Joris rockte gestern die R.SH-Bühne an der Hörn. KIELerLEBEN-Redakteurin Annchristin Seitz sprach mit dem Musiker über seine Herkunft, den Tour-Stress und den Entstehungsprozess seiner Songs.
KIELerLEBEN: Du bist in Norddeutschland geboren, aber schon sehr früh weggezogen. Würdest du trotzdem von Dir behaupten, dass Du typisch norddeutsche Eigenschaften hast?
Joris: Ich bin bei Bremen geboren, mit eineinhalb Jahren schon weggezogen und dann in Ostwestfalen aufgewachsen. Da mein Vater aus Hamburg kommt, war ich aber oft als Kind bei meinen Großeltern in Hamburg und habe da auf jeden Fall den norddeutschen Humor abbekommen.
Du warst auch letztes Jahr hier auf der Kieler Woche. Hast Du Dich schon ein bisschen umgesehen oder genießt Du das Geschehen nur von der Bühne aus?
Ehrlich gesagt habe ich mich noch nicht so viel umgesehen. Wenn man auf Tour und viel mit dem Bus unterwegs ist, dann schlaucht das schon ein bisschen. Gestern waren wir beispielsweise in Luxemburg. Der Schlaf im ruckeligen Tourbus ist leider nicht so erholsam wie im Bett, denn man erreicht nicht wirklich die Tiefschlafphase. Aber wir haben ja jetzt noch ein bisschen Zeit bis zum Konzert. Normalerweise treiben wir dann ein bisschen Sport und schauen uns schon gerne in der Stadt um, in der wir am Abend spielen. Wenn das Wetter gut ist, kapsel ich mich auch gerne mal ab, setze mich unter einen Baum und lese ein Buch. Wenn man so viel unterwegs ist, ist dieses Erden für einen selbst zwischendurch schon wichtig.
Was sind die größten Inspirationen für Deine Liedtexte?
Ich hatte das Glück, dass ich für mein Debütalbum quasi mein ganzes Leben zur Verfügung hatte. Natürlich habe ich auch traurige Momente erlebt. Zum Beispiel hat in der 7. Klasse mein bester Freund seinen Vater an Krebs verloren. Ich habe immer bewundert, wie stark mein Freund mit dem Verlust umgegangen ist. Er hat seinen Vater im Alltag immer wieder positiv erwähnt und nicht nur am Todestag getrauert. Dafür habe ich beispielsweise den Song „Bis ans Ende der Welt“ geschrieben. Natürlich gab es auch wunderschöne Momente in meinem Leben, riesengroße Partys, nach denen ich noch wochenlang ein wunderschönes Gefühl im Bauch hatte. Dann entstehen solche Songs wie „Wie man es auch dreht“.
Wie genau entstehen Deine Songs dann?
Die Lieder entstehen alle auf komplett unterschiedliche Art und Weise. Manchmal sitze ich nachts am Klavier und lasse meine Finger irgendetwas dudeln. Manchmal habe ich auch etwas, worüber ich unbedingt schreiben möchte und setze mich dafür in Ruhe irgendwo hin und schreibe dann einfach los.
Woher kommt es, dass Deine Musik bei Alt und Jung so gut ankommt?
Eine genaue Erklärung dafür habe ich nicht, aber ich finde das Phänomen natürlich sehr schön. Seit ich im letzten Mai meine erste offizielle Headlinertour gestartet habe, ist es tatsächlich so, dass ich meistens vor komplett gemischtem Publikum spiele. Es ist eine große Ehre, wenn die eigene Musik Männer und Frauen aller Alterklassen anspricht.
Wolltest Du schon immer Musiker werden?
Ich kann ganz fest behaupten, dass ich nie eine wirkliche Alternative im Kopf hatte. Ich habe mit 5 Jahren angefangen, mit dem Schlagzeug zu dem Film „Blues Brothers“ zu spielen. Dann habe ich das Klavier- und Gitarrespielen selbst beigebracht. Mein Gesang hat sich so nebenher entwickelt. Mit 8 Jahren habe ich dann auch angefangen die eigenen Texte zu schreiben. Nach dem Abitur wollte ich unbedingt erst einmal weg! Ich hatte mich für Rechtswissenschaften in Hamburg eingeschrieben und wurde schließlich in Berlin an einer Uni angenommen. In den Kursen wurde das Musikstudio auf einer physikalischen Ebene behandelt. Nach einem Jahr bin ich dann nach Mannheim auf die Popakademie gewechsel und habe Gesang studiert. In diesem Rahmen habe ich schon viel über das Live-Business gelernt.
Deine letzte Studiophase ist jetzt schon über zwei Jahre her. Vermisst Du diese Zeit neben den vielen Live-Auftritten und wirst du dich bald wieder ins Studio zurückziehen?
Für mein Debütalbum habe ich mir im Studio vier Jahre lang Zeit gelassen. Es gab niemanden, den das interessiert hat. Es war sehr wichtig für mich, dass ich mir die Zeit lassen und in Ruhe daran arbeiten konnte. Seitdem bin ich live unterwegs und muss sagen, dass ich das alles zum ersten Mal durchleben darf. Jeden Abend entstehen unbeschreiblich tolle Augenblicke für mich und dafür bin ich so dankbar. Insofern vermisse ich das Studioleben an sich nicht. Es ist trotzdem schön zu wissen, dass es diese unterschiedlichen Phasen gibt und freue mich schon darauf, im nächsten Jahr mal wieder die Schotten komplett runter zu machen, einfach Zeit für mich zu haben und an neuen Songs herumzubasteln.
Das Interview führte Annchristin Seitz
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