Die Hamburgerin Johanna Wack begann vor fünf Jahren mit dem Schreiben. Eigentlich aus Langeweile, doch ihre Freunde waren so begeistert, dass sie ihr rieten, mal zu einem Poetry Slam zu gehen. "Was ist das?", fragte sich die damalige Studentin. Ein Dichterwettstreit, der süchtig macht!
kielerleben.de traf die bekannte Poetin beim letzten Kieler Poetry Slam, bei dem sie außer Konkurrenz startete, und sprach mit ihr über hässliche Kinder, Publikumsmagneten und die Slamily. kielerleben.de: Wie bist du zum Poetry Slam gekommen? Johanna Wack: Das war totaler Zufall, ich habe einfach aus Langeweile Kurzgeschichten geschrieben. Die habe ich dann Freundinnen gezeigt und wusste eigentlich gar nicht, was man damit machen soll - was macht man mit Geschichten? Jemand gab mir den Rat, ich solle doch damit zum Poetry Slam gehen. Ich kannte das damals gar nicht. Ich bin aber hingegangen, habe vorgelesen und bin sofort reingezogen worden in die Hamburger Literatur-Slam-Szene. Ich bin auch weiter gekommen zum "National", dem deutschsprachigen Wettbewerb. Und da es so gut lief und alles so nett war, bin ich dann natürlich auch dabei geblieben, und das jetzt schon seit fünf Jahren. Wieso bist du in Kiel außer Konkurrenz gestartet? Das wird auf einem Slam ganz gerne so gemacht: Man lädt jemanden mit einem gewissen Bekanntheitsgrad ein, der noch ein bisschen die Stimmung ankurbelt. Manchmal auch als Bonus, da einige Slammer richtig bekannt sind, das ist dann auch schon ein Publikumsmagnet. Das ist bei mir aber nicht so, mich kennt in Kiel wahrscheinlich niemand. (lacht) Du hast die drei Teile deiner "Kindertrilogie" gelesen. Haben deine Geschichten alle mit Kindern zu tun? Meine erfolgreichsten Texte sind schon die Kindertexte. Man kann Kinder einfach sehr ironisch behandeln, das geht hier leichter als bei anderen Themen. Mittlerweile habe ich ja auch ein Kind, aber einer der Texte ist entstanden, weit bevor ich Mutter geworden bin. Auch bevor ich es überhaupt in Erwägung gezogen habe. Aber ich habe auch andere Texte, die andere Themen behandeln. Wie viele Texte sind das denn mittlerweile insgesamt? Ich unterschätze das immer. Ich behaupte meist, dass es ungefähr 20 sind. Aber wenn ich Zuhause dann mal nachzähle, sind es viel mehr – 30 vielleicht, 40 höchstens. Ich hab viel verwertet, manche Sachen führe ich einmal auf und denke dann "oh nee, doch nicht". Übst du deine Texte zu Hause, trägst du sie zum Beispiel deinem Freund vor? Ich zeige sie schon meinen Freundinnen, meinem Freund, meiner Familie. Und so viel es geht, versuche ich Leute zu finden, die mir ein Feedback geben, bevor ich mich damit auf die Bühne stelle. Das ist mir sonst doch zu riskant. Es ist schon gut, sich mindestens eine Fremdmeinung einzuholen, je mehr desto besser. Was machst du beruflich, und wie viel Zeit wendest du für die Poetry Slams auf? Eigentlich bin ich Ökotrophologin, ich habe gerade mein Studium abgeschlossen. Deshalb habe ich im letzten Jahr nicht so viel geschrieben. Meine Tochter ist zweieinhalb Jahre alt, also habe ich in den letzten Jahren viel Zeit damit verbracht, Mutter zu sein und mein Studium fertig zu bekommen. Nebenbei bleibt natürlich dementsprechend wenig Zeit fürs Schreiben. Denn ein Poetry Slam bedeutet ja nicht nur, hinzufahren, aufzutreten und wieder nach Hause zu fahren, sondern natürlich auch Texte schreiben, überarbeiten, teilweise auch einfach Papierkram. Im Moment habe ich theoretisch die Zeit, jetzt fehlen mir aber die Ideen (lacht). Meistens kommen die dann, wenn ich gerade keine Zeit habe. Kannst du dir auch vorstellen, hauptberuflich einzusteigen und ein Buch zu schreiben? Eine Textsammlung vielleicht? Es ist eigentlich der Plan, irgendwann einen Kurzgeschichtenband oder einen Roman herauszubringen. Eigentlich bin ich ja schon hauptberuflich Autorin. Es ist nur nicht so, dass ich so viel damit verdiene, dass man von "Hauptberuf" sprechen könnte, eher als einem kleinen Nebenverdienst. Mein Traum ist es, zur Hälfte als Ökotrophologin zu arbeiten und zur anderen Hälfte als Autorin, weil ich am besten schreiben kann, wenn ich auch noch etwas anderes mache und noch ein bisschen was "um die Ohren" habe. Nur zu Hause sitzen und schreiben, ist nicht mein Ding, das stelle ich auch gerade fest. Ich würde gerne einen Roman schreiben, aber tatsächlich werden es dann immer wieder Kurzgeschichten. Ich habe einfach noch nicht das richtige Thema gefunden. Wie sind denn eigentlich die Kontakte deutschlandweit unter den Slammern? Die Kontakte sind super, das ist für viele einer der Hauptgründe, weiterzumachen, weil es einfach unheimlich nett ist. Man kennt sich, man trifft sich immer wieder auf den Veranstaltungen und einmal im Jahr wird gemeinsam gefeiert. Es gibt auch eine Yahoo-Gruppe, die nennt sich Slamily, weil es wirklich eine Art Familiengefühl ist, mit allem was dazu gehört: Klatsch, Tratsch, manchmal auch Streitereien, aber eben auch unheimlich viele, nette Kontakte. Ende dieses Monats stehen die 13. deutschsprachigen Poetry Slam Meisterschaften an, wie läuft das ab? Das ist ein langes Wochenende, von Donnerstag bis Sonntag. Es finden unzählige Vorrunden und Halbfinals statt und schließlich das Finale. Man hat Einzel- und Teamwettbewerbe, da kann man sich dann mit zwei bis fünf Leuten ausdenken, wie man zusammen einen Text präsentiert. Letztes Jahr in Zürich waren es am Anfang ungefähr 150 Teilnehmer, die angetreten sind. Dann kommt man eben weiter oder man scheidet aus. In Zürich habe ich den dritten oder vierten Platz gemacht, das wurde dann nicht mehr "ausgebattled". Aber es war schon sehr aufregend, so weit zu kommen. Das Interview führte Natalie Baumgärtner Johanna Wack bei YouTube [video:id=1] Du schreibst gerne Text und möchtest diese mal einem größeren Publikum vorstellen? Die Kulturagentur assemble ART veranstaltet neben dem original Kieler Poetry Slam auch die Slam-Volksbühne "Brot&Spiele", der alle zwei Monate in der Schaubude veranstaltet wird, und Poetry-Slam-Neulingen die Möglichkeit gibt, sich auszuprobieren. Wie die erste Volksbühne war, kann st du [hier] lesen. Die nächsten Termine erfährst du hier auf kielerleben.de. Der nächste große Slam mit hochkarätigen Slammern aus ganz Deutschland ist am 12. November im Roten Salon der Pumpe.