KIELerLEBEN war zu Besuch bei einer Schulklasse, die sich auf den ersten Blick kaum von anderen Schulklassen unterscheidet. Es wird gelacht, gelernt und auch mal ein bisschen über die Stränge geschlagen. Doch diese Schulklasse vereint Schicksale aus aller Welt, und so versucht Anne Greyner, ihren Schülern auch im Unterricht ein Gefühl von Familie zu geben.
Anne Greyner ist Lehrerin mit Leib und Seele an der Kieler Theodor-Storm-Gemeinschaftsschule mit Grundschulteil, doch auf das, was sie menschlich leistet, wird man im Studium nicht vorbereitet. Ihre Schüler stammen aus Polen, Syrien, Rumänien, Marokko, Italien, Armenien oder aus dem Irak. Jeder einzelne hat seine ganz eigene Geschichte und in seinem jungen Leben schon viel erlebt. Am letzten Tag vor den Ferien ist es zur Tradition geworden, dass die Klasse zusammen frühstückt und sich in die Ferien verabschiedet. Und der Frühstückstisch ist wirklich reich gedeckt! Jeder Schüler hat etwas Landestypisches von Zuhause mitgebracht, das die Klassenkameraden probieren sollen. Alles erinnert an ein typisches Familienfrühstück, es ist laut und es wird viel gelacht. Die Kinder präsentieren stolz das Essen und erklären das Besondere daran. So gibt es zum Beispiel eine große Portion Humus, Tabouleh und Falafel.
Viele der Kinder sind erst einige Wochen in Deutschland, doch trotz großer Sprachbarrieren klappt die Verständigung untereinander. Notfalls werden Hände und Füße benutzt, oder Klassenkameraden mit besseren Deutschkenntnissen helfen mit. Auch die Altersspanne der Kinder ist hier nicht wie in anderen Schulklassen: Die jüngste Schülerin ist elf Jahre alt, der älteste Schüler ist 17. Trotzdem bilden die Kinder eine Einheit und unterstützen sich gegenseitig. Doch dafür braucht Klassenlehrerin Anne Greyner besonders viel Feingefühl. Sie möchte für ihre Schüler da sein, sie auffangen und ein offenes Ohr für jeden haben. „Man kann den Schülern hier nur gerecht werden, wenn man mit Herzblut dabei ist. Der Job verlangt wirklich viel, und die Zeit reicht grundsätzlich niemals aus. So ist Feierabend für mich ein sehr dehnbarer Begriff geworden. Doch egal, wie müde und erledigt ich manchmal bin, das Strahlen in den Kinderaugen und das Gefühl, etwas bewirkt zu haben, entschuldigt alles und gibt mir immer wieder Kraft“, sagt Anne Greyner und lächelt dabei stolz „ihre“ Kinder an. So erschafft sie ein Gefühl von Zusammenhalt und Vertrauen – das Gefühl einer zweiten Familie!