stehen, um sich zu setzen. In dieser Zeit schwimmen Fremdkörper nach oben und können abgesammelt werden”, erzählt mir der Imker.
Ein wenig traurig, dass ich meinen selbst gemachten Honig jetzt nicht bekomme, ziehe ich meine Arbeitskleidung wieder aus. Helmut Bielenberg scheint meine Enttäuschung erkannt zu haben und drückt mir ein Glas mit goldgelbem Honig in die Hand. „Ist doch von denselben Bienen”, sagt er mit einem Augenzwinkern.