Mit seinen überlebensgroßen Skulpturen auf Sylt und auf dem deck der AIDAmar hat sich der Kieler Bildhauer Martin Wolke deutschlandweit einen Namen gemacht. Für die Fördestadt hat er eine ganz besondere Vision.
Eine Touristenschar, die gerade mit dem Zug angekommen ist, tummelt sich auf dem Bahnhofsvorplatz von Westerland auf Sylt. Erstaunt wandern die Blicke in die Höhe. Das Klicken dutzender Fotoapparate ertönt. „Wenn ich für jedes Foto von meinen ,Reisenden Riesen‘ einen Cent nehmen würde, wäre ich ein gemachter Mann”, sagt Martin Wolke schmunzelnd. Seit 2001 begrüßt seine giftgrüne Figureninstallation die Insel-Besucher. Der Mann und die Frau sind stolze vier Meter hoch, die zwei Kinder zwei Meter. Lässig stemmt sich die Familie gegen den imaginären Westwind.
Reisende Riesen im Wind, Westerland; Foto: Dietmar Walberg
Die aus Kunststoff gefertigten Riesen haben den Kieler Künstler schlagartig in Deutschland bekannt gemacht. Danach folgten weitere Aufträge für Kunstwerke im öffentlichen Raum, unter anderem in Eckernförde, Ahrensburg und Augsburg. Zusätzlich erhielt der gebürtige Münchner, der vor 20 Jahren für sein Studium der Bildhauerei nach Kiel kam, 2003 einen Lehrauftrag an der Muthesius Kunsthochschule. Von 2004 bis 2006 leitete er die Bildhauerwerkstatt. Die Riesen brachten Wolke auch seinen Auftrag für die AIDAmar ein. Die kunsthistorische Leiterin Janina Strathmeier wurde durch die Figurengruppe auf den Bildhauer aufmerksam. Seit April 2012 prangen Fortuna und Aeolus, die Götter des Schicksals und des Windes, auf dem Pooldeck des Kreuzfahrers – natürlich überlebensgroß. „Meine Skulpturen weichen von der Natur ab”, erklärt der 41-Jährige, der mit seinen 1,90 Meter selbst wie ein Riese wirkt. „Ich verzerre Proportionen, um beim Betrachter Verwirrung zu stiften und die Kommunikation anzuregen.”
Fortuna und Aeolus auf dem Pooldeck der AIDAmar; Foto: Samuelis Baumgarte Galerie
Seine Kunststoff-Kolosse entwirft und baut er in einem alten Lokschuppen auf dem Gelände des Sporthafens Wellingdorf. Auf dem Boden sind noch die Gleise zu erkennen. Entlang der Wände stehen Werkbänke. Überall stapeln sich Werkzeuge, verstaut in Kisten, Schränken, auf Regalen. Dazwischen Modelle von älteren Arbeiten, Bilder und Fotos an der Wand. „Ein typisches Bildhauersammelsurium”, sagt Wolke mit einem verschmitzten Grinsen. Kleine Lachfalten bilden sich um seine freundlichen Augen. Sein Beruf wurde ihm in die Wiege gelegt. Wolkes Vater war ebenfalls Bildhauer und hatte zu Hause eine eigene Werkstatt. „Ich habe immer noch den Terpentingeruch in der Nase.” Aber auch seine Mutter, die Goldschmiedin ist, hat den Künstler inspiriert. Seit drei Jahren fertigt er unter seinem Label „Neptunsgeschmeide“ maritime Gürtelschließen, Schmuck und Accessoires aus Zinn an. Inzwischen lagern in der Werkstatt über 200 Formen. Kraken, Nixen, Anker und Seepferdchen drücken seine Liebe zum Meer aus. „Das ist eine schöne Abwechslung zu den großen Skulpturen”, erzählt der Vater von sechsjährigen Zwillingsmädchen. „Mir gefällt, dass man schnell ein Ergebnis hat.”
Die Bildhauerei möchte er aber auf keinen Fall aufgeben. Stolz blickt er auf die mächtige Negativform des Aeolus, die an schweren Ketten von der Decke hängt. Sein Traum ist es, eine mindestens vier Meter hohe Meerjungfrau für die Hörn anzufertigen. Dann hätte auch Kiel ein imposantes Fotomotiv für alle Touristen, die am Bahnhof oder an den Fähranlegern ankommen.
Kontakt
Martin Wolke
Tel.: (0431) 729 89 10
www.martinwolke.de
www.neptunsgeschmeide.de