- Hauke Harder stellt in der KIELerleben monatlich seinen Buchtipp vor
Julia Jessens neuer Roman „Die Architektur des Knotens“ handelt von der Infragestellung festgelegter Rollenbilder, deren Zerstörung und einem folgenden Neuanfang
Anfänglich ist es ein keimendes Gefühl, dass man etwas anderes im Leben möchte. Eigentlich ist man glücklich und doch ist etwas im Leben anders, als man es geplant hatte. Yvonne und Jonas, ein Ehepaar aus Hamburg, verstehen sich gut. Sie haben zwei Kinder und einen großen Freundeskreis. Jeder hat innerhalb der Familie seine Rolle bekommen und funktioniert. Doch gerade dies ist es, das Yvonne immer mehr in Frage stellt. Es beginnt mit einem kindlichen Spiel. Ihre Jungs bauen aus all ihren Spielsachen eine große Stadt. Liebevoll bauen sie alles auf und geben den Playmobilfiguren auch ihre jeweiligen Funktionen. Yvonne sieht sich nun aus Kindesaugen in ihrer Rolle innerhalb der Familie und beginnt, sich zu reflektieren. Kaum ist der Aufbau der Stadt beendet, beginnt für die Kinder der eigentliche Spaß: die Vernichtung. Dies ist das zentrale Bild im Roman, gleich einem Keim, der nach einem Waldbrand etwas Neues wachsen lässt. Es sind die Dialoge, die den Charakteren aus dem Herzen sprudeln, die das Buch sehr lebendig werden lassen. Beschrieben wird der Wunsch nach der Lösung aus verknoteten Rollenfunktionen und der Sehnsucht nach familiärer Bindung. Ein fesselnder Roman über eine Selbstfindung und Rettung. Dieser Neubeginn lässt keinen unberührt und unverändert zurück.
Julia Jessen: Die Architektur des Knotens, 24 Euro
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