Es ist eine Selbstverständlichkeit: Wer krank ist, geht zum Arzt. Flüchtlingen und Migranten bleibt dies aufgrund der deutschen Gesetzeslage allerdings verwehrt. Das Medibüro hilft ihnen trotzdem.
„Ich wünsche mir, dass der Kleine ein sorgenfreies Leben führen kann”, sagt Laila*, die stolz ihren neugeborenen Sohn im Arm hält. Bis zur Geburt des Jungen war es für sie ein schwerer Weg. Sie musste aus ihrem Heimatland Syrien flüchten und ist illegal nach Deutschland eingereist. „Da war ich bereits im sechsten Monat schwanger”, erzählt sie. „Eines Tages spürte ich, dass mit dem Kind etwas nicht stimmte.” Einen Arzt konnte sie in Kiel aber trotz der möglicherweise lebensbedrohlichen Situation für das Ungeborene nicht besuchen. „Als illegal Eingereiste, also ohne Aufenthaltsgenehmigung, habe ich keinen Anspruch auf medizinische Versorgung in Deutschland”, sagt sie. Laila suchte nach Hilfe und fand sie bei Thomas Schroeter (47) und Sebastian Wermle (24) im Medibüro, einer gemeinnützigen Einrichtung, die anonym und kostenlos medizinische Hilfe für Flüchtlinge und Migranten ohne Papiere vermittelt.
„Ich hatte große Angst davor, zu sagen, wer ich bin und wo ich herkomme. Wenn die Behörden auf mich aufmerksam geworden wären, hätten sie mich nach Syrien zurückgeschickt”, erzählt Laila. Doch die 20 ehrenamtlichen Mitarbeiter des Medibüros haben sich seit der Gründung 2009 der Anonymität verschrieben. „Wir sind davon überzeugt, dass das Recht auf Gesundheitsversorgung ein Menschenrecht ist – für alle. Die Informationen aus den Gesprächen geben wir nicht weiter”, sagt Thomas Schroeter. In den Sprechstunden werden die medizinischen Probleme besprochen. Anschließend stellen die Mitarbeiter einen Überweisungsschein aus, mit dem die Ratsuchenden bei einem Arzt kostenfrei behandelt werden. „Bisher konnten wir rund 400 Menschen helfen und sie an Ärzte vermitteln – von Beinbrüchen über Zahnschmerzen bis hin zu Diabetes war alles dabei”, sagt Sebastian Wermle.
Auch Laila schilderte in der Sprechstunde ihre Sorgen bezüglich der Schwangerschaft. Eine vom Medibüro gestellte Dolmetscherin unterstützte sie. Thomas Schroeter und Sebastian Wermle merkten sofort, dass die werdende Mutter Hilfe brauchte und überwiesen sie zu einer Hebamme. „In solchen Fällen heißt es handeln”, sagt Thomas Schroeter. „Nichts ist schlimmer für eine Frau, als ihr Kind zu verlieren, egal ob sie deutsch oder syrisch ist. Da es der Staat nicht als seine Aufgabe ansieht, Menschen ohne Papiere zu helfen, ist das Medibüro so wichtig.” Das Ziel der Einrichtung ist es allerdings nicht, die medizinische Versorgung von Flüchtlingen und Migranten durch das Medibüro zu sichern. Die Mitarbeiter wollen eine Lösung von Seiten der Politik für die Gesundheitsvorsorge aller Menschen. „Wir fordern gleiche Rechte für alle”, sagt Sebastian Wermke.
Laila besuchte die Hebamme. „Es stellte sich heraus, dass das Ungeborene gesund war”, sagt sie. In den letzten Wochen vor der Geburt wurde die werdende Mutter regelmäßig von der Hebamme untersucht. Anfallende Kosten zahlte das Medibüro aus Spendengeldern. „Es ist ein tolles Gefühl, wenn wir helfen können”, sagt Thomas Schroeter. Gemeinsam mit Sebastian Wermke wird er Laila und ihren Sohn morgen im Krankenhaus besuchen.
Wie kann ich helfen?
Spenden:
Förderverein Flüchtlingsrat SH
Stichwort: Medibüro Kiel
Kontonummer: 138 35 20
Bankleitzahl: 21 06 02 37
Das Medibüro sucht außerdem Ärzte, Hebammen, Dolmetscher, Apotheker und Ehrenämtler! Einfach eine E-Mail an info@medibuero-kiel.de.
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