In ihrer Serie „Butenschön Backstage“ schnuppert Mediaberaterin Gesa Butenschön normalerweise in verschiedene Berufe herein, um dort einen Einblick in den Alltag zu bekommen. Heute ist sie backstage bei einem interessanten Projekt für Müllvermeidung der Abfallwirtschaft Rendsburg
Müll ist ja so eine Sache. Davon haben wir auf der Welt viel zu viel. Und Müll ist ja nicht gleich Müll. Was ist eigentlich mit Sachen, die ich zwar nicht mehr brauche, jemand anderes aber vielleicht spitze findet? Unmengen davon landen täglich auf dem Müll. Mit dem Gesetz der Wiederverwendung kam die Abfallwirtschaft Rendsburg schon vor vielen Jahren auf die Idee, genau diese Gegenstände vor dem Mülltod zu bewahren und andere Menschen damit glücklich zu machen.
So wurde der AWR-Flohmarkt ins Leben gerufen! Wie das abläuft und was Menschen alles wegschmeißen, davon durfte ich mich nun einmal selbst überzeugen. Meine Begleitung ist heute Christine Schulte, die schon seit 1998 Expertin für alle Fragen rund um Müll bei der AWR ist. Wir besuchen zuerst die Mitarbeiterinnen auf dem Recyclinghof in Borgstedt. Diese sind nämlich die Retter vor Ort und schauen, welche Dinge flohmarkttauglich sind. Man glaubt gar nicht, was an nur einem Tag zusammenkommt. Das gesamte Ausmaß entdecken wir dann auf dem Flohmarktgelände, zu dem Christine Schulte mich nun mitnimmt.
Als wir die Flohmarkthalle betreten, komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Hier sorgt Irene dafür, dass ich mich wie im Kaufhaus fühle: Die Regale sind voll mit guten Sachen. Von Flachbildschirm und Spielkonsole über einen Original verpackten Klodeckel bis hin zu hochwertigen, vollständigen Porzellan-Servicen ist da alles dabei. Während ich hier schon staune, bin ich beim Anblick hunderter Fahrräder hinter der Halle völlig baff. Da ist das große Faltkanu fast normal, das auf dem Hof liegt. Ich bin aber nicht nur zum Stöbern und Staunen hier, sondern möchte auch mithelfen. Also sortiere ich fleißig die neue Lieferung. Was ist wirklich noch gut genug für den Verkauf und was muss endgültig weg? Elektrogeräte oder defekte Möbel kommen rüber in die Flohmarktwerkstatt. Hier wandern täglich die unterschiedlichsten Gegenstände über die Werkbank und werden wieder fit gemacht oder auf Funktionalität geprüft.
Ich nehme gleich eine alte Holzuhr mit und Werkstattleiter Dennis zeigt mir, wie ich die Füße schleife und anleime. Danach sieht die Uhr wieder schick aus und kann in den Verkauf. Übrigens kann man hier auch seine eigenen Sachen kostenlos unter Anleitung reparieren. Das Arbeitsklima stimmt auf jeden Fall. Alle haben sichtlich Spaß daran, alten Sachen wieder neues Leben einzuhauchen und Schätze zu entdecken. Die Vorfreude auf den anstehenden Flohmarkt in gut zwei Wochen ist groß. Christine Schulte verspricht mir, dass all die vollen Hallen danach wie leer gefegt sind, und das ist doch ein gutes Gefühl: All der „Müll“ hat eine zweite Chance bekommen!
Gesa Butenschön
10 Fragen an Christine Schulte
1. Frau Schulte, wie lange arbeiten Sie schon bei der Abfallwirtschaft Rendsburg?
Seit 1998.
2. Welche Ausbildungsberufe bietet die AWR an?
Kaufmann für Büromanagement und Fachkraft für Abfallwirtschaft. Außerdem bieten wir
das freiwillige ökologische Jahr an.
3. Wie viel Müll wird eigentlich so produziert?
Im Mai waren es 19 Tonnen am Tag an unserem größten Standort in Altenholz. In Borgstedt immerhin 15,5 Tonnen pro Tag!
4. Kann man eigentlich alles kostenfrei einfach so entsorgen?
Die meisten Abfälle werden kostenlos entsorgt, egal ob Sperrmüll oder Elektrogeräte. Dinge, die eigentlich in die Restmülltonne gehören, sind kostenpflichtig.
5. Ihr Herzensprojekt ist der AWR-Flohmarkt. Seit wann gibt es den AWR-Flohmarkt schon?
So richtig seit 2015, die Idee ist aber schon viel früher gereift.
6. Was ist die Idee hinter diesem Flohmarkt?
Es gibt ein Gesetz, das besagt: „Die Wiederverwendung hat höhere Priorität vor der Verwertung“. Wir vermeiden Abfall, indem wir Dinge dort verkaufen, die jemand anderes noch gebrauchen kann.
7. Und was ist das Besondere?
Es ist das einzige Projekt dieser Art in Schleswig-Holstein. Von neun Recyclinghöfen aus der Umgebung sammeln wir brauchbare Gegenstände. Jeder Flohmarkt wird von einem gemeinnützigen Verein organisiert und durchgeführt. Die Erlöse werden dem Verein komplett gespendet. Für Besucher ist der Vorteil, dass fast alle Dinge auf Vollständigkeit und Funktionalität überprüft wurden und zu fairen Preisen gehandelt werden.
8. Was für Erlöse erzielt so ein AWR-Flohmarkt?
Anfangs waren es so um die 3.000 Euro. Heute sind es sogar bis zu 9.000 Euro.
9. Wie oft finden die Flohmärkte statt?
Es gibt zehn Flohmärkte im Jahr. Der nächste Termin ist am Sonntag, den 26. August.
10. Was sind so die kuriosesten Dinge, die hier abgegeben werden?
Es gibt sehr viele, aktuell zum Beispiel ein Faltkanu und ein hochwertiges Rennrad, so gut wie neu. Aber auch wertvolle Dinge und Raritäten wie eine Jukebox aus den 1950ern. Sachen, die originalverpackt sind, vom Fotoalbum bis zum Kinderbett.