Mit der Meisterfeier am 2. Juni schließt sich für den THW Kiel der Kreis, der mit einer Reise auf eine Trauminsel begann.Im vergangenen Jahr musste der Rathausplatz auf den THW Kiel und zehntausende Fans verzichten. Denn trotz des Gewinns des DHB-Pokals waren die Kieler Handballer in der vergangenen Saison weit hinter ihren Ansprüchen zurückgeblieben. Gefeiert wurde auf dem Vorplatz der Sparkassen-Arena – im kleinen Rahmen. „Das hat wehgetan“, sagt Kiels Ausnahme-Handballer Filip Jicha.
Und Dominik Klein, „Zeremonienmeister“ der „Zebras“, kündigte im Juni 2011 an, was sich die Fans erhofften: „Nächstes Jahr geht es wieder auf den Rathausbalkon!“
Doch wie dominant der THW Kiel in dieser Spielzeit sein würde, ahnte wohl noch niemand an diesem für Kieler Verhältnisse beinahe tristen Abend auf dem Europaplatz. Tatsächlich trafen sich die „Zebras“ vor dieser Saison auf einer Trauminsel, um Kraft zu tanken, die verkorkste Saison aufzuarbeiten, neue Ziele zu fokussieren und sich auf eine lange Spielzeit einzustimmen. La Réunion verwöhnte die Handball-Stars mit türkisblauem Wasser, endlos langen Stränden und einer Natur, die abwechslungsreicher nicht hätte sein können. So schworen die „Zebras“ sich in der Heimat von Daniel Narcisse auf eine Saison ein, die ihnen wieder mehrere Einträge in die Handball-Geschichtsbücher brachte.
Wie ein Wirbelsturm fegte der THW durch die Bundesliga, schon im Dezember schien niemand die Kieler auf dem Weg zum 17. Titel aufhalten zu können. Am zweiten Weihnachtsfeiertag pulverisierten sie den 34:0-Startrekord des TBV Lemgo aus der Saison 2002/2003, und auch nach der EM-Pause gab es kein Kraut, keine Abwehrvariante, die die „Zebras“ hätte stoppen können: Fünf Spieltage vor dem Ende der Saison – und damit so früh wie keine andere Mannschaft – sicherten sie sich die begehrte Schale. Ohne Minuspunkt. Einzigartig. Eine Woche später setzten sie mit dem achten DHB-Pokalsieg noch eins drauf. Und auch wenn bei Redaktionsschluss noch nicht feststand, wie die Kieler in der Champions League abgeschnitten haben, so ist diese Saison doch bereits jetzt etwas Besonderes: „Das ist die beste Mannschaft, die ich je trainiert habe“, adelte Trainer Alfred Gislason seine Mannen. Die spielten einen Handball, wie man ihn perfekter wohl kaum spielen kann: effektiv, technisch versiert, mit viel Spielwitz und immer neuen Ideen – einfach schön. „Uns fällt immer eine Lösung ein, das macht uns so stark“, hatte Filip Jicha nach dem Auswärtssieg in Hamburg gesagt – der nationalen Konkurrenz hat der THW Kiel einmal mehr das Fürchten gelehrt.
Doch mit der rauschenden Feier am 2. Juni auf dem Rathausplatz (Beginn um 15.30 Uhr mit der Liveübertragung des letzten Saisonspiels gegen den VfL Gummersbach) endet die Ära dieser wohl einzigartigen Mannschaft. Mit Henrik Lundström, Daniel Kubes, Milutin Dragicevic, Tobias Reichmann und wohl auch Kim Andersson, der laut Medienberichten vorzeitig zum dänischen Spitzenclub AG Kopenhagen wechseln wird, verlassen gleich fünf „Zebras“ ihre Herde. Mit René Toft Hansen, Marko Vujin, Patrick Wiencek und Gudjon Valur Sigurdsson stoßen vier neue hinzu: Die Karten werden neu gemischt. Das Ziel bleibt das gleiche: Auch 2013 wollen die „Zebras“ wieder auf den Rathausplatz. Titel feiern – mit ihren Fans!
Christian Robohm