Mit der Aussaat eines Sortiments von Zuckerrüben verschiedenster Herkünfte auf dem Versuchsgut Hohenschulen der CAU Kiel haben Wissenschaftler der Agrarwissenschaftlichen Fakultät soeben ihre Forschungen zur Züchtung einer ertragreichen Zuckerrübe für eine alternative Energiegewinnung begonnen.
"Bioenergie 2021: Winterrübe als Energiepflanze" heißt das Projekt, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 1,3 Millionen Euro gefördert wird.
"Mit der Winterrübe können wir einen etwa 25 bis 30 Prozent höheren Zucker- und Biomasseertrag erzielen", sagt Martin Kirchhoff, Doktorand bei Professor Dr. Christian Jung vom Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung. "Das bedeutet gleichzeitig mehr Biogas pro Hektar Anbaufläche." Die Winterrübe könnte damit als neue Energiepflanze einen wesentlichen Beitrag zur Bioenergiegewinnung leisten.
Im Unterschied zur herkömmlichen Zuckerrübe, die im März gesät wird, bringen Jung und seine Mitarbeiter die Winterrübe bereits im August aufs Feld. Dadurch hat sie eine vergleichsweise längere Vegetationsdauer. Das heißt, sie bekommt länger Licht, kann länger wachsen und dadurch mehr Biomasse und Zuckergehalt entwickeln.
Damit das aber funktioniert, muss die Winterrübe zwei Voraussetzungen erfüllen: Sie muss winterhart sein und schossresistent. Sie darf also im Frühjahr keine Blüten und Samenträger ausbilden. Schosst die Winterrübe, dann geht ein großer Teil ihrer Energie in die Triebe und nicht mehr in die Speicherwurzel.
Damit die Winterrüben nicht austreiben, erforschen die Wissenschaftler die Mechanismen des Schossverhaltens. "Wir kennen bereits eine Reihe von Genen, die wahrscheinlich das Schossverhalten beeinflussen", sagt Dr. Friedrich Kopisch-Obuch, wissenschaftlicher Mitarbeiter von Jung. Wie diese Gene genau funktionierten, um sie gezielt einsetzen zu können, werde zur Zeit noch erforscht.
An den gesäten Zuckerrüben und ihren Verwandten untersuchen sie die natürliche Variation für Winterhärte und Schossfestigkeit. Um eine möglichst breite Variation für diese Merkmale zu erhalten, werden nicht nur Zuckerrüben im Versuch getestet, sondern auch Wildarten und Verwandte der Zuckerrübe wie Mangold, Futterrübe, Rote Bete. "Dieses Sortiment verschiedener Arten eignet sich deshalb, weil wir interessante Genotypen auffinden können, die sich weiter züchterisch bearbeiten lassen", so Kopisch-Obuch. "Zum anderen können wir in diesem Sortiment anhand der Variation an Winterhärte und Schossverhalten die zugrunde liegenden genetischen Mechanismen entschlüsseln."
Diese genetischen Voraussetzungen wollen die Kieler Wissenschaftler für die Züchtung einer hochenergetischen Winterrübe nutzbar machen. Winterrüben könnten damit zukünftig einen ganz wesentlichen Beitrag für die alternative Energiegewinnung leisten.
Insgesamt gibt es sieben Teilprojekte, in denen das gesamte Biosystem Zuckerrübe untersucht wird – von der Züchtung bis zur Biogaserzeugung. Vier davon sind bei Wissenschaftlern der CAU angesiedelt. Prof. Dr. Christian Jung legt mit den molekulargenetischen, züchterischen Fragestellungen wie der Schosskontrolle und der Winterhärte die Grundlage für weitere Untersuchungen. Professor Dr. Henning Kage beschäftigt sich mit dem Ertragspotenzial und den Umwelteinwirkungen der neuen Rübe. Professor Dr. Eberhard Hartung befasst sich mit der Konservierung und Biogaserzeugung der Zuckerrübe. Koordiniert wird das interdisziplinäre Projekt von Wissenschaftlern des Instituts für Zuckerrübenforschung in Göttingen.
Quelle: www.uni-kiel.de, Foto: Claudia Eulitz, Copyright Uni Kiel