Es war der krönende Abschluss einer verkorksten Saison: Im SHFV Lotto-Pokal-Finale hätte Kiel am vergangenen Freitagabend im eigenen Stadion den Einzug in die Hauptrunde des DFB-Pokals erreichen können. Doch der Erzrivale VfB Lübeck brachte die Störche sprichwörtlich in den Sturzflug.
Nach noch nicht einmal 90 Minuten konnten die Grün-Weißen mit einem überzeugenden 2:0 den Pokal nach Hause fahren.
Vorfeld
Die Liga-Saison 2009/2010 lief für Holstein Kiel wahrlich nicht so, wie zuvor geplant.
Nach nur einer Saison in der dritten Liga steigt der Nordclub mit dem vorletzten Platz wieder ab. Im SHFV-Lotto-Pokal-Finale gegen den VfB Lübeck hatten die Störche nun die Gelegenheit, mit einem Sieg in den DFB Pokal einzuziehen. Nicht zuletzt hätte ein Erfolg zum Abschluss der Fußballsaison mit Sicherheit gut getan, für Mannschaft, Verein und auch für die enttäuschten Fans.
Es wurde viel diskutiert im Vorfeld des Pokal-Finales, die beiden Vereine als Erzrivalen tituliert, die Fans untereinander aufbrausend. Zusammen mit dem typisch norddeutschen Wetter waren die Voraussetzungen für ein spannendes und emotionales Pokal-Finale gegeben.
Erste Halbzeit
Der Klassenunterschied der Vereine war von Beginn an kaum bemerkbar. Beide Mannschaften spielten sehr defensiv, und der Ball kam selten über das Mittelfeld hinaus auf den Rasen. Hart umkämpft war das runde Leder, den Sieg wollte sich keiner nehmen lassen. Dennoch kam es in der ersten Viertelstunde auf beiden Seiten nur zu kleineren, nicht nennenswerten Torchancen. In der 23. Spielminute kam Francky Sembolo nach Freistoß von Peter Schyrba mit dem Ball mittig vor das gegnerische Tor, doch scheiterte knapp. Nur drei Minuten vor der Halbzeitpause dann die riesen Chance für die „Gäste“: Jakob Sachs setzte sich gegen Schyrba durch und ließ im Alleingang alle anderen hinter sich. Freistehend vor Torwart Michael Frech schob Sachs dann ins lange Eck ein, Frech blieb chancenlos. Mit einem 1:0-Rückstand verließ Kiel den Rasen Richtung Kabine.
Zweite Halbzeit
Zwar leicht deprimiert über den Rückstand, jedoch nicht hoffnungslos, kamen die Störche unverändert aufs Spielfeld. Doch nachdem die Lübecker in den ersten Minuten der zweiten Halbzeit fortlaufend mit zunehmender Selbstsicherheit auffuhren, kamen die ersten Zweifel bei den Störchen. Die Mannschaft präsentierte sich ansteigend unsicherer, und die Hoffnung auf einen Sieg verflog. Dies merkten auch die Kieler Fans, die bei den Fangesängen der Lübecker über die komplette Spieldauer nicht mithalten konnten. In der 69. Spielminute äußerten einige Zuschauer ihren Unmut mit Knallern und Feuerwerkskörpern. Schiedsrichter Bornhöft entschied sich zu Recht für eine Spielunterbrechung. Zehn Minuten schickte der Unparteiische beide Mannschaften in Richtung Kabine und wartete auf Ruhe im Fanblock der Kieler. Schade, dass sich die Kieler Fans nicht die Lübecker als Vorbild genommen haben, die audio- und visuell wie ein Fels hinter ihrer Mannschaften standen und von Randalen absahen. Kopfschüttelnd und verständnislos zeigten sich die Holstein-Verantwortlichen. Nachdem sich der Fanblock beruhigte, konnte die Partie weitergehen. Doch anstatt zu kämpfen und Motivation und Teamgeist an den Tag zu bringen, fiel Holstein Kiel zunehmend nach hinten, und deutlich vermehrte Fehler machten sich breit. Ungenaue Pässe, Ballverluste und nicht zuletzt der Ärger über die eigene Leistung frustrierten. Dies zeigte sich besonders in der 76. Spielminute, als Fiete Sykora sich nach einem Foul von Marheineke emotional entlud und den Lübecker absichtlich und völlig sinnlos zu Boden schubste. Der zuvor gelb belastete Kieler bekam daraufhin die Gelb-Rote von Schiri Bornhöft und verließ unter tönendem Gepfeife der Zuschauer das Stadion.
Schlussphase
Einsehend, dass die Hoffnungen auf einen Sieg im so wichtigen Derby erloschen sind, zündeten die Kieler „Fans“ weitere Feuerwerkskörper. Was für die einen Leid, das für die anderen Freud: In der 88. Spielminute setzte sich Clemens Lange durch und knallte den Ball gegen den Innenpfosten, von wo aus das Leder den Weg ins Netz von alleine fand. 2:0 für Lübeck. Und zwar verdient. Auch wenn es keine Glanzleistung war, konnten die Hansestädter den Klassenunterschied ausblenden und eine bessere Spielstruktur vorweisen. Der Unparteiische beendete die Partie aufgrund des Missverhaltens der Kieler Fans bereits zwanzig Sekunden vor dem eigentlichen Ablauf der 90 Minuten.
Während die Lübecker mit ihren, an diesem Abend fairen und tollen Zuschauern, den Sieg feierten, zeigten sich auf Seiten der KSV Holstein enttäuschende und weinende Spieler und Verantwortliche. Mit hängenden Köpfen nahmen die Verlierer ihren Trostpreis entgegen, bevor sie kurze Zeit später die Pokalübergabe an den VfB Lübeck hautnah miterleben konnten.
Stimmen
Andreas Bornemann: Fußball ist eine Mannschaftssportart, und die, die heute als Mannschaft hier auf dem Platz gestanden haben, haben auch verdient gewonnen.
Michael Frech: Die Lübecker haben gezeigt, dass sie mehr wollten und haben verdient gewonnen.
Christian Wück: Es war ein enttäuschendes Spiel, und es war enttäuschend, wie wir dieses angenommen haben. Wir sind keine Mannschaft, die sich gegenseitig unterstützt.
Peter Schubert (Trainer VfB Lübeck):Wir haben mit Herz und Leidenschaft gespielt. Ich bin stolz, Trainer dieser Mannschaft zu sein.
Holstein Kiel: Frech - Siedschlag, Schyrba, Rohwer (69. Camps), Gutzeit, Müller - Lamprecht, Sykora, Meyer (54. Heider) - Holt, Sembolo
VfB Lübeck: Semghoun - Gebers, Wehrendt, Marheineke, Hohnstedt - N. Lange, Helmke - Richter, Landerl (78. Henning), Sachs (83. Senger) - C. Lange
Tore: 0:1 Sachs (43.), 0:2 C. Lange (88.)
Gelb-Rote Karte: Sykora (76.)
Schiedsrichter: Bornhöft
Zuschauer: 5.759
Foto: Hornung