Am 4. September erscheint das neue Album des Hamburger Trios Ruben Cossani „Alles auf einmal“. Am Montag-Abend gaben sie einen Doppel-Gig auf dem Duckstein-Festival und präsentierten dabei auch einige Stücke des neuen Albums. Zuvor standen sie KIELerLEBEN.de Rede und Antwort. Alles wichtige über Ruben Cossani findest Du auf KIELerLEBEN.de hier. KIELerLEBEN: Herzlichen Glückwunsch!
Ihr habt kürzlich den Musikpreis des Verbandes der Deutschen Konzertdirektionen (VDKD) gewonnen. Michel: Vielen Dank! Die Abkürzung müssen wir auch erst noch auswendig lernen. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert, was macht ihr mit dem Geld? Leo: Wir teilen es brüderlich auf: jeder bekommt ein Drittel, investiert in Instrumente und begleicht Schulden (lacht). Michel: Es ist ja Fördergeld und wir nutzen es schon beruflich. Ich wollte mir immer schon mal einen alten Hofner-Bass zulegen. Den Preis gibt es seit 2005, unter anderem hat die Band Madsen die VDKD-Auszeichnung bisher erhalten: ein gutes Vorzeichen? Leo: Wir hatten vorher von dem Preis auch noch nichts gehört. Er wird vom Branchenblatt „Musikmarkt“ gestiftet – ist also ein brancheninterner Preis… Michel: … genau, ein Branchenpreis, der nicht zu verachten ist, da Experten diesen vergeben haben. Wir nehmen die Auszeichnung als gutes Vorzeichen, da wir ja auch erst seit Ende 2007 bestehen. Wie wichtig sind Euch solche Preise? Michel: Uns sind solche Preise immer wichtig. Egal, ob wir jetzt am Anfang stehen oder später noch andere Auszeichnungen hinzukommen sollten. Aber gerade jetzt können wir alles, was Aufmerksam erregt, gebrauchen, weil es für junge Bands schwierig ist, Aufmerksamkeit zu bekommen. Leo: Solche Preise sind nicht existenziell, aber wir freuen uns drüber. Allerdings kann es garantiert auch ohne Preise gehen. Ein großes deutsches Boulevardblatt hat Ruben Cossani als „als faszinierendste deutschsprachige Popformation des Jahrzehnts“ bezeichnet. Ihr wurdet auch schon mit den Beatles verglichen. Wie geht ihr mit solchen Vergleichen um? Leo: Ähnlich wie mit einem Preis: man nimmt es hin und freut sich drüber. Die Euphorie wandelt man in Motivation um, die einen wiederum nach vorne bringt. Michel: Und es ist noch vielmehr eine Anerkennung, da wir ausgerechnet von diesem großen Boulevard-Blatt das nicht erwartet hätten. Es zeigt auch, dass die Deutsche Popmusik noch nicht so alt ist und weiterhin beobachtet wird. Und das auch fachkundig, denn wir sind ja durchaus von den Beatles inspiriert. Preise und Lobeshymnen scheinen für Euch also nicht alles zu sein. Was ist am wichtigsten? Konrad: Unsere Fans! Wir sind eine Live-Band, daher sind die Live-Konzerte am wichtigsten – wenn die Fans mitsingen, das ist schon der Hammer. Leo: Dazu ist das interne Leben der Band wichtig. Wir müssen, egal was kommt, real bleiben – also wir wir bleiben – das spüren auch die Fans. Besteht denn die Gefahr, dass ihr abhebt? Ihr habt jetzt binnen zwei Jahren zwei Alben herausgebracht, was hat sich denn so verändert? Leo: Also, der Termindruck ist gestiegen, da es Tage gibt, an denen man unterwegs ist, aber wir spielen zum Beispiel immer noch regelmäßig Fußball. Andererseits – und das ist das Positive – ist die Identifikation und das Zusammenspiel innerhalb der Band gestiegen. Bei uns ist das damals zur Gründung sehr schnell gegangen und es war immer die Frage, ob man auf so langer Zeit mit denselben Menschen zusammen sein kann. Da war ich bei mir überrascht, dass das so gut hinhaut. Michel: Mal kurz von Anfang an: Das erste Album hatte ich alleine fast fertig produziert, als Konrad und Leo dazukamen, und erst dann haben wir zu dritt am Album weitergearbeitet. Das war wichtig um sich kennenzulernen und sich zusammenzufügen. Und obwohl wir uns nicht mal ein Jahr kannten, sind wir damit auf die Bühne gegangen. Die Interaktion neben und auf der Bühne musste erst einmal wachsen. Konrad: Wir kannten unsere Stärken und Schwächen noch gar nicht. Zum Beispiel sind wir am Anfang immer mit großer Bandbesetzung bei Konzerten aufgetreten, und jetzt machen wir alles zu dritt, tauschen die Instrumente untereinander, weil wir mittlerweile unsere Stärken kennen. Dadurch ist eine große Homogenität entstanden. Wir war das denn damals im Jahr 2007 genau? Michel: Ich kannte Konrad vom Fußball und habe ihn dann kurze Zeit später im Logo-Club in Hamburg singen und performen gehört, dann hab ich ihn einfach angesprochen. Leo: Ich kannte Konrad schon ein bisschen aus der Hamburger-Musikerszene und habe Michel dann über eine Freundin kennengelernt, als ich gerade aus Berlin wiedergekommen war. Dann haben wir uns ab und zu getroffen, geguckt ob wir menschlich zusammenpassen, Songs eingesungen und binnen zwei bis drei Monaten war klar, dass es losgehen würde. Euer Musikstil wird ja häufig als