Spätestens seit seiner VOX-Doku-Reihe „Der Hundeprofi“ ist der studierte Tierpsychologe Martin Rütter ein bekanntes Gesicht. KIELerLEBEN sprach mit dem 41-Jährigen über Tierliebe, Trainingsmethoden und seine aktuelle Live-Show.
KIElerLEBEN: Ein Tierpsychologe, der im Fernsehen auftritt und mit seiner eigenen Live-Show durch Deutschland tourt – hätten Sie das je für möglich gehalten?
Martin Rütter: Ganz zu Beginn meiner Tätigkeit vor fast 20 Jahren war eine Entwicklung in dieser Form nicht unbedingt abzusehen. Aber ehrlich gesagt, habe ich schon recht früh gemerkt, dass in diesem Bereich jede Menge Bedarf besteht und großes Potenzial schlummert. Ich halte ja schon seit über zehn Jahren Vorträge und hatte schon immer großen Spaß daran. Die Entwicklung, mit einer Live-Show auf Tournee zu gehen, zeichnete sich deshalb immer mehr ab. Angefangen hat es mit sieben Zuhörern, irgendwann hatten wir dann 300, später über 1.000. Zuletzt in Wien waren 10.000 Menschen in der Halle. Auf der Bühne habe ich die grandiose Möglichkeit, eine breite Masse für das gewaltfreie Hunde-Training zu begeistern – das ist einfach toll.
Warum hat der Sprung in die Unterhaltungsbranche funktioniert – haben Sie besonders gute Entertainerqualitäten?
Ich sehe mich primär nicht als Teil der Unterhaltungsbranche, das ist lediglich ein Nebeneffekt. Natürlich ist es so, dass ich meine Botschaften nicht knochentrocken, sondern auf lebendige Art und Weise zu vermitteln versuche. Schließlich sollen die Leute ja trotz aller Ernsthaftigkeit auch Spaß bei der Arbeit haben. Aber zuallererst bin ich Hundetrainer. Mein vorrangiges Ziel ist und bleibt, die Kommunikation zwischen Mensch und Vierbeiner zu verbessern.
Der gute alte Tierarzt scheint aus der Mode gekommen zu sein. Heutzutage gibt es Tierheilpraktiker, -psychologen und -krankengymnasten. Warum ist das Bedürfnis der Halter, ein rundum glückliches Haustier zu haben, gewachsen?
Weil sich die gesellschaftliche Bedeutung des Haustieres, vor allem des Hundes, sehr stark verändert hat. Er fungiert nicht mehr als Nutztier, sondern als vollwertiges Familienmitglied, zu dem eine sehr starke emotionale Bindung besteht. Für die Menschen ist es aufgrund dieser engen Beziehung enorm wichtig, dass es ihrem vierbeinigen Sozialpartner an nichts fehlt. Leider vergessen sie dabei häufig, was der Hund wirklich ist: nämlich ein Hund.
Wo hört Tierliebe für Sie auf?
Wenn das Tier in seiner geistigen und körperlichen Freiheit eingeschränkt wird. Ob der Hund ein schlichtes Leder- oder ein mit Diamanten bestücktes Halsband trägt, ist ihm letztlich egal, solange Funktionalität und der natürliche Bewegungsfreiraum gewährleistet werden. Wenn der Hund aber beispielsweise im Zwinger gehalten wird oder für den Oktoberfestbesuch in ein Dirndl gepresst wird, hört für mich der Spaß auf. Das ist nichts anderes als Quälerei.
Wann haben Sie entdeckt, dass Sie einen besonderen Draht zu Hunden haben?
Schon in meiner Kindheit spielten diese Tiere eine besondere Rolle, obwohl ich als Kind keinen Hund haben durfte, da meine Eltern auch heute noch jedes Tier als sinnlos ansehen, das man nicht auf den Grill legen und essen kann. Ich habe aber bereits in meiner Jugend die Hunde der Nachbarn ausgeführt und die Hunde meiner Tante Thea ohnmächtig gekrault. Die hatte in den 80er Jahren so eine Art Pflegestelle für gestrauchelte Hunde.
Was fasziniert Sie so an der Arbeit mit den Vierbeinern?
