Vor wenigen Tagen hat das neue Semester begonnen und für viele junge Menschen auch ein neuer Lebensabschnitt. Aber nicht nur deutsche Abiturienten und Abiturientinnen sind aus dem Hotel Mama in die Unistadt an der Förde gezogen: Über 400 ausländische Studierende haben sich dazu entschieden, in Kiel zu leben und zu lernen. Um ihnen den Start zu erleichtern, gibt es die Tutoren des International Centers. Vier junge Menschen, die ihre Erfahrungen in und mit Deutschland mit den Neuankömmlingen teilen.
kielerleben.de traf die IC-Tutoren zum Gespräch.
"Kiel ist eine Stadt am Meer, die viel zu bieten hat, vor allem im Sommer. Aber man kann auch mit dem Kielius oder der Bahn nach Hamburg fahren", fassen die 28-jährige Magdalena und die 25-jährige Arina lachend in einer Infoveranstaltung zum kulturellen Leben in Kiel zusammen. Infos zu Kneipen, Diskotheken, Museen und vielen anderen Freizeitmöglichkeiten geben die beiden Studentinnen an diesem Tag – an Erstsemester, die im Oktober mit dem Studium in Kiel beginnen. Das besondere: Keiner der Teilnehmer spricht Deutsch als Muttersprache. Denn Arina und Magdalena gehören zum Tutoren-Team des International Centers und gestalten gerade die Orientierungswoche für ausländische Studierende. Das International Center, kurz IC, liegt in der alten Unibibliothek am Westring/Ecke Olshausenstraße und ist Informationsstätte und Beratungsstelle für alles, was mit Ausland und Studium zu tun hat. Studenten, die ein Praktikum und ein Semester im Ausland absolvieren wollen, finden hier die richtigen Ansprechpartner - und natürlich auch alle, die aus dem Ausland kommen und in Kiel studieren wollen.
Es hat sich viel getan
Geringe Sprachkenntnisse und die noch unbekannte Mentalität verunsichern viele; ein Start in einem fremden Land ist immer schwer, vor allem, wenn man niemanden kennt und ganz alleine ist. Um jungen, ausländischen Menschen genau diese Angst zu nehmen, haben sich Studenten zusammengeschlossen, die das alles selbst erfahren haben. Die selbst vor einigen Jahren in Kiel angekommen sind, um hier zu studieren. "Ich bin vor sieben Jahren aus Polen nach Kiel gekommen und hatte ähnliche Startschwierigkeiten, man kam sich ein wenig verloren vor an dieser großen Uni", erzählt Magdalena Trepka. Heute ist sie Teil des vierköpfigen Tutoren-Teams, und das schon seit fünf Jahren. "Es hat sich viel getan. Damals, als ich angefangen habe, war das International Center noch nicht so gut entwickelt. Da gab es unter anderem auch nicht so ein Begrüßungsfrühstück, wie wir es jetzt haben."
Brücken zwischen den Kulturen
Aber nicht nur das Begrüßungsfrühstück organisieren die Vier. "Unsere Aufgabe besteht darin, die neuen ausländischen Studenten bei den Orientierungstagen und in der Einschreibungswoche zu unterstützen. Dazu gehören auch Behördengänge oder die Wohnungssuche", erklärt Arina Hasson. Die 25-Jährige kam schon vor elf Jahren nach Deutschland, sie flüchtete damals mit ihrer Familie aus dem Irak. Machte ihr Abitur in Lübeck und entschied sich, nah bei ihrer Familie zu bleiben und in Kiel zu studieren. Da sie zu dieser Zeit schon einige Jahre in Deutschland lebte, brauchte sie die Starthilfe des International Centers nicht. Trotzdem wollte sie aktiv werden und wendete sich an IC-Betreuer Jan Bensien. Arina und ihre Schwester Zahra, die ebenfalls in Kiel studiert, setzten es sich zum Ziel, eine Brücke zwischen den Kulturen zu schaffen. Sie gründeten die Studierendenvereinigung "Arabische Perspektiven", um arabische Studenten besser integrieren zu können - viel zu viele Vorurteile herrschen immer noch vor. Durch Themenabende und Informationsveranstaltungen brachten sie den Studenten die arabische Mentalität näher. Für ihr herausragendes soziales Engagement erhielten die beiden Schwestern jüngst den DAAD-(Deutscher Akademischer Ausstauschdienst)-Preis.
"Auch wir haben es geschafft"
"Wenn die Studenten mitbekommen, dass wir ihre Sprache sprechen, freuen sie sich und können viel lockerer über alles reden. Und es gibt ihnen ein gutes Gefühl zu wissen, dass wir auch mal da waren, wo sie jetzt sind und es geschafft haben", sagt Arina. "Genau das ist die Idee hinter diesem Programm", unterstreicht Aristide Tehnadjen. Der 26-jährige Kameruner weiß aus Erfahrung, wie schwierig Deutschland sein kann: "Wenn man nach Deutschland kommt, hat man schon vorher so eine Vorstellung vom Land: Von der Bürokratie zum Beispiel … und man kennt das ja: die Deutschen sind pünktlich, ordentlich und verstehen keinen Spaß", erzählt er lachend. "Wir stellen eine Verbindung zwischen den ängstlichen Studenten und den Behörden dar, denn die Zusammenarbeit mit den Behörden ist oft schwierig. So etwas wie Anmeldung, Nummernziehen und unglaublich viele Formulare ausfüllen gibt es in vielen unserer Länder einfach nicht", sagt Aristide. "Deswegen hilft es am Anfang, wenn man diese andere Mentalität mit unserer Hilfe erst einmal verstehen kann."
Keine Nebensache
Er habe die Aufgabe immer als eher nebensächlich angesehen, "aber das Feedback, das wir von den Studenten erhalten, ist sehr positiv." Im Internet auf der Seite es International Centers kann man die Kontaktdaten der IC-Tutoren finden und auch Fragen per E-Mail stellen. "Gerade erst habe ich eine E-Mail von einer Estin bekommen, die am Sonntag angekommen ist und die Einschreibung verpasst hat, und ganz aufgeregt fragte, ob sie jetzt wieder nach Estland zurückfliegen muss", erzählt Katrin Käis, die auch aus Estland stammt. Die Tutoren beruhigen die aufgeregten Studenten in solchen Fällen und liefern Informationen. Neben dem Einschreibungs- und Orientierungsprogramm veranstalten sie aber auch Events, wie Filmabende, an denen ausländische Filme gezeigt werden. "So treffen wir die anderen ausländischen Studierenden auch während des Semesters und schaffen Kontakt."
Und wenn die Studenten aus dem nahen oder fernen Ausland dann erstmal in Kiel Fuß gefasst haben, sind auch die Tutoren froh darüber: "Man sollte die Studienzeit einfach genießen und die Möglichkeit nutzen, viel von anderen Kulturen zu lernen", sind sich die vier Studenten sicher.
Natalie Baumgärtner
Wer mehr Informationen zum Thema IC-Tutoren sowie Studium und Ausland haben möchte, kann sich auf der Internetseite der Uni Kiel informieren.