Retropop bezeichnet. Würdet ihr dem zustimmen und habt ihr eine Zielgruppe, die ihr mit Eurer Musik erreichen wollt? Konrad: Retropop stimmt schon. Man könnte auch sagen, Popmusik mit 60s Einfluss. Unsere Zielgruppe ist weit gefächert. Ursprünglich war es auf eine ältere Zielgruppe abgestimmt, mit der Zeit wurde diese aber immer jünger, ohne dass die die Älteren abgesprungen sind. Michel: Die Frage nach Zielgruppen ist auch immer schwierig. Beim Song „Du trägst keine Liebe in Dir“, den ich für Echt geschrieben habe, zweifelte ich die ganze Zeit, ob er bei so einer jungen Band wie Echt funktionieren würde, da er eher nach einem Stil à la Frank-Sinatra klingt. Aber Echt wollten den Song unbedingt und letztendlich hat er auch funktioniert. Leo: Nicht zuletzt verjüngen Konrad und ich auch die Musik etwas, da wir mit jüngeren Musikstilen aufgewachsen sind – ohne Michels großartiges Ohr und Gespür für Musik in den Schatten stellen zu wollen. Das spürt man insbesondere live, da wir auf Konzerten teilweise doch etwas moderner agieren. Bei uns stimmt meiner Meinung nach die Mischung zwischen jung und einem gewissen Stil einfach: Das merkt man bei den Klamotten, der Musik … Was ist denn an dem neuen Album anders als am Vorgänger „Tägliche Landschaft“? Konrad: Es ist ein bisschen dreckiger (lacht). Michel: Ja, aber nur relativ – für unsere Verhältnisse (lacht mit). Konrad: Es ist ein bisschen direkter, cooler vom Sound, jünger und fetter. Leo: Ganz subjektiv gesagt, finde ich unser erstes Album dünner, als das neue, ohne jetzt besser oder schlechter zu meinen. Es ist einfach etwas vorsichtiger und zarter. Das neue ist kräftiger und grooviger. Das liegt auch an uns: Wir kennen uns besser, die Mechanismen, mit denen wir arbeiten, und deshalb ist das Album auch selbstbewusster. Michel: Das erste Album war noch sehr „chansonniesque“, da ich einfach zu viele Chansons geschrieben hatte. Bei „Alles auf einmal“ wirkten Leo und Konrad auch viel stärker mit auf die Musik ein, und durch das gewachsene Bewusstsein der Band habe auch ich Songs geschrieben, die jünger und fröhlicher sind. Und dann kommt noch beim Song „Das kann man nicht vergleichen“ Annett Lousian dazu, wie kam diese Zusammenarbeit denn zustande? Leo: Wir hatten sie als Gast letztes Jahr auf einer Konzertreihe im Hotel Atlantik. Und sie ist auch eine großartige Sängerin und ein großartiger Mensch. Michel: Aber es ist eine doch etwas längere Geschichte: Ich war mit ihr vor vier Jahren auf Tour, und daher kannten wir uns schon, überdies ist sie bei der gleichen Plattenfirma. Ich hatte also dieses Lied geschrieben, das als Duett gedacht ist und eigentlich schon auf dem ersten Album mit drauf sein sollte. Aber wir hatten keine Sängerin und wollten uns auch erstmal als Trio etablieren. Konrad: Dann hat sich das so ergeben, weil Annett auf einmal mit ihrer großartigen Stimme dar war und das Lied auch sehr gerne singen wollte. Ruben Cossani ist ja ein fiktiver Mensch, den es nicht gibt… Konrad: …doch! Einen gibt es. Wir haben über Google einen Menschen auf einem Foto in Argentinien lokalisiert, der wohl tatsächlich Ruben Cossani heißt. Leo: Aber den Namen hatten wir damals frei erfunden Angenommen, ihr würdet einen Film über eure fiktive Person Ruben Cossani drehen, die ja einen typischen südamerikanischen, reichen aber gescheiterten Macho darstellen soll, wer würde die Person spielen? Leo: Puuh, das ist schwer… …ich dachte eventuell an Diego Maradona, da er südamerikansch, reich und gescheitert ist. Leo: Nein, der ist zu klein und zu dick. Michel: Ich finde Joachim Löw – mit Rollkragenpullover. Konrad: Along Deleng? Leo: Du meinst Alain Delon! Konrad: Genau. Leo: Mir fällt gerade Robert Downey Jr. ein, oder nein, noch besser: Benicio del Toro! Leo, Du hast in Kiel noch vor sieben Jahren gelebt. Wie sieht es mit den anderen aus? Konrad: Ich war noch nie wirklich bewusst hier. Aber ein Freund von mir wohnt hier und wir waren mal in so einem Park, das war nett… Leo: Schrevenpark. Konrad: Genau, und es soll eine Disko geben, wo sich alles trifft und der Schweiß von der Decke tropft. Leo: Ja, das Tucholsky, da war ich früher auch immer. Ich war das letzte Mal bewusst vor zwei Jahren hier. Meine Eltern leben in der Nähe von Mettenhof, und ich hab auch Freunde aus Kiel, die zum Konzert heute Abend kommen werden. Michel: Und ich war das letzte Mal in Kiel, als wir auf der Krusenkoppel im letzten Jahr zur Kieler Woche hier gespielt haben. Dazu kommt meine Ex-Frau aus Kiel. Damals dachte ich anfangs immer, oh Gott, ist Kiel eine hässliche Stadt, da es zum Beispiel keine Altstadt gibt. Aber als ich dann die schönen Fleckchen entdeckt habe, gefiel es mir immer besser. Vielen Dank für die offenen Worte und einen erfolgreichen Auftritt heute Abend! Das Interview führte Olaf Ernst