Dass es nie langweilig wird. Es ist stets aufs Neue faszinierend, die Beziehung zwischen Mensch und Hund zu erforschen. Die Hundewelt besteht aus derart unerschöpflicher Vielfalt, dass jeden Tag neue, spannende und lehrreiche Momente auf mich warten.
Sie haben D.O.G.S., eine eigene Trainingsphilosophie, entwickelt, die deutschlandweit betrieben wird – auch in Kiel von Corinna und Marc Lindhorst.
Warum sollten Kieler Hundehalter die Hilfe der D.O.G.S.-Coaches in Anspruch nehmen?
Weil sich die Hundehalter sicher sein können, einen individuellen, qualitativ hochwertigen Trainingsweg vermittelt zu bekommen. Corinna und Marc Lindhorst gehören zu meinen absoluten Vorzeigecoaches, die die D.O.G.S.-Philosophie wahrhaftig leben und erstklassige Arbeit machen. Das Geheimnis ist ja, dass die von mir entwickelte Philosophie D.O.G.S. ein System ist, das kein System ist. So sagt schon der Name „Dog Orientated Guiding System“ – am Hund orientiertes Führungssystem–, dass sich das Training an den jeweiligen natürlichen Bedürfnissen des Hundes anlehnt. Der Schwerpunkt von D.O.G.S. liegt also darin, den Hund einschätzen zu können, um dann ein für den Kunden und seinen Hund ganz spezifisch zugeschnittenes Trainingskonzept zu entwerfen. Dabei arbeiten wir artgerecht und vollkommen gewaltfrei. Brüllerei und Stachelhalsband sind kein Thema. Die „Sprache“ der Hunde ist eine leise Sprache. Wir unterrichten die Menschen in dieser Sprache und zeigen ihnen, wie man mit seinem vierbeinigen Gefährten eindeutig kommunizieren und zu einem harmonischen Team wachsen kann.
Seit 2008 sind Sie in der VOX-Doku-Reihe „Der Hundeprofi“ zu sehen. Was war bisher Ihr kniffligster Fall und wie haben Sie ihn gelöst?
Da möchte ich nur ungern einen herausfischen, denn für mich hat jeder Fall seine eigene, spezielle Note. Generell wird’s für mich immer dann knifflig, wenn die Menschen ihr Fehlverhalten nicht sehen oder sehen wollen. Da ist dann mitunter sehr viel Überzeugungsarbeit nötig. Denn letztlich ist es fast nie der Problemhund, der sich ändern muss, sondern der Mensch, der die Probleme des Hundes auslöst.
Im April machen Sie mit Ihrer Live-Show „Hund – Deutsch / Deutsch – Hund“ Halt in Kiel. Was ist für den Zuschauer höher: der Lern- oder der Spaßfaktor?
Es ist eine gesunde Mischung aus beidem, aus Unterhaltung und Information. Die Leute sollen natürlich Spaß haben, andererseits werden sie jedoch auch jede Menge Ratschläge, Tipps und Infos erhalten, die sie für das Zusammenleben mit ihrem Hund nutzen können.
Wo liegt das größte Missverständnis zwischen Mensch und Hund und was ist Ihr persönlicher Tipp für ein besseres Miteinander?
Ein gravierender Fehler ist die extreme Vermenschlichung des Hundes, was dann dazu führt, dass Hunde in ihrer Kommunikation sehr deutlich werden müssen, bis ihre Botschaft bei uns angekommen ist. Ein klassisches Missverständnis ist zum Beispiel das Anspringen bei der Begrüßung, das fast immer als Freude des Hundes empfunden wird. In den wenigsten Fällen ist es aber freundlich gemeint, sondern viel häufiger als Korrektur am Menschen, der den Hund nicht mit nach draußen genommen hat. Für ein besseres Miteinander ist es deshalb unabdingbar, dass der Halter die Signale und Körpersprache seines Hundes richtig zu verstehen lernt. Nur so kann er die eigentlichen Bedürfnisse des Hundes erkennen und sich dementsprechend verhalten.
Das Interview führte Kerstin Klostermann
Am 14. April kommt Martin Rütter nach Kiel in die Sparkassen-Arena!