Achim Reichel ist ein echter Dauerbrenner der deutschen Musikszene – seit über 50 Jahren steht der 71-Jährige auf der Bühne. KIELerLEBEN-Redakteur Jan Lohmann traf den Musiker vor seinem Konzert auf der Rathausbühne während der Kieler Woche und sprach mit ihm über musikalische Selbstbestimmtheit, deutschsprachige Musik und Trockenrudern.
KIELerLEBEN: Sie sind seit Jahrzehnten erfolgreich im Musikgeschäft. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Achim Reichel: Ich habe mich irgendwann dafür entschieden, einfach nur die Dinge zu tun, die ich selber gut finde. Und ich musste auch damit leben, dass es Instanzen gab, die das überhaupt nicht gut fanden. Presse, Rundfunk und viele weitere fragen sich: Passt der bei uns rein? Man kann dann sagen: Ich möchte da reinpassen. Oder: Es ist mir egal. Sich selbst treu zu bleiben, ist nicht so ganz einfach in diesem Geschäft.
Haben Sie als erfahrener Musiker jungen Bands einen Tipp geben?
Man muss sich dabei fragen, ob die Erfahrungen, die ich im letzten Jahrtausend gemacht habe, noch eine Gültigkeit haben. Ich habe meine Hauptzeit gehabt, als noch vieles ganz anders war. Zum Beispiel konnten Rundfunkredakteure das spielen, was ihnen gefällt. Das ist heute nicht mehr so. Wenn man sich von den Bedürfnissen anderer zu dem angeregt fühlt, was man machen will, kann man die eigene Sichtweise verlieren. Ich bin heilfroh darüber, in einem Alter angekommen zu sein, in dem ich sagen kann: Ich mache meine Musik so, wie ich sie mag. Und wem das nicht gefällt, der soll wegbleiben.
Welche Vorteile sehen Sie darin, Musik in deutscher Sprache zu machen?
Man ist ehrlicher zu sich selbst. Das ist eine Frage des Selbstverständnisses: Will ich einfach nur Musik machen und die Leute können dazu tanzen? Oder will ich auch für mich das Gefühl haben, dass es sinnvoll ist? Ich finde es sehr wichtig, in unserem Land deutsch zu singen, da wir aufgrund von zwei Weltkriegen Probleme mit unserer eigenen Identität haben. Ein Beispiel: Ich kenne Leute, die – im Urlaub im Ausland nach ihrer Herkunft gefragt fragt – antworten, dass sie aus Schweden seien.
Bei Ihrem Hit „Aloha Heja He“, fangen die Menschen an, sich auf den Boden zu setzen und so zu tun, als ob sie rudern. Woher stammt dieses Ritual?
Das mit dem Rudern habe ich nicht erfunden. Als ich es das erste Mal gesehen habe, wollte ich es gar nicht glauben. Ich fand das sehr kreativ von den Leuten. Es gibt eine Vermutung: Es soll einen Ruderer aus Westdeutschland gegeben haben, der seine Verabschiedung oder seinen Geburtstag feierte. Da haben sich seine Kollegen diese Sache angeblich ausgedacht, weil der Ruderer den Song so toll fand. Ob das nun allerdings stimmt? Irgendwo müssen die Legenden ja anfangen (lacht).
Was verbinden Sie mit Kiel?
Es hat mich schon oft nach Kiel geführt. Das erste Mal habe ich hier in den 60er-Jahren aufgetreten, in einem Laden namens Starpalast. Ich mag die Kieler. Wenn ich in hier gespielt habe, war das immer klasse. Es tut mir aber immer ein bisschen weh, wenn ich das Stadtbild sehe, und sehe, dass hier mal mehr als die Hälfte aller Häuser in Trümmern lag. Da hat man hinterher vielleicht etwas schnell Neues hochgezogen.
Haben Sie sich vorgenommen, sich bei der Kieler Woche umzuschauen?
Ich gebe gern zu, dass es mich irgendwann stört, wenn ich zwischen den Menschen rumlaufe und jeder dritte oder vierte nach einem Autogramm fragt. Das ist die Schattenseite des Jobs – man kann nicht einfach nur einer von vielen und ungestört sein. Ich bin nicht mehr so eitel, dass ich ständig Autogramme geben muss, damit ich weiß, dass ich ein toller Hecht bin (lacht).
In unserer Galerie gibt es tolle Impressionen vom Konzert: